Die Tage vergingen. Verliefen immer im gleichen Trott. Durch den Spalt in der Decke bekamen wir nun eine Ahnung welche Uhrzeit wir ungefähr hatten und wie der Tag vorüberging. Was nicht immer von Vorteil war. Oft saß ich da, beobachtete den herumfliegenden Staub im Licht, fragte mich wann die Sonne wohl untergehen würde und ich in den Schlaf sinken konnte. Doch der brachte selten Erholung. Oft schreckte ich mitten in der Nacht auf und versuchte die Bilder der Alpträume loszuwerden. Chris ging es nicht besser und so saßen wir fast jede Nacht nebeneinander und erzählten uns unsere Träume, auch wenn der andere ihn schon kannte. Auch in dieser Nacht wurde ich durch einen lauten Schrei geweckt nur um festzustellen das es mein eigener gewesen war. Mein Bruder, der mal wieder auf meiner Brust geschlafen hatte, schlug gerade seine Augen auf, hob seinen Kopf und fixierte mich. „Hey alles ist gut. Es war nur ein Traum. Schhhhhh", versuchte er mich zu beruhigen, setzte sich auf und schloss mich fest in seine Arme. Ich lehnte mich an seinen Brustkorb und lauschte seinem Herzen, während ich durch sein Shirt seine Rippen an meiner Wange spüren konnte. Eine Träne stahl sich aus meinen Augen. Wegen meines Traums, aber auch weil Chris mehr und mehr abmagerte. Er war ja schon immer dünn gewesen, doch die fehlende Bewegung und das karge Essen nahmen ihm auch die letzten Muskeln, die er besessen hatte. Und bei mir sah es nicht besser aus. Zwar zeichneten sich bei mir noch nicht die Rippen ab, doch als gesund würde man mich vermutlich auch nicht bezeichnen. Ich wollte nicht sterben. Nicht hier an diesem Ort. In dieser Situation. Ich wollte nach Hause. Ich wollte weiter mit meinem Bruder zaubern, meine Kinder aufwachsen sehen und irgendwann wenn wir alt und runzelig sind mit meiner Frau auf dem Sofa sitzen und unseren Enkeln beim Spielen zusehen. Ich spürte wie Chris sein Kinn auf meinem Kopf ablegte und leicht nach rechts und links zu schaukeln begann. Ich schloss meine Augen und war irgendwie froh, dass er bei mir war und wir das zusammen durchstehen würden. „Willst du es mir erzählen?" Ich verkrampfte mich als ich die Bilder wieder vor mir sah, doch dann begann ich:
Ich stand an einem Ort, den ich auf den ersten Blick nicht kannte. Es war dunkel und Nebel waberte über den Boden und machte es unmöglich zu sehen wo man hintrat. Rechts und hinter mir war eine gut 2 Meter hohe Hecke. Viel weiter hinten links konnte ich ein großes Gebäude entdecken. Vor mir erkannte ich nichts. Vorsichtig, um nirgendwo anzustoßen, lief ich langsam vorwärts. Ich blickte mich um und sah immer wieder große Steine aus dem Nebel am Boden ragen. Ich ging etwas näher heran um sie mir genauer anzuschauen. Je näher ich kam desto mehr hatte ich eine Vermutung wo ich mich befand und als ich direkt vor einem der Steine stand bewahrheitete sich diese: Ich war auf einem Friedhof. Da hörte ich ein leises Schluchzen und wandte mich in die Richtung aus der ich das Geräusch vermutete. In ein paar Metern Entfernung entdeckte ich mehrere Personen. Es schienen eine Frau und 3 Kinder zu sein. Ich kam näher, doch sie schienen mich noch nicht bemerkt zu haben. „Mama", hörte ich eine Mädchenstimme sagen und das kleinste der Kinder trat vor und streckte die Arme nach der Frau aus. Diese nahm das Mädchen hoch und nahm die anderen 2 Jungs an die Hand. Eine weitere Ahnung überkam mich und ich beeilte mich die letzten Meter zu überbrücken. Doch kurz bevor ich sie erreicht hatte knallte ich plötzlich gegen eine unsichtbare Wand. Ich streckte meine Hände nach vorne und spürte etwas Hartes unter meinen Finger, das sich wie eine Glasscheibe anfühlte. Doch zu sehen war absolut nichts. Ich blickte wieder zu der Frau mit den Kindern und mein Herz setzte für einen Moment aus. „Lily! Paul! Sascha! Petra!", schrie ich, doch sie reagierten nicht. Ich klopfte und schrie immer wieder ihre Namen, doch keine Reaktion. Mein Blick schweifte zu dem Grabstein auf den die 4 gebannt schauten und was dort stand ließ vor Schreck zurückstolpern:
Andreas Reinelt
Geliebter Ehemann, Vater, Bruder, Sohn und Freund
*01.02.1978
Verschwunden im Juli 2016
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Ihr. Entkommt. Nicht!
FanficEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...