Caeldur schlug die Augen auf. Sein Schädel fühlte sich merkwürdig plump und unförmig an, wie ein großer Klumpen Erde. Verwirrt sah er sich um. Er saß auf einem Wagen, der rumpelnd einen Waldweg entlangfuhr. Mit ihm auf dem Wagen saßen drei Männer. Es waren Nord, dass erkannte er an ihren blonden Haaren und ihrem hohen Wuchs. Sie alle, auch Caeldur, waren an den Handgelenken gefesselt, was ihn sehr wunderte, da er sich nicht entsinnen konnte, jemals Schaden angerichtet zu haben. Überhaupt konnte er sich an rein gar nichts erinnern. Weder wie er mit diesen griesgrämig dreinblickenden Menschen auf einen Wagen gekommen war, noch an irgendwelche Dinge davor. Er wusste, dass er Caeldur hieß, dass er ein Waldelf aus Rifton war und ungefähr zwanzig Jahre alt war. Darüber hinaus schien er jegliches Wissen über sein Leben verloren zu haben, als wenn es mit seinem Erwachen auf diesem Karren begonnen hätte. Merkwürdigerweise ängstigten Caeldur diese Umstände kein bisschen. Zwar verspürte er Unsicherheit angesichts der Stricke an seinen Handgelenken, doch die Tatsache nicht zu wissen, wie sein bisheriges Leben verlaufen war ließ ihn kalt, beruhigte ihn sogar ein wenig. Der Elf überlegte kurz und entschied, dass er zunächst herausfinden musste wer die Nord waren die mit ihm auf dem Wagen saßen, warum er auf dem Karren saß, wer sie gefangen hielt und wohin der Karren fuhr. Danach könnte er sich nach anderen Dingen wie dem Zustand von Himmelsrand erkundigen (er setzte voraus, dass er sich zumindest noch in seinem Heimatland befand, alles andere wäre verheerend). Um eine Befreiung musste er sich selbstverständlich auch noch kümmern, immerhin saß er seines Erachtens nach zu Unrecht als Gefangener auf diesem Wagen. Doch herauszufinden wer die anderen Gefangenen waren erschien Caeldur im Moment am einfachsten, also begann er seine Mitfahrer zu beobachten. Die drei Nord waren, einmal abgesehen davon dass sie alle Nord waren und die gleiche Statur und Haarfarbe hatten, ziemlich unterschiedlich. Das fing schon bei ihrer Kleidung an. Der Nord, der zu Caeldurs Rechten saß, hatte nur ein paar Lumpen am Leib. Selbst der Elf trug bessere Kleidung; er hatte eine aus schlichtem Stoff gewebte Tunika und eine ebenso schlichte Hose. Die Kleidung des Menschen hingegen war schmutzig, stank zum Himmel und das zerschlissene Hemd gab den Blick auf Teile eines mageren und ungepflegten Oberkörpers frei. Sein blondes Haar war fettig und trüb vom Schmutz. Das Gesicht des Nords war eingefallen und verbittert gezeichnet von Hunger und der Verbitterung über Ohnmacht und Kraftlosigkeit. Der Nord gegenüber von Caeldur war in eine Lederrüstung mit einem blauen Wappenrock gekleidet. Auf dem Überwurf war ein Wappen abgebildet; ein Bärenkopf aus dessen Nüstern frostiger Atem wirbelte. Er kannte dieses Wappen. Vor seinem inneren Auge tauchten Soldaten auf, brennende Häuser, Schreie. Doch als er versuchte sich an mehr zu erinnern nahm das plumpe Gefühl in seinem Kopf wieder zu und die Bilder und Geräusche verblassten. Der Eisfang-Bär, der Bär mit dem Frostatem, war das Wappentier von Ostmarsch, das Fürstentum von Himmelsrand in dem anteilsmäßig die meisten Nord wohnten und, dass von Mischwesen, also Halbmenschen meist gemieden wurde. Der Soldat aus Windhelm war hatte wahrscheinlich einst ein hübsches Gesicht gehabt erfüllt vom Stolz der Nord, doch nun war es teilweise mit getrocknetem Blut überzogen von Narben übersät und entstellt von einer Verbitterung, die sich jedoch insofern von der des zerlumpten und verarmten Nord unterschied, dass sie von schrecklichen Dingen herrührte, die diesem Mann passiert sein mussten. Er wirkte gebrochen beinahe willenlos. Der dritte Mann auf dem Wagen musste irgendein Adeliger oder gar ein Jarl sein; er besaß einen Panzer aus Himmelsstahl, dem besten Stahl in ganz Himmelsrand, und um seine Schultern legte sich ein Mantel aus Bärenfell. Er war zusätzlich zu seinen Handfesseln auch noch geknebelt. Sein Gesicht war von einer Kapuze verhüllt, nur seine zwei braunen Augen leuchteten zwischen dem Tuch des Knebels und seiner Kopfbedeckung hervor. In ihnen lag eine Art Zorn, hervorgerufen durch Unrecht und Verrat. ~Sie alle haben nur eine Gemeinsamkeit~, dachte der Caeldur bedrückt, ~Ihre Verbitterung. In was bin ich da nur hineingeraten?~ Caeldur räusperte sich vorsichtig. Der Nord neben ihm zuckte zusammen, die anderen beiden sahen in nur gleichgültig an. „Ihr..... Ihr seid wach", stammelte der in Lumpen gekleidete. Er sah den Waldelf erschrocken an. ~Na toll, ein ungebildeter Dorftrottel.~, Caeldur wusste über diese Sorte Nord Bescheid; sie waren geistig gerade so weit, dass sie zwischen die einzelnen Elfenvölkern, die es in Tamriel, dem großen Kontinent, gab, unterscheiden konnten, waren jedoch dazu geneigt die Elfen als Ausgeburten der Daedra zu bezeichnen. Die daedrischen Fürsten waren im Glauben der Menschen die Verkörperungen des Bösen, jeder Prinz stand für eine Sünde. Menschen wie der, der nun mit Caeldur auf einer Bank saß, waren der Überzeugung das alle Elfen von Azura, der daedrischen Fürstin der Dämmerung und Mephala, dem Fürsten von Lügen, Lust und Geheimnissen erschaffen wurden, um die Menschheit zu vernichten. ~Ich kann mich auch irren~, dachte der Elf hoffnungsvoll. Er wurde sofort enttäuscht als der Nord zu reden begann „Ihr seid ja wach Elf. Sie haben euch bei der Grenze aufgegriffen nicht wahr?", der Mann klang verängstigt, doch hatte er noch genügend Mut um das Wort Elf mit reichlich Spucke zu versehen. Als Caeldur ihm nicht antwortete, weil er keine Ahnung hatte was er darauf erwidern sollte, er wusste ja nicht was vor seinem Erwachen geschehen war, besah der Nord ihn mit einem schrägen, missmutigen Blick und setzte dann seine Beschwerde fort: „Ihr und ich wir sollten nicht hier sein. Ich habe ein Pferd gestohlen, mehr nicht! Und nun sitze ich hier gefesselt auf einem Wagen der kaiserlichen Armee und werde wer weiß wohin gekarrt. Das alles ist nur die Schuld dieser verdammten Sturmmäntel!", er spuckte erneut aus, diesmal in Richtung des Nords in Rüstung, „Diese miesen Verräter haben Schuld an unserem Unglück!" Der, den der Pferdedieb als Sturmmantel bezeichnet hatte, warf dem Elf einen kalten Blick zu. Er schien ohne jede Emotion zu sein, traumatisiert von Tod und Zerstörung. Er sah aus wie jemand, der alles verloren hatte, ein Mann zerstört vom Krieg: „Beruhigt euch Pferdedieb. Wir sind nun alle Brüder in Ketten. Wir Sturmmäntel haben auch nur für das gekämpft, was unserer Meinung nach das Richtige war. Wir wollten nur Freiheit. Für uns. Für Himmelsrand...." „Du verlogener Bastard!", die Stimme des Diebs bebte vor Verzweiflung, „Himmelsrand ging es gut bevor ihr mit euren wahnsinnigen Ideen kamt und das Land ins Chaos gestürzt habt!" Nun zeigte der Sturmmantel zum ersten Mal eine emotionale Regung: „Hütet eure Zunge! Wisst ihr denn nicht wer mit euch auf diesem Wagen sitzt!?" Caeldur war verwirrt. Meinte dieser Nord ihn? Einen Elf? „Vor euch sitzt Ulfric Sturmmantel, Jarl von Windhelm, Befreier von Himmelsrand und der einzig wahre Großkönig." Der Verhüllte, der das Gespräch sehr lange nicht beachtet hatte. Der Elf hatte ihn schon für taub gehalten. Doch gerade als der Sturmmantel seinen Namen aussprach, wandte er seinem Gefolgsmann den Kopf zu. Stolz und Trauer blitzten aus seinen Augen hervor. Der andere Nord dachte jedenfalls nicht daran seine Zunge zu hüten: „Ja, in der Tat, ein großer Befreier seid ihr. Torygg war zwar kein großartiger König, dass mag sein, doch immerhin hat er gerecht und friedlich geherrscht! Was habt ihr mit seiner Ermordung bezweckt?", er wies mit seinen zusammengebundenen auf Ulfric, „Ihr habt ihn ermordet! Ihr habt Himmelsrand den Krieg gebracht! Tausende Menschen mussten wegen euch sterben! Die Kaiserlichen werden euch...." Der Nord brach bestürzt ab. Auch Caeldur hatte verstanden. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in den Magen: ~Wir werden sterben. Der Anführer der Rebellen sitzt mit mir auf demselben Wagen! Wohin auch immer wir fahren, der Tod wartet dort auf uns.~ Die vier Männer schwiegen betroffen. Der Sturmmantel ergriff als Erster das Wort: „Ich bin Ralof Tonard aus Windhelm. Ich habe für Jarl Ulfric bei Nilheim gekämpft. Woher kommt ihr, Pferdedieb?" „Warum fragt Ihr?", die Erwiderung des Nords kam gepresst über seine Lippen, als würde ihm das Aussprechen dieser Frage schier unmöglich sein: Ralof antwortete in einem milden, fast weichen Ton: „Die letzten Gedanken eines Nords sollten seinem Heim gelten." Da die Tatsache nun ausgesprochen war, schien der ärmlich anmutende Fassade aus Hass, die der Nord die ganze Zeit aufrechterhalten hatte, komplett in sich zusammen zu-fallen. Er stieß zwei jämmerliche Schluchzer aus, bevor er antwortete: „Ich heiße Dolin Euweiler. Ich wohne mit meinen zwei Töchtern in Rorikstatt. Ihre Mutter war eine.... Der Mann brach ab und vergrub sein Gesicht in den schmutzigen Händen. Für ihn hatte Caeldur nichts als Verachtung übrig. Er hätte bei seinem Hurenweib und seinen Bastarden bleiben sollen, anstatt am anderen Ende des Fürstentums Pferde zu stehlen. ~Kein gewissenhafter Vater tut so etwas~, fand der Elf. Dennoch taten ihm die Frau und die Kinder des Menschen leid. Ralof stieß Caeldurs Schienbein mit der Schuhspitze an: „Und Ihr, Elf? Habt ihr ein Haus und Familie in Himmelsrand?" Er bekam keine Antwort. Um dem Blick des Nords auszuweichen, gab Caeldur vor, die Umgebung zu betrachten; der Wagen fuhr durch ein kleines Wäldchen. Die linste durch jede Lücke des Blätterdaches und bestäubte die Szenerie mit einem Hauch goldenen Glanzes. Das sanfte Flüstern der Bäume und das Zwitschern der Vögel klangen wie die schönste Musik der Welt in den Spitzohren des Elfen. ~Ein schöner letzter Tag~, dachte der Elf bei sich. Die idyllische, ruhige Natur minderte seine Angst. Ralof Stimme durchschnitt die Stille, wie ein Paukenschlag. „He! Hat es dir die Sprache verschlagen Waldelf?" Doch gerade als Caeldur zu einer Antwort ansetzen wollte, ging ein Ruck durch den Wagen. Dolin fiel erschrocken von seiner Bank und schlug mit dem Kopf auf die Kante der gegenüber liegenden, knapp neben Ulfric Sturmmantels Bein. Er schrie auf und sackte auf dem Wagenboden zusammen, Blut, Dreck und Schweiß vermischten sich auf seiner Stirn. Vom Kutschbock her ertönte eine raue Stimme: „Ruhe da hinten! Wenn ihr dreckigen Bastarde nicht sofort mit dem Scheissgeschrei aufhört, sorge ich persönlich dafür, dass man euch noch ordentlich wehtut bevor ihr auf den Richtblock kommt! Ha!" Hastig versuchten Ralof und Caeldur den schreienden Dolin auf die Bank zurück zu hieven, was sich als im höchsten Maße kompliziert herausstellte, da ihre Hände gefesselt waren und Dolin panisch um sich schlug als müsse er sich gegen eine ganze Armee verteidigen wollen. Nachdem sie ihn in einem mühsamen Kraftakt gemeinsam wieder auf den Sitz gedrückt hatten, war ihm wohl auch die Lust am Schreien vergangen. Nun saß er schweigend da und zitterte so heftig, dass man glatt meinen konnte er wäre am Erfrieren, und dass bei einer sommerlichen Temperatur. Sein Gesicht war bleich geworden, sodass das Blut in seinem Gesicht zu glühen schien. ~Er fürchtet sich, wie ein kleines Kind.~, dachte Caeldur und seine Verachtung gegenüber dem Pferdedieb wuchs. Plötzlich drangen Stimmen an die feinfühligen Ohren des Elfen. Ein wirres Stimmengemurmel, nicht allzu weit entfernt. Suchend sah er sich nachdem Urheber um. Während sie mit dem verängstigten Dolin gerangelt hatten, hatte die Umgebung sich gewandelt. Der Wagen war auf einen gepflasterten Weg abgebogen und fuhr geradewegs auf ein steinernes Tor zu. Von weitem sah es aus, wie der Schlund einer riesigen Bestie. Hinter ihnen entdeckte Caeldur weitere Wagen, drei an der Zahl, mit Gefangenen darauf, auf jedem Wagen vier bis sechs gefesselte Nord. „Rebellen", vermutete Caeldur. Die Wagenkolonne passierte den Torbogen und die Wachkontrollen. Der Elf musste schlucken angesichts der vielen Soldaten, die auf dem Wehrgang standen: „Ich komme hier nie raus. Eine Flucht durch dieses Tor ist unmöglich" Selbst Ralof schwieg als der bedrohliche Schatten der stark bewachten Steinpforte über sie hinweg glitt.
DU LIEST GERADE
Skyrim I: Last Dragonborn
FanficDiese Fanfiction erzählt die Geschichte des letzten Drachenblutes, das auserkoren wurde, um die wiedergekehrten Drachen zu besiegen... ( Enthält extreme Gewaltszenen)