"Ich will ja nichts sagen, aber eure Leiche ist abgehauen."

Der Neue im Team

Im Boston Police Departement war es alles andere als ruhig und im Moment wurde auch noch nicht sonderlich viel gearbeitet, denn alle warteten gespannt auf den „Neuankömmling", der die Sondereinheiten unterstützen sollte.
Aufgrund der erhöhten Gefahr bioterroristischer Angriffe wurden Agenten der BSAA (Bioterrorism Security Assessment Alliance) in die Großstädte auf die Polizeireviere geschickt, um im Notfall schnell eingreifen und die Leute anweisen zu können.
Die Person, auf die alle gespannt warteten und die jeden Momentdurch die Tür kommen könnte, war einige Ränge höher, als die meisten Polizisten - also rein theoretisch ihr Vorgesetzter.

„Ich hab' schon Mal mit einem von denen Bekanntschaft gemacht", erzählte Vince und nun lagen die neugierigen Blicke seiner Kollegen auf ihm.
„Und, wie war der so?", fragte Frost.
Er wollte wissen, was da in nächster Zeit auf ihn zukommen würde.
Vince verzog das Gesicht und man konnte bereits ahnen, was nun kam: „Also der war alles andere als freundlich - älter als ich und das menschliche Abbild einer Grumpy Cat."
„Grumpy Cat?", fragte Jane lachend, „Sowas kennst du?"
Frost stimmte in das Lachen ein und Vince schaute gespielt beleidigt drein.
„Aber ehrlich", begann Jane danach wieder, „Wenn das wirklich so ein Kotzbrocken war, was kommt dann auf uns zu?"
„Hoffentlich nicht so ein überkandidelter Besserwisser", meinte Frost.
Zustimmendes Nicken zog sich durch den Raum und im nächsten Moment öffnete sich die Tür.
Es wurde augenblicklich totenstill im Büro und alle starrten zur Tür, hoffend, dass niemand draußen gestanden und gelauscht hatte.
Dann könnten sie was erleben...


„Maura!", rief Jane aus und lachte erleichtert.
Durch die Tür war wider Erwarten keine Grumpy Cat auf zwei Beinen sondern die stets extravagant gekleidete Chefpathologin getreten.
„Ich muss zugeben, ich bin neugierig wer hier zu uns kommt, deshalb bin ich hergekommen. Aber wie ich sehe ist noch niemand hier", erklärte sie.
Sie hatte noch keine Gelegenheit bekommen mit jemanden von der BSAA zu sprechen und das wollte sie unbedingt noch nachholen, denn obwohl sie sich während ihres Studiums und der Arbeit auch mit Viren und Krankheiten auseinandersetzen musste, wusste auch sie noch nicht viel über das, was in letzter Zeit von vielen Gerüchten begleitet immer präsenter wurde.

Die Arbeit der BSAA bestand darin, Gefahren durch biologische Waffen zu beurteilen und abzuwenden, aber wie genau diese Gefahren aussahen wussten nur die Wenigsten - eine Tatsache, die Maura nicht einfach hinnehmen wollte.
Sie freute sich auf den „Besuch", im Gegensatz zu den meisten anderen. Vielleicht würde sie von ihrem neuen Kollegen etwas Interessantes erfahren, oder sogar die Gelegenheit bekommen einige Proben zu untersuchen - um etwas Wissen für Notfall anzusammeln, selbstverständlich.

Zusammen warteten sie nun auf den Agenten der BSAA, wobei einige von ihnen das Spekulieren trotz einiger Mahnungen von Maura und schließlich auch Vince noch immer nicht lassen konnte.
Erst als die Tür sich erneut öffnete, wurde es wieder totenstill und alle erstarrten. Sie schauten zu der Tür, erwartungsvoll, angespannt und neugierig, ob sich eine ihrer Visionen bewahrheiten würde.


„Hey, bin ich hier richtig?", fragte mit einer jugendlichen Stimme der junge Mann, der nun in der Tür stand und aufmerksam gemustert wurde.
Entgegen aller Erwartungen war er keineswegs alt, verbittert und voller Narben, sondern jung, topfit und trug ein fröhliches Lächeln auf den Lippen. Seine hellbraunen Haare waren kurz geschnitten und vorne hochgestellt und er trug sandfarbene Einsatzkleidung, dazu einen großen schwarzen Koffer in der Hand.
Was da wohl drin war?

Als ihm keiner antwortete setzte der Neuankömmling ein freches Grinsen auf, stemmte die freie Hand gegen die Hüfte und verlagerte sein Gewicht auf das linke Bein.
Maura war die erste, die sich wieder gefasst hatte: „Verzeihung, herzlich Willkommen im Boston Police Department. Sie sind sicher der Agent der BSAA, richtig?"
„Genau der bin ich", bestätigte ihr der junge Mann.
„Freut mich sehr", sagte die Pathologin, stand auf, ging zu ihm und reichte ihm die Hand, „Ich bin Maura Isles, Chefpathologin."
„Jane Rizzoli, Mordkommission", sagte die Dunkelhaarige daraufhin.
„Barry Frost, ebenfalls Mordkommission", klinkte er sich ein.
„Vince Korsak, ich gehöre auch dazu", ergänzte der Chef der Einheit.
„Freut mich. Ich bin Piers Nivans, First Lieutenant und Second in Command des Alpha Team der BSAA, Abteilung Nordamerika", beendete der junge Mann die Vorstellrunde.

Man staunte nicht schlecht.
Ein so hochrangiger Soldat war dazu abgestellt worden hier im Notfall für Ruhe zu sorgen. Und das bedeutete entweder, dass es absolut gar nichts zu tun gab, oder dass sie alle schon richtig tief in der Scheiße saßen.
Gehofft wurde auf Ersteres.

Maura war entzückt: „Piers Nivans? Ich habe den Namen schon in einigen Artikeln gesehen... Demnach sind Sie einer der besten Scharfschützen der BSAA!"
„Ich bin der Beste", betonte Piers grinsend und sichtlich stolz auf seine Leistung, „Aber können wir uns nicht lieber duzen? Das macht die Sache freundschaftlicher."
Er erhielt direkt freundliche Zustimmung und befand, dass die Zeit vermutlich ziemlich entspannt werden würde. Die neuen Kollegen waren zumindest im Moment sehr freundlich und wirkten nicht aufgesetzt, sondern ehrlich.
Hoffentlich würde er ihnen genauso vertrauen können, wie seinem Team.

„Ich bin echt gespannt, wie du dich anstellst, wenn es ernst wird", meinte Korsak und lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück.
Scharfschütze schön und gut, aber von der Armee und ähnlichen Institutionen hielt der Ältere bisher nur wenig. Aber wer weiß, vielleicht konnte der „Neue" ihn ja doch noch ein wenig umstimmen.


Der Vormittag war entspannt gewesen. Sie hatten sich im Büro sowohl über die Arbeit des BPD unterhalten, als auch darüber, was Piers vor Ort genau tun sollte.
Etwas wirklich Neues war dabei nicht herum gekommen, aber jetzt kannten sie einander etwas besser und hatten festgestellt, dass sie in dieser Konstellation durchaus gut zusammenarbeiten konnten.
Den Rest des Tages und auch die nächsten verbrachte Piers damit zwischen der Mordkommission und der Forensik hin und her zu laufen und sich mit allen möglichen Leuten über diverse Sicherheitshinweise und ähnliches zu unterhalten.
Bei Maura blieb er meist etwas länger, sie war wesentlich neugieriger als die anderen, obwohl die auch schon viele Fragen stellten. Jedoch musste Piers noch öfter wiederholen, dass er angewiesen wurde nicht mehr als die Sicherheitshinweise preiszugeben und nur im äußersten Notfall selbst einzugreifen.
Mit der Info waren bei weitem nicht alle zufrieden, aber bevor es keinen „Notfall" gab würden sie auch nichts erfahren. Da konnten sie noch so häufig fragen... Der Soldat wusste seine Befehle zu befolgen.
Aber wenigstens nahm er an der Arbeit teil und selbst, als es einen Mordfall gab war er mit dabei.