Stunde der Wahrheit

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Überraschungskapitel :D

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London, 2005

Im Gericht war es stickig. Die Sommersonne schien unbarmherzig durch die große Fensterfront in den Saal und heizte ihn damit nur noch mehr auf. Man konnte nicht sagen dass der Saal voll war- dieser Fall interessierte die Presse nicht, die Schlagzeile war schon lange vergessen.

„Ich kann das nicht!", flüsterte ich Sandra leise zu, so leise, dass es niemand außer ihr hören würde.

„Lou, du schaffst das. Ich bin doch hier. Siehst du den Stuhl da? Du musst dich nur darauf setzen und ein bisschen etwas über Anne erzählen, vielleicht die Fragen beantworten die der Richter dir stellt." Trotzdem hatte ich Angst- vor so vielen Leuten die mich alle anschauen würden etwas zu sagen war nicht gerade meine Stärke.

„Nein, ich kann das nicht!", beharrte ich weiter auf meiner Aussage, während sich nun auch Chris einmischte, in dem er mich hochhob und mir damit einen besseren Blick über den Saal verschaffte.

„Mein Gott, bist du etwa schon wieder gewachsen? Hat sie zugenommen, Sandra? Du darfst ihr nicht immer so viel zu essen geben", scherzte er. „Schau mal, hier sind nur die drei da hinten und wenn nachher der Richter und seine Helfer rauskommen höchstens sechs Leute. So viele sind das gar nicht, in der Schule hast du doch auch schon mal ein Gedicht vor deiner Klasse vorgetragen." Ich war vor einem Monat in die Schule gekommen und immer noch stolz, wenn ich mit meinem Schulranzen über die Straße stolzierte.

„Das waren aber keine Erwachsenen." Ich wusste, dass es aber sowieso nichts brachte, ich musste das machen. Seit ich Sandra von dem Gespräch zwischen Anne und Misses Greek erzählt hatte, war alles plötzlich so kompliziert gewesen.

Jemand öffnete die wuchtige Eichentür, die daraufhin mit einem lauten Knall ins Schloss fiel und alle erschreckte. Ich drehte meine Kopf und lugte an Chris'Schulter vorbei nach hinten. Als ich sah wer gerade herein gekommen war zog ich meinen Kopf ein und versuchte mich so gut es ging hinter meinem Adoptivvater zu verstecken.

„Ich will hier weg!" Misses Greek stolzierte nach vorne, während sie allen Anwesenden einen eisigen Blick zuwarf. Als ihr Blick auf mich fiel, kniff sie ihre Augen noch mehr zusammen. Ich fing an zu wimmern.

„Können wir die Sache nicht abblasen, Chris? Ich will nicht, dass dadurch schlechte Erinnerungen in Lou hochkommen. Weiß Gott, sie hat sowieso schon genug durchgemacht."

„Und dafür in Kauf nehmen, dass eine Mörderin ihrer gerechten Strafe entgeht? Ich kann das einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, Sandra. Außerdem sind wir doch die ganze Zeit über hier und danach muss sie diese Frau nie mehr sehen."

„Okay." Sandra seufzte.

Plötzlich öffnete sich die Tür zu der etwas erhobenen Bühne am Kopf des Saales und ein Mann mit einer komischen Perücke und zwei Frauen traten heraus. Alle trugen schwarz und ich fragte mich, ob das eine Beerdigung war. Das hatte ich schon einmal im Fernsehen gesehen.

Neben Misses Greek, die sich in die erste Reihe auf der anderen Seite platziert hatte, saß noch ein Mann, mit dem sie ununterbrochen redete und die uns undenkbare Blicke zuwarfen. Beide wurden still, als der Mann in schwarz das Wort erhob.

„Die heute Anwesenden sind Verdächtige und Zeugen im Prozess Anne Sullivan. Nach einem Autounfall, dessen Ursachen noch ungeklärt sind, hat sich eine Zeugin zu Wort gemeldet, die ich nun nach vorne bitten möchte. Louise Cartier, bitte nehmen Sie vorne Platz." Chris stand auf, ich immer noch auf meinem Arm, und zwängte sich durch die Bank nach vorne. Ich klammerte mich an seinem Hemd fest und wollte nicht, dass er mich losließ.

Something like sorceryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt