Erzählung 17

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Ich blickte wieder zu Sven, der immer noch auf sein Messer starrte. Als würde er meinen Blick spüren hob er den Kopf und fixierte mich. „Denk erst gar nicht dran den woanders zu verwenden als in deinem Gesicht und zu dem wozu er gedacht ist." Ich schluckte und wandte meinen Blick ab. Dann nahm ich den Rasierschaum, verteilte ihn in meinem Gesicht und begann mit der Rasur. Es war etwas kniffliger, da ich noch nie so einen langen Bart gehabt hatte, doch ich schaffte es ohne mich zu schneiden. Als ich gerade die letzten Haare entfernte ging die Tür der Dusche auf und Chris trat heraus. Er nahm sich eins der Handtücher, die neben dem Waschbecken hingen. Als auch er wieder trocken war blickten wir uns an und mussten lächeln. „Jetzt siehst du wenigstens wieder aus wie mein großer Bruder", sagte Chris. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Das musst du gerade sagen", lachte ich und löste mich wieder von ihm. „Was sollen wir jetzt eigentlich anziehen?", fragte Chris an Sven gewandt. In diesem Moment öffnete sich die Badezimmertür und der andere Typ kam heran mit einem Stapel Klamotten auf dem Arm. Es waren graue bequeme Jogginghosen, schwarze enge Boxer wie ich sie meistens trug, schwarze T-Shirts, schwarze Socken, die nur bis zu den Knöcheln gingen und Sneakers. Erst da bemerkte ich, dass all unsere alten Sachen verschwunden waren. „Fertig?", fragte der Typ, der die Sachen gebracht hatte nachdem wir uns angezogen hatten. Ich nickte, doch Chris sagte leise: „Ich müsste vorher nochmal." Sven stöhnte genervt auf, erhob sich und stellte sich neben das Klo. „Geht das vielleicht auch ohne das einer von euch zuschaut?", motzte Chris nun und fing sich dafür einen bösen Blick ein, doch erstaunlicherweise verließen wirklich beide den Raum, ließen die Tür jedoch einen Spalt weit offen. Während Chris sich erleichterte drehte ich mich um. So viel Privatsphäre wollten wir uns dann doch beibehalten. Als er fertig war und Hände gewaschen hatte gingen wir zur Tür und öffneten sie langsam. Sven und der andere musterten uns als wir rauskamen und tasteten uns dann ohne ein Wort zu sagen ab. Vermutlich um auszuschließen das wir etwas aus dem Bad mitnehmen würden. Dann bekamen wir die Ketten mit den Hand- und Fußschellen wieder angelegt. Nach dieser Prozedur eskortierten sie uns nach draußen, wo Eva immer noch in ihrem Schaukelstuhl saß, nun allerdings mit einem gefüllten Glas in der Hand. „Ah endlich. Jetzt erkennt man euch wenigstens mal wieder." Sie lachte, stellte das Glas auf einen Beistelltisch neben ihr und stand auf. Dann trat sie auf uns zu und strich erst Chris und dann mir über die Wange. Als ihre Hand auf mich zukam zuckte ich erst zurück, ließ es aber doch geschehen nachdem Sven mir hinter Evas Rücken lächelnd einen Elektroschocker gezeigt hatte. Dann gingen wir in der gleichen Aufstellung wie vorhin wieder zurück in Richtung Loch. Als wir dort ankamen und Eva die Luke geöffnet hatte bekam ich plötzlich Panik und begann zu hyperventilieren. Chris stand sofort vor mir, umfasste meine Hände und starrte mir in die Augen. „Andy. Hey hey ganz ruhig. Wir bleiben nicht für immer da unten ok?", sprach er beruhigend auf mich ein. Ich nickte und wurde tatsächlich etwas ruhiger. „Stimmt doch oder?", fragte er nun an Eva gewandt. „Stimmt. Ich hab nicht vor euch ewig da unten einzusperren", meinte sie und es hörte sich so an als würde sie es ehrlich meinen. Das machte es aber kein Stück leichter gleich wieder die Leiter hinunter zu steigen müssen. „Umgedrehte Reihenfolge wie vorhin. Sven zuerst, dann Chris, ich und zum Schluss Andy. Tobi wartet hier oben." Ach ja Tobi hieß der Kerl. Zu unserem Erstaunen wurde Chris komplett von den Ketten befreit, während ich mich wieder hinknien musste. Diesmal kniete ich aber in Richtung Loch, sodass ich zusehen konnte wie erst Sven und dann Chris langsam in der Erde verschwanden. Mit einem Zwinkern zu mir kletterte nun auch Eva hinunter und Tobi half mir aufzustehen. Dann löste er meine Fesseln, packte mich fest am Arm und führte mich zur Luke, wo ich die Leiter hinunter kletterte. Es dauerte ein wenig bis ich mich an das spärliche Licht dort unten gewöhnt hatte. Chris saß auf der Matratze und verzog schmerzverzerrt das Gesicht. Eva kniete vor ihm und schien irgendwas an seinem rechten Fuß zu machen. Ich machte einen Schritt nach vorne um zu sehen was sie da tat. Auch Sven machte einen Schritt nach vorne um mich aufzuhalten, doch das war nicht mehr nötig als ich sah was Eva da machte.

Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt