Stexpert~Lies weiter

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Stegi, du weißt doch, wie sehr ich das hasse!"
Tims Stimme klang gebrochen, doch trotzdem schwang die Wut in ihr. „Wieso? Hm? Willst du das unbedingt öffentlich machen? Oder möchtest du mich provozieren, indem du genau das tust, was ich nicht möchte? Wenn ja, sag' das. Ich will nicht, dass es Probleme zwischen uns gibt, man hätte garantiert einen Kompromiss gefunden. Weißt du Stegi, das macht man nämlich für Menschen, die man liebt! Ach, was red ich da, es interessiert dich ja eh nicht."

User left your Channel

Stegi hatte einen Fehler gemacht, einen Fehler, der in der Vergangenheit schon öfters passiert war. Seiner Meinung nach war es nichts Schlimmes, aber Tim schien da ziemlich empfindlich zu sein. Er hatte ihn schon mehrmals darauf hingewiesen und doch rutschte Stegi immer wieder eine Bemerkung in Richtung Stexpert heraus. Die Zuschauer nahmen das Ganze entweder überhaupt nicht ernst, waren sicher, dass die beiden scherzten, oder sie flippten bei jedem Wort, das die beiden miteinander wechselten, komplett aus. Denen konnte man dann sowieso nicht mehr helfen. Heute hatte er wieder etwas in einer Bedwarsrunde mit Sturmwaffel fallen gelassen, was Tim enttäuschte. Er war nicht bereit dazu, ihre Beziehung der Community preiszugeben, da er von Zuhause viel negative Erfahrung mit Outings hatte. Das verstand Stegi voll und ganz, er würde warten bis Tim bereit war, aber Sätze wie seine ask.fm Antworten waren ja nichts Konkretes, nur Futter für die Fangirls, auf keinen Fall ernstzunehmen. Trotzdem tat es ihm weh, Tim so zu hören. Er klang so verletzt, enttäuscht. Stegi wollte seinen Tim nicht traurig machen, also musste er sich irgendwie entschuldigen. Nur, einfach „Sorry, wollt' ich nich'" sagen ging nicht, Tim schien das echt wichtig zu sein. Stegi musste ihm irgendwie beweisen, wie viel er ihm wert war, was er alles für ihn tat, oder eben nicht tat. Stegi musste romantisch werden. Aber wie? Was sollte er tun? Das war wirklich kompliziert. Ihm ein Packet mit seinen Lieblingssachen schicken, um zu zeigen, dass er immer zuhörte, alle Vorlieben von Tim kannte? Dauerte zu lange, bis das da war, hätte Tim sich den Gedanken vielleicht so in den Kopf gesetzt, dass ihre Beziehung tatsächlich gefährdet war. Einen Song schreiben? Nicht wirklich gute Idee, Stegi konnte weder singen, noch ein passendes Instrument spielen. Aber wenn er nicht musikalisch war, wieso dann nicht mit Worten malen? Er würde ein Gedicht schreiben. Tim liebte die Poesie, zeigte das aber nur selten. Ein langes, romantisches Gedicht wäre perfekt.

Schnell schnappte Stegi sich einen Block und Stift von seinem Schreibtisch und verkroch sich mit einer ruhigen Spotifyplaylist in sein Bett, nachdenken. Innerhalb der nächsten drei Stunden schrieb er zwei Seiten seiner Meinung nach tiefgründige Poesie. Er gab sich alle Mühe, den Inhalt so schön zu formulieren, wie es möglich war. Für Tim musste das perfekt werden. Nach einer weiteren Stunde meinte Stegi mit dem Ergebnis zufrieden zu sein und blickte erstmals vom Papier auf. Draußen war mittlerweile die Dämmerung eingetreten, was zu dieser Jahreszeit ja schon relativ früh passierte. 16:58Uhr zeigte sein Handy an, auf welchem er nun den Whatsappkontakt „Timboschatz <3" öffnete. „TS? Bitte?" tippte er mit zittrigen Fingern. Wenige Sekunden später erschienen die blauen Häkchen und besagter antwortete mit einem schlichten „Ja".

In Windeseile spurtete Stegi zu seinem PC, öffnete Teamspeak und startete das Gespräch mit Tim. „Hi." brachte er leise hervor. „Hallo." erwiderte Tim, man hörte heraus, dass er geweint hatte, seine Stimme klang ungewöhnlich nasal. „Tim, es tut mir leid. Ich habe mich blöd benommen, zwar sehe ich immer noch nicht den Grund, warum diese Sätze dich so verletzen, aber ich werde versuchen, das zu unterdrücken. Wenn es dir dadurch schlecht geht ist es nicht gut, da würde ich mit allem aufhören, für dich. Jedenfalls habe ich dir ein bisschen was geschrieben, weil ich weiß, wie sehr du Poesie magst. Es ist nicht perfekt, aber ich habe mir Mühe gegeben. Also..." erklärte Stegi und begann langsam sein Gedicht vorzutragen. Stegi legte alle seine Gefühle und Emotionen hinein, Tim war still, unergründlich, was er gerade tat oder wie er reagierte.
User left your Channel tönte es auf einmal metallern durch seine Kopfhörer und er verstummte. Nein. Nein, das durfte nicht sein. Tim legte einfach auf? War er so sauer? War Stegi so blind gewesen, dass einfach zu übersehen, wie schlecht es seinem Freund überhaupt ging? War er so ein schlechter Freund? Ja, schien so. Er war zu schlecht, hatte das Wichtigste in seinem Leben soeben verloren.

Langsam stand er auf, fiel jedoch direkt wieder um und lag nun auf dem Boden. Die ersten Tränen stahlen sich aus seinen Augen und rollten um die Wette seine Wangen herunter. Seine Atmung wurde unregelmäßig und viel zu schnell. Er zitterte am ganzen Körper, wollte schreien, doch die Laute blieben ihm im Hals stecken. Langsam aber sicher wurde ihm schwindelig, doch das war ihm egal. Sein Atem war mittlerweile gut als Schnappatmung zu bezeichnen und sorgte dafür, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Ihn störte das nicht, beziehungsweise, er bekam das gar nicht mit. In seinem Kopf war kein Platz dafür, kein Platz für irgendwas. Er war nur mit den Worten 'Tim' und 'verloren' gefüllt. Diese Worte nahmen sein gesamtes Denkvermögen in Beschlagnahm und ließen keine anderen Gedanken zu. Irgendwann krallte er sich mit all seiner übrigen Kraft an sein Bettlaken, zog sich daran hoch und robbte mühsam aufs Bett.

Unter seinem Kissen lag ein Shirt von Tim, das nach ihm roch. Stegi riss es praktisch an sich und weinte nur noch mehr. Tims Geruch war so wundervoll, er erfüllte seinen Körper sonst mit Glücksgefühlen, aber jetzt stach es ihm durch die Nase direkt ins Herz. Eingerollt in Fötusstellung, mit dem T-shirt im Gesicht, in seinem mittlerweile komplett dunklen Schlafzimmer verbrachte er die nächsten Stunden mit kläglichen Versuchen, die Situation zu verstehen, die nur immer wieder in neuen Heulkrämpfen endeten.

Irgendwann durchbrach ein Klingeln die Stille und erschreckte Stegi zu Tode. Er wollte erst nicht aufstehen, nicht das irgendjemand ihn so sah, jedoch war ihm das dann doch relativ egal. Er war am Boden und das würde früher oder später sowieso jeder bemerken. Deshalb rappelte er sich mühsam auf und machte sich auf den Weg zur Tür, der heute irgendwie viel länger schien als sonst. Kurz bevor er die Tür aufmachen konnte klingelte es nochmal. „Jaja" murmelte er. Mit einem Klacken öffnete sich das Türschloss und langsam zog er auch die Tür auf. „Tim?! Was.." Sein Gegenüber drückte ihm schnell einen Finger auf die Lippen. „Shhh" murmelte er. Begutachtete das Gesicht des Kleineren. Er strich mit einem Finger unter den Augen von Stegi entlang, verbannte die Tränen vom Körper seines Geliebten. Mit dem Daumen unter Stegis Kinn sorgte er für Blickkontakt und eine günstige Position seiner Lippen. Schnell vereinte er sie zu einem sanften Kuss, im ersten Moment einseitig, Stegi war noch viel zu benommen und verwirrt über das, was gerade passierte. Nach kurzer Zeit erwiderte er den Kuss dann aber doch, viel zu schade war die Zeit, in der er diese Lippen küssen durfte. So standen sie da im Flur, Tim noch in Winterjacke, Stegi mit aufgequollenen Augen, Tims Arme auf Stegis Hüften, Stegis in Tims Nacken, zueinander gebeugt und in den Kuss vertieft. Viel zu schnell lösten sie sich voneinander und Tim flüsterte: „Lies weiter, bitte."

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Irgendwelche Pairing Vorschläge fürs nächste Kapitel?
~Hannah

Youtuber OS // BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt