Tjelvar

17. Kapitel

Das Boot war unbewacht.

Sehr seltsam!

Die Wikinger hatten damals ihr Boot nicht einen Moment aus den Augen gelassen. Immer war einer Wache beim Boot gestanden, als es erst einmal seetüchtig gewesen war.

Kierra rannte so leise wie möglich den Steg entlang und hüpfte in das Boot.

Anerkennend pfiff sie durch die Zähne.

Cormac und seine Zimmerleute hatten wirklich viel von Runar gelernt. Sie fragte sich nur, wie er das alles in der kurzen Zeit geschafft hatte. Schließlich hatte er noch seine Ländereien verwaltet und auch die Hochzeitsvorbereitungen hatten ihre Zeit gekostet. Und nun war hier ein fertiges Boot. Er war wirklich fleißig gewesen.

Sie schlich sich an den Sitzen vorbei, die neben den Rudern befestigt waren.

Im Heck des Bootes fand sie einen Unterstand, der voll mit Waren war. Sie räumte ein paar Kisten zur Seite und warf ihr Bündel in die hinterste Ecke. Sie musste es nur schlau genug anstellen, dann würde sie niemand entdecken, bis eine Rückkehr unmöglich war.

Sie stellte wieder ein paar Kisten an ihren Platz und kauerte sich so weit nach hinten wie möglich.

Die Sonne würde bald aufgehen.

Hoffentlich schaute nicht noch jemand hinter die Kisten. Bald würde es losgehen. Und dann würde sie endlich Tjelvar wiedersehen!

„Bei allen Göttern. Sie ist endlich auf dem Boot! Ich schwöre, wenn sie noch länger gebraucht hätte, wäre ich ohne sie los gefahren!"

Cormac atmete tief durch, während Aodh ihn angrinste.

„Jetzt stell dich nicht so an. Sie musste abwägen, was für sie wichtig genug war um es mit zu nehmen. Es ist sehr wenig, das musst selbst du zugeben."

Cormac grinste.

„Aber die fünf Kisten, die du mir schon vor der Hochzeit gebracht hast, sind voll!"

Aodh lächelte.

„Sie ist meine Schwester. Ich weiß, was ihr wichtig ist. Und meine Mutter hat auch einiges gepackt. Und denke an den Beutel mit Gold, den dir Vater für die Überfahrt gegeben hat!"

Cormac schnaubte.

„Ich hätte sie auch so mitgenommen und ihr wisst das auch."

Aodh legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Das wissen wir. Du bist ein echter Freund, Cormac!"

Cormac lachte leise.

„Fragt sich nur, für wen."

Aodh hob eine Augenbraue.

„Wie meinst du das?"

Cormac zuckte mit den Schultern.

„Na ja, du hast doch selbst gesagt. Kierra ist deine Schwester. Meinst du, ich tue Tjelvar damit einen Gefallen, wenn ich sie ihm bringe?"

Aodh versuchte ein Lachen zu unterdrücken. Denn wenn Kierra mitbekommen würde, dass er da war, würde sie den Plan sofort durchschauen.

„Cormac! Er wird mit ihr fertig werden. Ansonsten...das ist dann nicht mehr unser Problem!"

Nun lachten beide und hielten sich gleichzeitig den Mund zu.

Ja, in ihren Augen war Tjelvar wirklich nicht zu beneiden!

Egil sah auf den Fjord und atmete tief ein.