Eigentlich hatte Vincent Damon sich für diesen Freitag Abend etwas anderes vorgenommen. Doch wie so oft, wurden seine Pläne durchkreuzt. Am späten Nachmittag erreichte ihn der Anruf eines alten Freundes. Sir Gordon Stanfield schien am Telefon völlig aufgelöst. Kaum fähig einen zusammen hängenden Satz von sich zu geben. Alles was Vincent dem Gespräch entnehmen konnte, war, daß Sir Gorden etwas in den Gewölben seines Schloßes entdeckt hatte, daß ihm fürchterliche Angst machte. Vincent Damon machte sich sofort auf den Weg nach Stanfield Castle. Das alte Schloß der Familie Stanfield, lag auf einem kleinen Hügel in einer sehr einsamen Gegend in Cornwall. Seit je her hatten sich in diesem Teil Englands mehr mysteriöse Dinge ereignet als in den übrigen Teilen der Insel.
Als Vincent die Auffahrt, die durch den Schloßpark, direkt zum Haupt- eingang führte, hinauf fuhr, war es bereits dunkel. Langsam legte sich der Abendnebel über die nun grau wirkenden Wiesen. Er hielt seinen Wagen, einen alten Triumph Stag, direkt vor dem Haupttor an. Noch bevor er aus- gestiegen war, wurde die Tür geöffnet. Milton, der Butler der Familie er- wartete ihn bereits. " Guten Abend Mr. Damon. Sir Gorden erwartet Sie in der Bibliothek." Der Butler ging vor und Vincent folgte ihm. Gorden Stanfield stand über seinen Schreibtisch gebeugt, ein Glas Gin in der zittrigen Hand, und laß intensiv in einem vergilbten Buch. " Sir, Mr. Damon ist eingetroffen," kündigte der Butler den späten Besucher an. " Vince, danke das Du gekommen bist. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll." Stanfield griff zu der auf dem Tisch stehenden Ginflasche und füllte sich sein Glas, während er seinem Freund ebenfalls etwas anbot. Vincent lehnte dankend ab. " Ich sollte wohl besser einen klaren Kopf be- halten. Aber nun erzähl doch erst mal, was eigentlich passiert ist." Sie setzten sich auf das rotbraune Ledersofa, das gegenüber des Kamins stand. Sir Gorden nahm noch einen Schluck aus seinem Glas, bevor er mit seinem Bericht begann.
" Gestern Abend...," es fiel ihm offensichtlich schwer über das erlebte zu reden. " ... ich wollte eine Flasche Wein aus dem Keller holen... da...da hörte ich Geräusche. Zuerst konnte ich nicht erkennen, wo- her sie kamen. Doch nach einiger Zeit stellte ich fest, daß die Geräusche unter dem Keller verursacht wurden. Mir war zwar immer bewußt, das sich unter dem Schloß ein weitläufiges Gewölbe erstreckt, aber die Zugänge wurden bereits von meinem Ur- Großvater verschlossen. Die Geräusche waren auch nicht sehr laut, aber trotzdem deutlich zu hören.
Es klang...," er schluckte mehrmals, bevor er weiter sprach. " ... als würde jemand dort unten etwas zerhacken. Ich ging wieder nach oben und rief nach Milton. Gemeinsam sind wir dann noch einmal in den Weinkeller gegangen und auch er hörte es. Nach ungefähr einer halben war es wieder still. In den alten Schloßplänen suchten wir nach Hinweisen über einen Raum oder Zugang unter dem Weinkeller. Und wir haben auch etwas gefunden.
Im fünfzehnten Jahrhundert hatte einer meiner Vorfahren dort Verließe gebaut. Die Zugänge sind allerdings alle zugemauert gewesen. Und trotz- dem sind die Geräusche von dort gekommen. Heute Vormittag haben Shawn, mein Stallbursche, Milton und ich den Zugang aufgebrochen. Seit über hundert Jahren war niemand mehr dort unten. Wir gingen den schmalen Gang entlang, bis wir zu dem Verließ unter dem Weinkeller kamen." Wieder begannen Gordens Hände zu zittern. Vincent hatte seinem Freund aufmerksam zu gehört und ermunterte ihn nun fortzufahren. " Überall in dem Verließ lagen abgetrennte Körperteile. Arme, Beine, zwei Köpfe und überall Blut. Auch Knochenteile lagen herum an den Wänden und auf dem Boden waren Spuren von getrocknetem Blut. Es war grauen- haft. Shawn mußte sich übergeben. Und dieser entsetzliche Verwesungs- geruch. Ich kann nicht einmal schätzen, wie viele Leichen es sind." Sir Stanfield hatte inzwischen keine Farbe mehr im Gesicht. Er leerte sein Glas und füllte es sich abermals. " Habt ihr überprüft ob wirklich alle Zugänge verschlossen waren ?" fragte Vincent Damon seinen Gegenüber. " Ja, alle waren verschlossen, bis auf den, den wir selber aufgebrochen haben.