Die Erhebungen des Feuerhimmels

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Hallo ihr Lieben,
Da heute Weihnachten ist, kommt diesen Monat noch dieses zweite Kapitel.
Viel Spaß beim Lesen, Frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr
LG Luisa
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Legolas
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, befand ich mich noch immer auf der Fensterbank im Wohnzimmer wieder, meinen Kopf auf Vaters Schulter gelegt. Vater selbst schlief ebenfalls. Vorsichtig richtete ich mich auf, um ihn nicht zu wecken, was mir tatsächlich gelang. Kurz sah ich aus dem Fenster. Der Schnee glitzerte im Licht der aufgehenden Sonne. Von meinem Kampf gegen Faolan gestern Nacht war nichts mehr zu sehen, denn es hatte wieder geschneit und ein weißer Teppich verdeckte die Spuren, wie als wollte er es so erscheinen lassen, als hätte der Kampf nie stattgefunden. ,,Legolas?", hörte ich da plötzlich Lessiens flüsternde Stimme von der Tür. Ich wandte meinen Blick zu ihr. ,,Ist dir wieder warm?", fragte ich und musste leicht lächeln, als ich daran dachte, wie sie sich gestern an mich gekuschelt hatte. ,,Ja, mir ist zum Glück wieder warm", antwortete sie. ,,Ich finde es immer noch ein wenig eigenartig", gestand ich, ,,Ich meine, dass du frierst, weil du die Kälte nicht gewöhnt bist, das verstehe ich, aber eigentlich hättest du dann durchgehend frieren müssen." ,,Ich denke, ich bin ein kleines bisschen immun gegen die Kälte,weshalb ich erst nach einer bestimmten Zeit zu frieren beginne", vermutete sie und trat langsam in den Raum. Ihr Blick schweifte kurz zu meinem Vater, der noch immer auf der Fensterbank saß und schlief. ,,Wie geht es deinem Arm?", fragte sie dann mit leicht gesenkter Stimme. ,,Ich habe keine Schmerzen mehr", antwortete ich, ,,Deine Salbe scheint ziemlich gut gewirkt zu haben." Sie lächelte kurz. ,,Trotzdem würde ich mir die Wunden gerne noch einmal ansehen", meinte sie und ihr Blick fiel auf meinen linken Oberarm. ,,Warum hast du das alte Hemd wieder angezogen? Da klebt ja noch das ganze Blut von den Wunden", fragte sie. Ich zuckte nur mit den Schultern. ,,In meiner Satteltasche müsste noch ein zweites Hemd sein", meinte ich und wollte es holen, doch Lessien hielt mich fest. ,,Da du dieses Hemd wahrscheinlich sowieso wieder ausziehen musst, damit ich mir die Wunden ansehen kann, kannst du auch noch kurz hier bleiben", sagte sie. Ich stimmte ihr zu und einen Moment später lag mein Hemd auf dem Wohnzimmertisch. Ich hob meinen Blick wieder zu Lessien und natürlich entging mir nicht, dass sie mich für einen Moment anstarrte. Dann blinzelte sie kurz und wandte sich dem Verband um meinen Oberarm zu. Ich beobachtet sie, wie sie den Verband schnell, aber trotzdem vorsichtig von meinem Arm löste, ihn zur Seite legte und die Wunden betrachtete. ,,Sie werden bald verheilt sein", meinte sie, ,,Allerdings solltest du den Arm noch schonen." Ich nickte nur. Lessien nahm einen neuen Verband und wickelte ihn um die Wunden. ,,Was meinst du, wie lange ich noch einen Verband brauche?", fragte ich. ,,Ein paar Tage. Nur zur Sicherheit", antwortete Lessien. Dann schweifte ihr Blick zu meinem Vater, der noch immer schlief. ,,Hätte ich nicht gewusst, dass er blind ist, hätte ich es kaum gemerkt", meinte sie, ,,Und ich kann mir kaum vorstellen, dass ihn das so fertig macht, wie du erzählt hast. Er wirkt so stark, so kämpferisch." ,,Fassade", entgegnete ich, ,,Zumindest ein Großteil. Glaube mir, er ist ein Meister darin, seine wahren Gefühle zu verstecken. Ich muss es ja wohl am besten wissen." Ich senkte mit einem leisen Seufzen den Blick, traurig durch die Erinnerungen an die lange Zeit, in der Vater immer abweisender und kälter wurde. Doch einen Augenblick später spürte ich Lessiens Hände sanft an meinen Wangen. Sie hob meinen Kopf sachte an, weshalb ich ihr gezwungenermaßen in die Augen sehen musste. Ihr Blick fesselte mich für einen Moment. ,,Das tut mir leid", sagte sie, ,,Aber ich glaube, er ist gerade dabei, sich zu verändern. Wie, vermag ich nicht zu sagen, doch dass er sich verändert, weiß ich mit Sicherheit." ,,Glaubst du wirklich, seine plötzliche Blindheit könnte ihn verändern?", fragte ich. ,,Die meisten großen Veränderungen geschehen, wenn man sich in schwierigen Situation und Konflikten befindet", erklärte Lessien und ihr Blick schweifte zu meinem Vater, der wohl gerade dabei war, aufzuwachen. Wir beobachteten ihn schweigend, bis er seine Augen aufschlug. ,,Au vaer ada (Guten Morgen Vater)", sagte ich. ,,Au vaer ion nin", grüßte Vater zurück, ,,Und wer ist bei dir? Pippin oder Lessien?" ,,Lessien", antwortete ich, ,,Pippin, sowie Gimli habe ich noch nicht gesehen." ,,Naja, sie brauchen nunmal etwas mehr Schlaf wie wir Elben", meinte Vater und erhob sich langsam. ,,Wie geht es dir, Legolas?", fragte er dann. ,,Gut soweit. Dank Lessien schmerzen die Wunden nicht mehr", antwortete ich und sah kurz lächelnd zu Lessien. Vater nickte nur. ,,Ist dir noch etwas eingefallen, was uns bei der Suche weiterhelfen könnte?", fragte er dann. ,,Nein, leider nicht", entgegnete ich, ,,Aber vielleicht wäre es von Vorteil, wenn Pippin uns eine Karte des Auenlandes und der Umgebung geben könnte." Vater stand inzwischen direkt vor Lessien und mir. ,,Ja, das wäre vielleicht von Vorteil", stimmte er mir zu und legte eine Hand auf meine Schulter. Daraufhin zog er wie gestern Abend eine Augenbraue hoch und ich konnte seine Frage förmlich hören. ,,Vater, hör auf solche Sachen zu denken. Du weißt, was ich dir gestern gesagt habe und das bleibt auch so", sagte ich. Kaum hatte ich zuende gesprochen, erschien Großvater neben uns und lachte kurz auf. Vater wurde sofort hellhörig. ,,Vater?", fragte er. ,,Mae, Im si (Ja ich bin hier)", antwortete Großvater, ,,Naja, eigentlich bin ich das immer." ,,Wie kommt es dann, dass ich dich manchmal auch nicht sehe?", fragte ich. ,,Jeder von uns kann entscheiden, ob er gesehen werden will oder nicht", antwortete Großvater. ,,Legolas, mit wem sprecht ihr?", fragte Lessien. Für einen kurzen Moment hatte ich doch tatsächlich vergessen, dass sie neben mir stand. ,,Mit meinem Großvater", antwortete ich, ,,Gib mir deine Hand, dann siehst du ihn auch." Zögernd streckte Lessien ihre Hand zu mir und ich nahm sie sanft in meine. ,,Lessien, darf ich vorstellen: mein Großvater Oropher", sagte ich. Lessien starrte Großvater kurz erstaunt an. ,,Er sieht so aus, wie Arvon in meinem Traum", meinte sie schließlich, ,,Blasser und mit diesem weißen Schein. Es sei denn, das war kein Traum..." Vorwurfsvoll sah sie mich an. ,,Es tut mir leid, aber du warst sowieso schon am Boden zerstört und hättest fast nicht mehr aufgehört zu weinen. Deshalb habe ich dich im Glauben gelassen, es wäre ein Traum gewesen." ,,Also ist Arvon ein...Geist?", fragte Lessien. ,,Wir bevorzugen den Ausdruck Wandelnde Seele", antwortete Großvater, ,,Oder Engel, so wie Legolas uns nennt." Lessien nickte nur und schwieg. ,,Vater, kannst du uns helfen, das letzte Rätsel zu lösen?", fragte mein Vater schließlich. ,,Leider ist es mir verboten, euch die konkrete Antwort preisgeben, aber die Karte vom Auenland und dessen Umgebung ist ein sehr guter Weg", antwortete Großvater und lief zu einem der Bücherregale, die an einer Wand im Wohnzimmer standen. Die Bücherregal waren keineswegs voll, denn Pippin war kein wirklicher Bücherwurm. Es standen ein paar Bücher über das Auenland und die Familie der Tuks darin, aber ansonsten waren sie leer. Nur vereinzelt befand sich ein Stapel loser Blätter darin. Eben einen dieser Stapel nahm Großvater zur Hand. ,,Was tut er?", fragte Vater. ,,Er sucht offenbar etwas", antwortete ich und beobachtete Großvater. ,,Ich habe mir erlaubt, mich ein wenig in Pippins Heim umzusehen und bin dabei auch auf eine Karte des Auenlandes gestoßen", sagte Großvater und legte den Stapel wieder an seinen Platz. Dann nahm er den zweiten Stapel. In diesem Moment betraten Pippin und Gimli den Raum. ,,Aaaaahhh, fliegendes Papier!!!", schrie Pippin erschrocken und auch Gimli schien für einen Moment verwirrt zu sein, bevor er begriff, was hier vor sich ging. Ein kurzer, fragender Blick und ein Nicken meinerseits genügte, damit der Zwerg verstand. ,,Was genau sucht Ihr, Oropher?", fragte er dann, weshalb Pippin ihn verwirrt ansah. ,,Das hier", antwortete Großvater, obwohl Gimli ihn ja nicht hörte, und hielt die Karte hoch. ,,Kann mir jemand mal erklären, was das hier ist?", fragte Pippin aufgebracht. ,,Der Geist meines Großvaters", erklärte ich knapp, ,,Du brauchst dich also nicht zu fürchten." Großvater lachte kurz amüsiert auf, ließ einen kleinen Zweig mit Buchenblatt und Buchecker vor ihm fallen und wandte sich dann wieder zu uns. Immer noch ein bisschen verwirrt hob Pippin diesen auf und betrachtete ihn. Großvater gab mir die Karte. Mein Blick schweifte darüber, doch im ersten Moment sah ich nichts, was uns weiterhelfen könnte. Lessien betrachtete die Karte ebenfalls. ,,Jetzt zeigt doch mal her", beschwerte sich Gimli, weshalb wir drei Elben daraufhin beschlossen, uns auf den Boden zu setzen und die Karte auf den Boden zu legen. ,,Legolas, könntest du mir vorlesen, was dort alles steht?", bat Vater, nachdem ich mir mein zweites Hemd übergezogen hatte, ,,Vielleicht kann ich dann auch mithelfen, den Ort zu suchen." Ich erfüllte seine Bitte natürlich und las alles vor, was auf der Karte stand. ,,Warte, kannst du das wiederholen?", sagte Vater plötzlich. ,,Abendrot-Gebirge", wiederholte ich, während Vater ein nachdenkliches Gesicht machte. ,,Erhebungen des Feuerhimmels...", hörte ich Lessien neben mir nachdenklich murmeln, ,,Legolas, das könnte passen." ,,Die Erhebungen sind die Berge und der Feuerhimmel ist das Abendrot", stimmte Vater ihr zu. ,,Wie gesagt, alleine wäre ich echt aufgeschmissen", meinte ich leicht grinsend und wandte mich dann an Großvater, ,,Großvater, sind ist das Abendrot-Gebirge das Ziel?" ,,Die Kombinationsgabe deiner Gefährtin ist äußerst ausgeprägt", antwortete
Großvater, ,,Du kannst dich glücklich schätzen, dass sie dich begleitet und dir hilft." Mit wissendem Blick sah er auf unsere, noch immer miteinander verschränkten, Hände. ,,Also heißt das, wir haben das Ziel gefunden?", fragte ich hoffnungsvoll und ignorierte Großvaters Blick. Großvater nickte nur kurz und lächelte. ,,Vater, wir haben das Ziel gefunden!", jubelte ich. Ich sah Vater an, der seine blinden Augen in meine Richtung gerichtet hatte. ,,Endlich können wir dich heilen!", sagte ich und traute meinen Augen kaum, als Vater mich daraufhin kurz anlächelte. Es war ein echtes Lächeln voller Erleichterung, Vorfreude und Dankbarkeit. ,,Ich bin dir jetzt schon dankbar für alles, mein Sohn", meinte er, ,,Und euch anderen auch." Er streckte seine Arme ein wenig zu mir und ich kam ihm entgegen, bis er mich in eine sanfte Umarmung schließen konnte. Kurz darauf löste er die Umarmung und seine Hände suchten mein Gesicht. Vorsichtig, als könnte mein Gesicht bei zu viel Druck zerbrechen, strich er mit seinen Händen über mein Gesicht. ,,Wie sehr ich mich danach sehne, dich endlich wieder mit meinen Augen sehen zu können, nicht nur mit meinen Händen", sagte er, ,,Dich und Tauriel und alle anderen." ,,Wenn du gerade von Tauriel sprichst", setzte ich an, ,,Gestern sagtest du, du würdest mir später mehr über ihren jetzigen Aufenthalt in Bruchtal erzählen, allerdings haben wir das dann vergessen, bevor ich eingeschlafen bin." ,,Du hast recht", meinte Vater, ,,Naja, eigentlich ist da nur eine Sache, die du noch unbedingt wissen solltest." Er machte eine kurze Pause. ,,Tauriel ist schwanger", verkündete er dann. ,,Was!?", stießen Lessien und ich gleichzeitig hervor. ,,Ja, als wir in Bruchtal ankamen war sie sehr schwach, weshalb sie zu einer Heilerin ging. Diese stellte fest, dass sie schwanger ist", erklärte Vater. ,,Und...wer ist der Vater?", fragte ich. ,,Ich weiß es nicht. Soweit ich das bemerkt habe, ohne sie anzusehen, hat sie gelogen, als sie mir sagte, sie wüsste es nicht. Sie wollte es mir offenbar nicht sagen, was allerdings meine Vermutung, dass Feren der Vater des Kindes ist, nur bekräftigt", meinte Vater. ,,Tauriel erwähnte einmal einen Elb namens Feren, als sie mir von ihrer Heimat erzählte", sagte Lessien, ,,Aber dass sie in ihn verliebt war, hat sie nie gesagt." ,,Kommt es nur mir so vor, oder wird diese ganze Geschichte immer verstrickter und mysteriöser?", fragte Gimli. ,,Nicht nur das, Gimli", meinte Vater, ,,Sie wird auch gefährlicher. Seit einiger Zeit plagen mich schreckliche Träume. Manchmal sehe ich nur eine Schattengestalt auf dem Thron des Waldlandreiches, dann sind da manchmal noch Tote vor dem Thron. Feren, du und ich, Legolas. Und dann sind da noch zwölf weiße Reiter, wie Nazgûl wirken sie, immer auf der Suche nach mir..." ,,Diese Weißen Reiter gibt es wirklich", unterbrach ich ihn, ,,Sie waren in Bree und offenbar soetwas wie Verbündete Faolans, des Werwolfs, den du getötet hast, Vater. Sie suchten nach dir." ,,Wir sollten die Rose so schnell wie möglich finden und dann von hier verschwinden, denn wir bringen jeden, der uns auch nur sieht in Gefahr", meinte Vater.

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt