Gaston PoV.
Alleine sass ich an einem Tisch im Roller. Ich hatte keine besonders grosse Lust darauf mit jemanden zusprechen. Nicht einmal mit Nina, der ich eigentlich immer alles erzählen konnte. Seit dem Ereignis mit Lillie ging ich ihr sowieso aus dem Weg.
Ich wollte nicht, dass sie sah, wie schlecht es mir ging. Sie war ein sensibles Mädchen, das sich schnell Sorgen machte. Es ging ihr wegen Luna nicht besonders gut, da musste ich nicht noch eins obendrauf setzten.
Ich wollte ihr nicht weh tun, dafür liebte ich sie zu sehr. Das Einzige was ich gerade im Moment wollte, war zu wissen, wie es Lillie ging. Sie hatte sich seit ihrem Zusammenbruch nicht mehr bei mir gemeldet und ich dachte deswegen ständig an sie.
Wie ihre grauen Augen mich leer anstarrten, wie sie verzweifelt den Namen ihrer besten Freundin schrie. Diese schrecklichen Bilder verfolgten mich und liessen mich nicht mehr ruhig schlafen.
Immer wenn ich zur Ruhe kommen wollte, erschien sie vor mir. Wie sie sich an mir festkrallte und anfing zu schluchzen. Ihre Schreie, die mein Herz zum Stillstand brachten. Ich wusste nicht was Lillie an sich hatte, doch irgendetwas an ihr raubte mir den Atem.
Gedankenverloren merkte ich, wie sich eine Person neben mich setzte und mich durchdringlich anschaute. Die dunkeln Schatten unter seinen Augen waren nicht zu übersehen.
"Hey" sagte er mit angeschlagener Stimme. Ich nickte nur, hatte nicht wirklich die Kraft etwas zusagen.
"Gaston, ich weiss das es nicht gut aussieht, aber wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren. Luna wird wieder gesund, da glaube ich ganz fest daran" fuhr er fort, als er merkte, wie schlecht es mir ging.
Er dachte, es sei wegen Luna, obwohl ich die letzten Tage nicht wirklich an sie dachte. Natürlich machte ich mir Sorgen um meine Cousine, doch irgendwie dominierte in meinem Kopf ein anderes Mädchen.
Es war verrückt, da ich sie erst seit vier Wochen kannte, aber ich fühlte nun mal so. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, meine Gedanken drehten sich nun mal die ganze Zeit um Lillie. Mein Vater und Luna waren plötzlich so zweitrangig.
"Bitte Gaston, antworte mir doch" riss mich der braunhaarige Junge aus meinen Gedankengängen. Ich schaute ihn an. Er sah fertig aus, als hätte er mehrere Tage nicht mehr geschlafen.
Eigentlich war ich es immer, der ihm gut zureden musste, doch nun war es anders. Er war es, der mir sagen musste, dass alles wieder gut werden würde, obwohl er selber daran zweifelte.
"Das mit Luna geht mir ziemlich nahe" log ich ihn an. Er wusste nichts von der Szene die sich im Krankenhaus abspielte. Niemand wusste etwas davon. Ich wusste nicht warum, aber ich konnte nicht darüber reden, mit niemanden. Sogar meine Mutter hatte ich angelogen.
"Wir müssen jetzt einfach zusammenhalten, mehr als je zuvor. Wir werden das überstehen genauso wie Luna" sagte mein bester Freund und schaute mir dabei fest in die Augen.
Wir müssen jetzt einfach zusammenhalten, mehr als je zuvor . Er war doch mein bester Freund. Warum erzählte ich ihm nicht einfach was mit mir los war? Warum konnte ich ihm nicht einfach gestehen, dass ich gerade rund um die Uhr an Lillie denken musste?
"Übrigens hat Nina dich heute gesucht. Sie sah ziemlich fertig aus. Ich denke sie braucht dich gerade im Moment" sprach Matteo mit einer ernsten Miene weiter.
Nina. Es ging ihr überhaupt nicht gut und ich dachte nur an ein anderes Mädchen. Was war ich doch für ein mieser Freund. Ich liebte sie, sehr sogar, doch gerade im Moment hatte ich einfach keinen Nerv für sie und das tat mir unfassbar Leid.
Warum musste immer alles nur so unglaublich kompliziert sein? Warum konnte man nicht einfach mal glücklich sein, ohne Sorgen, ohne Probleme? Warum war das Leben so schwer? Warum war man im einen Moment glücklich und nur einen Moment später wieder so deprimiert? Wie konnte es sein, dass eine Nachricht, das Leben von so vielen, so auf den Kopf stellen konnte?
"Gaston, hörst du mir überhaupt zu? Ich mach mir Sorgen um dich". Matteo rüttelte an meiner Schulter und schaute mich dabei besorgt an.
Ich wollte nicht weiter mit ihm sprechen. Ich wollte nicht weiter mit seinen braunen Augen durchbohrt werden.
"Matteo, ich komme schon alleine klar. Lass mich bitte einfach in Ruhe" sagte ich leicht ruppig und stand schliesslich auf.
Mit schnellen Schritten verliess ich das Roller. Einfach weg von Matteo. Einfach weg von meinen Problemen.
Ich wusste nicht was mit mir los war. Warum ich Matteo vorhin so dumm angemacht hatte. Er wollte mir nur helfen und ich wollte davon nichts hören.
Mit höllischen Kopfschmerzen lief ich ins Krankenhaus. Ich wollte einfach nur zu ihr. Mit ihr sprechen. Ihr sagen, dass ich für sie da war. Dass sie nicht alleine war.
Als ich im Spital angekommen war, steuerte ich geradewegs die Rezeption an und fragte die Rezeptionistin, ob Lillie noch hier war.
"Lillie Huxley... Ja, vor drei Tagen... Sie wurde vorgestern entlassen". Ich bekam nur einzelne Fetzen des Gesagten mit, jedoch reichte mir das auch vollkommen.
"Entlassen? Wissen sie wo sie ist?" fragte ich, währenddem Angst in mir aufstieg. Lillie, das psychisch angeschlagene Mädchen, alleine da draussen?
"Wir haben ihren Eltern bescheid gegeben und die haben sie abgeholt" erklärte die Dame mir freundlich.
"Aber...". Ich brach ab und schüttelte meinen Kopf. "Tut mir Leid. Danke für ihre Auskunft. Noch einen schönen Tag" verabschiedete ich mich schnell und lief aus dem Gebäude.
Schnell fischte ich mein Handy hervor und wählte Lillies Nummer. Eigentlich wollte ich sie nicht anrufen, da ich dachte, dass sie ihre Ruhe bräuchte. Doch ich musste unbedingt mit ihr sprechen.
Das Piepsen ertönte und wenig später ertönte eine weibliche Stimme. "Hey Gaston" sagte sie leise.
"Lillie, Gott sei dank geht es dir gut. Wo bist du? Können wir uns treffen?" überströmte ich die Arme mit Fragen.
"Ehm, ja. Ich bin gerade in einem Hotel, mit meinen Eltern. Ich denke nicht, dass sie mich einfach so raus lassen. Doch ich schaff das schon irgendwie. Wie wäre es in einer halben Stunde im Park?" erklärte sie mir und ich stimmte zu. Wir verabschiedeten uns noch voneinander, bevor ich aufhängte.
In einer halben Stunde? Ich sollte mich gleich auf den Weg machen, wenn ich nicht zu spät kommen wollte.
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Nach Regen kommt Sonne! Lutteo
FanfictionIch war schon seit klein auf, ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen. Ich hatte viele Freunde. Ich war glücklich, ich war verdammt glücklich. Doch das alles veränderte sich mit dieser einen Nachricht, diesem einem Moment. Meine kleine, aber bunte Welt...