Das Klappern der nassen Bretter riss mich aus den Gedanken und ich tauchte wieder in die Wirklichkeit ein; in der die milde Gischt auf meiner Haut brannte und mich das ewige Geschaukel des Schiffes in den Wahrnsinn trieb; in der das Essen rah wurde und der Rum Alltag; in der die Männer schweißgebadet in ihren Hängematten lagen und ich nur immerzu den Horizont anblickte.
"Schneller! So holen wir die Zeit nie ein!" hallte die nun bekannte Stimme durch die Luft, bis sie im salzigen Winde erlisch. Die Crew beeilte sich, dass Segel zu hissen. "Ich habe dich nicht mitgenommen, damit du doof in der Gegend rumstehst! Sortier das Lager!" rief mir Mr. Benzen, der Captain des Handelsschiffes, zu.
Ohne ein Wort ging ich nach unten und sortierte die Rumkisten zu einem Stapel. Es war anscheinend nur ein Mythos, dass ausschließlich Piraten, Rum tranken, überlegte ich. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich nicht über Piraten sprechen durfte. Es brachte wohl Unglück. Wobei ich mir nicht vorstellen konnte, dass Geschwätz das Schicksal beeinflussen könne. Unwillkürlich musste ich an meine Abfahrt denken. Ich hatte in England gelebt und mit meinen Eltern am Hafen von Port Royal gearbeitet, als das Handelsschiff abreiste. Meine Eltern sagten mir, ich solle mit, um in der Karibik ein besseres Leben anfangen zu können. Ich weiß bis heute nicht, wie sie den Captain überreden konnten, aber dankbar war ich alle Male.
"Schwarze Segel!"
Der Ruf ließ mich abbrubt hochschrecken und ich rannte nach oben, bis ich im Freien war und der Wind mein Haar zerzauste.
"Piraten!"
Jetzt erblickte auch ich das Schiff. Eine wahrliche Schönheit aus dunklem Holz. Die Crew johlte und sie kamen erstaunlich schnell näher.
"Es ist die Black Pearl!" erkannte Jemand.
Schon der Name ließ mich erschaudern. Schwarz stand immer für Piraten und Piraten standen für Tod.
"An die Kanonen! Wir können nicht mehr entkommen!" rief Mr. Benzen und die Besatzung befolgte seinem Befehl.
Die Black Peal rückte immer näher und wurde immer größer, immer beeindruckender. Als sie genau neben des unseren Schiffs stand, ertöhnten ohrenbetäubende Schüsse und die Piraten schwangen sich an Seilen auf unser Schiff. Und ich war wie gelähmt.
"Na, wen haben wir denn da?" Einer der Bösen des Meeres kam direkt auf mich zu. Schnell kam ich wieder zu Sinnen und rannte über das Schiff - wollte ihm entkommen, ihnen allen. Doch das war unmöglich. Wo sollte ich hin?
Schließlich wurde ich zum Schiffsrand gedrängt und ich sah schon, wie ich ins Wasser fiel. Da schnappte ich mir ein Seil und schwang auf die Black Peal. Hier waren zwar deutlich mehr Piraten, aber es war besser als in den tötlichen Wellen unterzugehen. Ich rannte neben eine kleine Treppe, die auf die Erhöhung mit dem Steuerrad führte und versteckte mich dort. Ich hockte mich hin und machte mich so klein wie nur irgendwie möglich. Alles um mich herum schwankte plötzlich und die lauten Geräusche des Kampfes verwandelten sich in ein langgestrecktes Piepen, das mein Gehör belagerte. Ich schloss die Augen, um dem Schwindel-Karussell zu entkommen. Da verlor ich das Bewusstsein und alles wurde in einen schwarzen Nebel getränkt ...... Ich öffnete langsam meine Augen und sah den hellblauen Himmel, der von Wolken durchschnitten wurde. Schnell setzte ich mich auf und wieder wurde mir schwindelig. Doch zu meinem Entsetzen war ich nicht auf dem Handelsschiff. Ich war an Deck der Black Pearl. Ich war auf einem Piratenschiff! Mit Piraten!
"Captain! Sie ist wach!" hörte ich eine Stimme und drehte mich zu ihr um. Ein blonder Mann, dessen eines Auge nicht echt und viel zu groß war, stand dort. Daneben der, der mich verfolgt hatte.
"Soll'n wir sie über Bort schmeißen?" rief er.
"Wozu?" Eine dritte Stimme kam dazu. Aus der anderen Richtung und reflexartig drehte ich mich um. Ein Mann, dessen Haar mit Perlen und was auch immer in Dreadlocks zusammengedreht war, stand dort. "Ich meine, was soll uns das bringen?" fragte er die Zwei und wandte sich dann an mich. "Wie war dein Name gleich?"
Ich überlegte kurz, ob ich einen falschen Namen nennen sollte. Aber was würde mir das nutzen? Das taten schließlich nur Adlige, die sonst etwas zu befürchten hatten. Ich konnte mich nicht zu ihnen zählen. "Keyla Bennet". Ich stand auf und ein Tuten machte sich in meinem Ohr breit.
"Mhh ... Kommt mir nicht bekannt vor", antwortete er.
"Sicher. Ich lebe in London. Eigentlich", murmelte ich, während der Captain auf den Einäugigen und seinen Freund zuging. Was tat ich hier eigentlich? Warum hatte ich keine Angst?
"Jack!" Ein älterer Mann erschien. "Dies fanden wir im Wasser".
Der Captain drehte sich zu ihm um.
Er hieß Jack?! War er vielleicht der Jack?!
Ich lief zu ihnen und erkannte, dass der Andere ihm eine Flasche mit einem Zettel darin zeigte. "Seid ihr etwa Jack Sparrow?" fragte ich, "der der sich von der Insel befreite? Der mit dem großen Geheimnis?"
"Captain, ich bin Captain Jack Sparrow," atwortete er leicht genervt, als ob er diese Verbesserung schon oft hatte sagen müssen.
Aber ich war fasziniert. Ich stand dem großen Piraten gegenüber! Der, der es geschafft hatte, sich Schildkröten an die Füße zu binden und somit von der einsamen Insel geflohen war.
Währenddessen schlug er die Flasche auf und laß den Brief. Schließlich warf er einen Blick auf einen Kompass und steckte ihn dann wieder weg. "Gibbs," begann er und seine Stimme klang plötzlich sehr verschwörerisch. "Tortuga," fuhr er fort und ging wieder zu der kleinen Treppe, um zum Steuerrad zu gelangen.
Was war wohl los? Was stand in dem Brief?
Schließlich drehte ich mich wieder um und sah die Anderen an.
"Ragetti, Pintel, ihr habt ihn gehört. Tortuga", wiederholte der, der Gibbs genannt worden war, zu den Zwei, die daraufhin zum Rest der Crew gingen und das Segel hissten.
Ich hatte noch nie von einem Ort namens Tortuga gehört. Ob es eine Insel war? Ich löste meine Starre und ging auf die Erhöhung zu. Jede Spur von Angst war verschwunden. Diese Piraten schienen nicht wirklich gefährlich zu sein. Sie wirkten eher verrückt. Und außerdem machten sie nicht den Anschein, mich zu töten oder über Bort zu schmeißen. Ich ging die kleine Treppe hinauf und auf das Steuerrad zu, hinter dem Jack stand.
"Wo liegt Tortuga?" fragte ich.
"Gehörst du meiner Crew an?" kam prompt eine Gegenfrage.
"N ... nein. Ich war doch auf dem Handelsschiff", antwortete ich. Hatte er das etwa vergessen? Der Gedanke, dass zu viel Rum dem Gedächtnis schadete, kam mir in den Sinn.
"Dann hat dich das nicht zu interessieren," meinte Jack und ein Mann mit einem Papageien auf der Schulter kam herbei. War das nicht das Klischee eines Piraten? Er bräuchte nur noch eine Augenklappe, Holzbein und Harkenhand. "Mr. Cotton, übernimm das Steuer." Jack trat zur Seite und der Mann übernahm seinen Platz. "Du spionierst doch nicht etwa?" wandte Jack sich an mich,
"Nein. Ich war nur auf der Überreise", antwortete ich schnell.
"Und das ist auch die absolute und nicht gelogene Wahrheit?"
"Natürlich. Ich lüge nicht."
"Das mag schon sein ... Keyla. Aber die Ehrlichen sind die, vor denen man sich fürchten muss", sprach Captain Jack Sparrow und entfernte sich. Verwirrt blieb ich stehen.
DU LIEST GERADE
Fluch der Karibik • das mächtige Elixier
RandomIhrem tristen Leben zu entkommen; das ist Keyla Bennets Traum. Doch dass das heißt, auf einem fremden Schiff zu landen und sich der Piratencrew von niemand geringerem als Captain Jack Sparrow anzuschließen, hätte sie nicht gedacht. Und so aufregend...