Gaston PoV.
Mit geschlossenen Augen lag das Brünette Mädchen vor mir. Ihr Gesicht war bleich, eine grosse Schnittwunde zierte ihre Wange.
Ich hatte Angst, Angst das ich ihre zarte Stimme nie mehr hören durfte. Diese drei Monate, die sie nun bei mir wohnte, waren unglaublich intensiv. Es gab Höhen und es gab Tiefen, verdammt es gab so viele Tiefen. Doch ich hatte sie in mein Herz geschlossen.
Es waren drei Wochen vergangen. Drei Wochen mit Ungewissheit. Ich wusste nicht ob Luna aus dem Koma erwachen würde, ich wusste nicht ob sie jemals wieder gesund werden würde.
Ich merkte wie es an der Tür klopfte und sie wenige Sekunden später geöffnet wurde. Langsam drehte ich mich um und schaute in das Gesicht von Matteo.
Dunkle Schatten waren unter seinen Augen und sein Blick starrte matt auf das Bett von Luna. Er sah elend aus und genau so fühlte er sich wahrscheinlich auch.
Ich schluckte und wendete meinen Blick wieder von ihm ab. Müde schaute ich aus dem Fenster.
Die Sonne schien und ich sah, wie zwei Jungs draussen rumtobten. Es war so richtiges gute Laune Wetter. Es war das Gegenteil von diesem Raum.
Er war dunkel und das Piepsen der Maschine machte einen irre. Ich hatte das Gefühl, dass mein gesunder Menschenverstand mich mit jedem Piep mehr verliess und dass meine Hoffnung mit jeder Sekunde, in der Luna wie tot da lag, mehr erlosch.
Matteo setzte sich auf den Bettrand und schloss kurz seine Augen. Er atmete ungleichmässig und ich hörte förmlich, wie sein Herz am bröckeln war. Ich wollte ihm irgendwie helfen, ihn aufmuntern, doch ich konnte es nicht. Zum einen ging es mir selbst nicht viel besser und zum anderen möchte Matteo im Moment einfach Ruhe. Er wollte keine Hilfe, er wusste das man ihm nicht helfen konnte. Das einzige was sein Lächeln zurückbringen könnte, wäre Luna.
"Ich lass dich mal mit ihr alleine" flüsterte ich leise und stand langsam auf. Er zeigte keinerlei Reaktionen und einen Moment lag zweifelte ich daran, dass er mich überhaupt verstanden hatte. Doch einige Sekunden später nickte er leicht und ich verliess daraufhin den Raum.
Als ich die Tür vorsichtig hinter mir schloss, atmete ich kräftig aus und fuhr mir durch die Haare. Hier im Krankenhausflur war alles so fröhlich eingerichtet. Als ob es nichts böses auf dieser Welt gäbe.
Mit vorsichtigen Schritten lief ich den Flur entlang, mein Blick dabei stur auf dem Boden. Ich wollte niemanden in die Augen sehen, ich wollte nicht, dass sie sahen wie dreckig es mir ging. Ich wollte nicht das jemand merkte, dass ich kurz vor dem Zusammenbruch stand.
"Gaston" ertönte plötzlich eine weibliche Stimme, woraufhin ich meinen Blick hob. Lillie.
Sie war bleich und ihre grauen Augen hatten aufgehört zu funkeln. Die Situation traf sie mit am härtesten und ich machte mir Sorgen um sie. Sie sah so schwach, so zerbrechlich aus und ich wollte mir nicht ausmahlen, was mit ihr passieren würde, wenn Luna... nicht mehr aufwachen würde.
"Hey, Lil" sagte ich mit leiser Stimme und Lillie verzog dabei das Gesicht. "Tut mir Leid, Lillie" sagte ich schnell und strich ihr dabei sanft über den mageren Arm. Sie war schon bei unserem kennenlernen sehr schlank, doch in den letzten Wochen hatte ich das Gefühl, dass sie nochmals drastisch an Gewicht verlor.
"Nein, mir tut es Leid. Du hast nichts falsch gemacht, es ist nur das dieser Name... Sie nannte mich immer so und es erinnert mich einfach an..." ihre sanfte Stimme brach ab. Vorsichtig schloss ich sie in meinen Arm und strich ihr über den Rücken. Ihre Wirbelsäule war deutlich spürbar und ich hatte angst sie zu verletzen.
"Alles wird gut. Luna ist ein starkes Mädchen, sie wird das schaffen" flüsterte ich leise und merkte, wie sich Lillie an meinem T-Shirt festkrallte. Sie tat mir so unglaublich Leid.
Plötzlich fing sie an zu Schluchzen und schwer zu atmen. "Pssst" sagte ich und versuchte sie zu beruhigen. Sie zitterte und schnappte nach Luft. "Bitte Lillie, beruhige dich" flehte ich sie schon fast an und lief mit ihr zu einer Wand.
Mit kleinen Augen rutschte sie die Wand runter und versenkte schliesslich ihren Kopf in ihre Hände. "Luna... Luna...Luna" sagte sie immer wieder und wurde bei jedem mal lauter und verzweifelter. Mit der Situation vollkommen überfordert, setzte ich mich neben sie und legte ihr behutsam einen Arm um ihre zitternde Schulter.
Einige Momente später hörte ich, wie Schritte herbeieilten und ich sah, wie eine Krankenschwester zu uns lief.
Mit grossen Augen schaute sie die Szene an, die gerade vor ihr ablief und öffnete dann erschrocken denn Mund. "Was ist hier los?" fragte sie und ging zeitgleich vor Lillie in die Knie.
Lillies Schreien war nur noch ein verzweifeltes Krächzen. Es brach mir das Herz sie so zusehen, es brach mir das Herz, dass ich ihr nicht helfen konnte. Ich musste tatenlos dabei zusehen, wie die Krankenschwester sich um das gebrochene Mädchen kümmerte. Es war das schlimmste was ich je miterlebt hatte.
Lillie stand mit Hilfe der Krankenschwester auf und ich konnte ihr kurz in die Augen blickten. Sie waren so leer. Keine Trauer, kein Nichts.
Die Krankenschwester lief mit ihr davon und schnell eilte ich hinterher. "Warten sie doch, wo gehen sie hin?" fragte ich die Schwester verzweifelt. "Sie sollten jetzt gehen" sagte die Frau nur und lief dann weiter.
Mitten im Flur blieb ich stehen. Ich wusste nicht, was ich fühlte, was in mir drinnen abging. Ich war verwirrt und frustriert. Ich schaute noch lange den Flur entlang, obwohl Lillie nicht mehr zusehen war.
Ich verbrachte noch einige Minuten in dieser Schockstarre, bevor ich mich zusammenriss und davon lief. Geradewegs aus dem Spital heraus, geradewegs aus dem Horror. Ich wollte keine Sekunde länger in diesem Gebäude sein, ich hätte es nicht ausgehalten.
Ich lief in einen Park und liess mich dort auf eine Bank fallen. Das alles wurde mir zu viel, es stieg mir über den Kopf. Matteo ging es dreckig, Lillie brach vorhin vollkommen zusammen und ich... ich hatte keine Ahnung was in mir vorging.
Ich vernahm ein Piepsen, das aus meinem Rucksack kam. Mit zitternden Händen öffnete ich den Reissverschluss und nahm mein Handy hervor. Mama.
Sie wurde zum Glück wieder gesund, es ging ihr gut. Anders als Luna.
Ich schaute nachdenklich auf das Handy, bevor ich abnahm. "Hey Mama. Wie geht es dir?" fragte ich leise.
"Gaston? Was ist passiert?" fragte sie daraufhin geschockt. Sie kannte mich zu gut. "Ich erzähle es dir zuhause, okay?" erwiderte ich und atmete tief durch.
"Okay. Wann kommst du dann?" "Ich mach mich gleich auf den Weg" sagte ich langsam und versuchte meine brüchige Stimme zu verstecken.
"Pass auf dich auf. Hab dich lieb, Gaston" verabschiedete sie sich und ich hängte auf.
Ich erhob mich von der Bank und lief nachhause.
DU LIEST GERADE
Nach Regen kommt Sonne! Lutteo
FanfictionIch war schon seit klein auf, ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen. Ich hatte viele Freunde. Ich war glücklich, ich war verdammt glücklich. Doch das alles veränderte sich mit dieser einen Nachricht, diesem einem Moment. Meine kleine, aber bunte Welt...