Nur der Tod kann mich erlösen

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Jahre um Jahre kämpfte ich nun schon. Stunde um Stunde wurde es schlimmer. Minute um Minute kämpfte ich mehr. Und jede Sekunde wird meine Welt dunkler. Die kalten Spüren auf meinen Wangen brannten. Meine Tränen versiegelten noch immer nicht. Dieser unerträgliche Schmerz suchte mich immer mehr und mehr heim. Ich schrie. Vor Schmerz. Vor Trauer. Vor Hoffnungslosigkeit. Meine Arme bluteten Mal wieder. Sie waren von Striemen überzogen. Die Klinge setzte ich dieses Mal näher an mein Handgelenk. Der Tod wäre meine einzige Erlösung. Selbst die Ärzte meinen das Leben wäre nicht richtig für mich. Noch einmal atmete ich ein und schnitt mir in die Haut. Das Blut floss sofort in kleineren Mengen aus der Wunde. Weitere Tränen rinnen mir über meine Wangen. Wieso muss dass mir passieren? Der Schmerz vernichtete jeglichen Gedanken. Jedes Gefühl. Vielleicht sollte ich einen Tag noch durchhalten. Einen letzten. Nur um jeden nochmal in die Augen zu sehen. Ob ich den Ausdruck in ihren Gesichtern ertragen kann ist eine andere Frage. Noch ein letztes Mal setzte ich die Klinge mit zitternden Händen an meinen linken Oberschenkel. Und einfach niemand sieht wie schlecht es mir geht. Niemand hat es mir bisher angesehen und niemand erkannte mein aufgesetztes Lächeln. Vor Wut drückte ich mir die Klinge mit Gewalt in die Haut und schnitt eine noch tiefere Wunde in mein Fleisch. Den Schmerz spürte ich nur ein bisschen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Schreiend ließ ich mich zurückfallen. Die Kälte umfing mich sofort und ich merkte wie ich ohnmächtig wurde. Wo sind meine Eltern, die mich aus diesen Höllenkreis ziehen können? Wo meine besten Freunde, die mir helfen können? Ich hatte keine. Dass ist die einfache Antwort auf meine Fragen. Der Alptraum setzte erneut an zu beginnen. Ich stand in mitten eines dunklen Raumes. Gefesselt von meinen Problemen. Gefangen von den Schmerzen. Nicht einmal ein kleiner Lichtstrahl erhellte den Raum. Es war dunkel. Nass und kalt. Mein Herz hörte ich nur zu deutlich pochen. Der Schmerz pumpte sich durch meinen ganzen Körper. Aber er tat gut. Er ließ mich diese ganzen Probleme und seelischen Schmerzen vergessen. Was würde ich dafür geben zu sterben. Einfach einen Schritt auf eine befahrene Straße setzten. Einfach eine Klippe hinunter springen. Oder einfach die Klinge an die passende Stellen setzten und feste zudrücken. Es würde alles so schnell gehen. Niemand würde sich um mich sorgen. Keine einzelnen Träne würde für mich fließen. Die Klinge, welche noch immer in meiner Hand lag, legte ich in die Schublade meines Nachtisches. Kurz sah ich das getrocknete Blut auf meiner Haut. Mit emotionsloser Mimik stand ich auf und ging mit frischen Sachen in das kleine Bad. Im Spiegel sah ich mich an. Meine Arme sahen für Außenstehende hässlich und eklig aus. Aber mir machte es nicht aus was andere denken. Für mich sind diese Wunden eine kurze Erleichterung.
Müde schleppte ich mich unter die Dusche und wusch mir das getrocknete Blut von meiner Haut. Meine Finger glitten über die vielen Narben und die neuen, frischen Wunden, welche wieder aufgeplatzt sind. Das kalte Wasser brannte leicht in ihnen und ich seufzte kurz auf. Danach zog ich mir meine frischen Sachen an, die aus einer schwarzen langen Jeans und einem dünnen dunkelblauen Pulli bestanden.
Meine violetten Haare band ich mir zu einem unordentlichen Dutt hoch und schnappte mir noch meine Tasche. Darauf zog ich mir noch meine grauen Converse an und verließ meine kleine Wohnung. Ich stöpselte mir meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Lautstärke voll auf. Eigentlich ist mir die Schule egal. Noten brauchte ich nicht. Mein Leben würde sowieso bald um sein. Außer heute würde sich etwas ändern. Aber dass glaubte ich nicht. Es ist einfach unmöglich, dass sich genau heute etwas ändert.
Die Schule sah ich nach kurzer Zeit vor mir und auch die Schüler auf den Pausenhof konnte ich schon sehen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Die vernichtenden und verängstigten Blicke lagen sofort auf mir. Doch ignorierte ich diese. Manche hatte einfach Respekt vor mir, da sie wussten, dass ich gefährlich sein konnte. Gelangweilt lief ich durch die Eingangstür und ging zu meinen Spind. Diesen überzog ein rot-schwarzes Graffiti. Mit einem Schlag öffnete ihn und holte mir einen Block und Stifte sowie meinen Notizblock heraus und stopfte die Sachen rücksichtslos in meine Tasche. Wieso sollte ich auch an meinen letzten Tag die perfekte Streberin spielen? Mit immer noch lauter Musik betrat ich das Klassenzimmer. "Frau Wabnik. Könnten sie bitte ihre Geräte ausschalten?" "Was wenn nicht?" Fragte ich die Lehrkraft leicht genervt. "Sie wollen wohl einen Verweis!" Ich verdrehte genervt die Augen. Was brachte der den schon? Ich bin in ein paar Stunden sowieso nicht mehr unter den Lebenden. Abfällig sah ich die Lehrerin an. "Dann geben sie mir doch einen." Knurrte ich und setzte mich auf meinen Platz. "Dass zieht noch Konsequenzen mit sich junges Fräulein!" Die Wut kochte immer mehr in mir auf und der Drang mich zu verletzten wuchs auch. "Alles in Ordnung Nessa?" Fragte mich eine meiner Mitschülerinnen leicht besorgt. "Alles super wie immer." Entgegnete ich mur gereizt. "Du blutest." Flüsterte sie zu mir. Hastig sah ich auf meinen Pulli. Dunkle Striche sah man auf ihn. Toll. Dann sind die Wunden wieder aufgegangen. Ich spürte die Blicke der anderen auf mir, doch ignorierte ich sie gekonnt. Und es hatte sich immer noch nichts geändert. Es waren die gleichen langweiligen Stunden Unterricht. Die gleichen verängstigten und und abfälligen Blicke. Die gleichen unnötigen Kommentare. "Hey Schlampe lust auf nen Fick?" Man klatschte mir auf den Arsch und ein Typ legte seine Hände um meinen Körper. "Lass mich los du Arsch." Wütend rammte ich ihn meinen Ellenbogen in die Rippen. Augenblicklich ließ er mich los. "Du kleines Miststück!" Zischte er. Ich ging einfach weiter. Was sollte mich auch irgendein Typ interessieren.Gelangweilt lief ich nicht in den nächsten Unterricht sonder aufs Klo. Ich holte mir meine Ersatzklinge aus der Tasche und von Hass und Wut erfüllt schnitt ich mir einfach in meinen Arme. Doch spürte ich den Schmerz nicht. Erst als ich tiefer schnitt machte sich die Erleichterung in mir breit als ich das Brennen auf meiner Haut spürte. Jetzt kann ich wieder in den Unterricht. Erst jetzt bemerkte ich die kleine Blutlache. Shit. Oh heilige scheiße. "Nessa? Bist du hier?" Ich sah leicht panisch auf. Man kann das Blut von außen sehen. Was mach ich denn jetzt? Es weiß eigentlich keiner, dass ich mich so schlimm ritze. "Was willst du?" Fragte ich gereizt und legte etwas Klopapier auf die Blutlache. "Ich sollte dich in die Klasse holen." "Ich will nicht." Zischte ich zurück und legte noch mehr Klopapier auf den Boden. "Dir geht es nicht gut oder? Ich versteh dich." Murmelte meine Mitschülerin. "Ich bin Laura." Stellte sie sich ruhig vor. Und was interessierte mich dass? Keine Ahnung wieso sie dass gerade jetzt sagte. "Man kann über seine Probleme reden Nessa. Bitte gib mir die Chance dazu." Ich seufzte. "Ich bin nicht der Typ Mensch, der gerne redet." "Versuch es." Forderte sie mich auf. Na toll. Dann hat sich heute doch etwas geändert. Es hat mich jemand auf meine Probleme angesprochen. "Über was soll ich bitte mit dir reden?" "Wissen deine Eltern davon?" Fragte mich Laura nur. Wut schoss wieder in mir hoch. WAS SOLLTE DASS?! Wird dass hier ein Verhör oder so?! "Meine Eltern sind tot. Und meine Adoptiv Eltern haben mich wieder abgegeben. Sowie meine zweite Pflegefamilie. Ich war ihnen nicht perfekt genug." Knurrte ich nun und setzte mich auf den Klodeckel. Kann diese Streberin nicht einfach weggehen? Die nervt langsam und machte mein Dasein nur noch schlimmer. "Dass wusste ich nicht. Tut mir leid." "Schieb dir dein Tut mir Leid sonst wo hin. Lass mich einfach in Ruhe!" Ich hörte Schritte, die die Toilette verließen. Endlich. Schnell hob ich das vollgesaugte Klopapier mit Blut auf und schmiss es in das Klo. Hastig öffnete ich die Tür und rannte samt meiner Tasche nach draußen auf den Flur. Anschließend rannte ich so schnell ich konnte auf den Schulhof. Dieser war leer. Natürlich. Es hatten ja alle noch Unterricht. Tief atmete ich die kühle Luft ein und rannte schnell vom Schulgelände hinein in den Wald. Meine Rettung. Und der einzige Platz den ich liebte. Wann konnte ich dieses schreckliche und fürchterliche Dasein endlich beenden? Mir schoss ein Gedanke in den Kopf. Ein nicht sehr schöner Gedanke. Der selbst mich etwas erschreckte. Aber irgendwie befriedigte er mich auch. Und machte mich glücklich. Dann sollte ich wohl anfangen diesen Gedanken in die Wirklichkeit zu rufen. Mit einem kalten Lächeln lief ich zu dem Gebäude in dem meine Wohnung lag. Auf dem Weg dorthin begegnete ich Leute. Diese sahen mich komisch und misstrauisch an. Diese Blicke ignorierte ich aber gekonnte, wie die restlichen Blicke die man mir zu warf. Angekommen stieg ich hastig die Treppen nach oben und öffnete meine Wohnungstür. Ich hatte den kühlen Griff in meiner Hand und sah mich aufmerksam um. Wo hatte ich die Sachen? Ich durchstöberte jedes Regal, jedes Versteck und jede noch so kleinste Ecke. So lange suchte ich, bis ich alles zusammen hatte. Mit den Sachen in meiner Tasche machte ich mich dann wieder auf den Weg zum Wald. Es war gerade mal 11 Uhr. Ich hatte also noch Zeit bis man die Patrouille im Wald machte. Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich spürte deutlich die frischen Narben pochen. Der Schmerz glitt durch meinen ganzen Körper. Und das Leid plagte mich nun noch stärker heim. Jetzt oder nie. Ich betrat den Wald. Im Schatten war es wirklich sehr kühl. Ohne groß weiter nach zu denken lief ich zu meiner Lieblingslichtung und warf das Tau über einen kräftigen Ast. Ich band eine gewöhnliche Schlaufe hinein und befestigte das andere Ende an den Stamm des Baumes. Noch einmal atmete ich tief durch. Ich holte den kleinen Dolch aus meiner Tasche und stach ihn mir mit voller Wucht in mein Handgelenk. Sofort schrie ich vor Schmerz auf. Dass gleiche machte ich bei meinem anderen Handgelenk. Wieso? Ich weiß es selber nicht. Meine Gedanken waren einfach nicht mehr beisammen. Bald würde meine Erlösung kommen. Dann werde ich frei von jeglichem Leid sein. Ich stellte mich auf den Klappstuhl und sah durch die Schlaufe. Durch diese wirkte alles so bunt und farbenfroh. Vorsichtig schlüpfte ich mit meinen Kopf durch diese. Mit höllen Schmerzen zog ich die Schlaufe enger um meinen Hals. Plötzlich hörte ich Sirenen. Der Stuhl klappte unter mir weg und das Tau drückte mir jegliche Luft ab. Ich gab nur erstickte Laute von mir. Endlich frei. Hoffentlich. Auf ein Leben nach den Tod kann ich getrost verzichten. Langsam wurde mir wurde mir schwarz vor Augen. Die Schwärze wurde immer mehr mehr und ich wurde schon empfangen von der Dunkelheit. Auf einmal hörte ich Schritte neben mir. Erschrockene Laute. Dann hat mich aber schon der Tod mit in sein Reich mitgenommen.


Ein kleiner One-Shot. Ich weiß, dass Selbstmord kein tolles Team ist. Und niemand sollte an Selbstmord denken. Jeder hat es verdient zu leben. Aber manchmal werden Menschen einfach so sehr kaputt gemacht, dass sie nicht mehr leben wollen. Und oft genug haben sie auch niemanden mit den sie reden können. Ich kenne dass selber. Früher hatte ich auch Selbstmordgedanken und hab mich geritzt. Dass letzte Mal hatte ich letzte Woche solche Gedanken. Und dass liegt daran, dass mich meine Eltern einfach nicht verstehen und mich auch mal runtermachen. Und mich dann fragen in welches schwarze Loch ich denn gefallen bin. Aber ich habe insbesondere eine Person kennengelernt, die für mich da ist und die mir immer zur Seite steht. Und durch sie fühl ich mich einfach sicher und verstanden. Wenn jemand reden möchte bin ich für ihn da und helfe so viel es geht. Seit bitte nicht schüchtern. Auch wenn es noch harmlos erscheint könnt ihr schon mit mir reden. Ich bin für alle da und möchte dass es euch allen gut geht.

Eure Kayla_Dragonblood

Nur der Tod kann mich erlösen// One-ShotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt