Prolog

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„Wer hat Angst vorm Ungeheuer
welches nachts den Tod verspricht
doch der Feind er ist kein neuer
der jetzt ein altes Bündnis bricht

Gelbe Augen und kein Herze
kommen auf dich zu
pass auf da kommt die dunkle Schwärze
und jetzt bist's auch du"

Das Mädchen summte die Worte vor sich hin, die es schon sein ganzes Leben lang hörte. Es war ein Lied dem es lauschte, jedes Mal, wenn es bei seiner Großmutter war und diese in Gedanken verloren ihrer täglichen Arbeit nachging. Das Mädchen hatte nie einen Grund darin gesehen, über diese Worte nachzudenken- wozu auch?

Es hüpfte durch den Wald und störte sich nicht daran, dass der Sonnenuntergang schon längst vorbei war. Das Mädchen war bis jetzt immer nach Hause gekommen bevor der Mond erschien, bis auf die eine Ausnahme. An jenem Tag hatte es sich selbst versprochen, nie wieder zu spät bei Tisch zu erscheinen. Das Mädchen wurde nicht gerne geschlagen, es bevorzugte es, wenn seine Mutter keinen Grund hatte, sich aufzuregen.

Aber heute war ein anderer Tag, heute würde das Mädchen keine Schläge erwarten, dessen war es sich sicher.

Und so schlenderte das Mädchen durch die dunklen Schatten immer tiefer in den stillen Wald hinein, bis es schließlich Licht sah und folgte diesem. Der Weg führte es zwischen Bäume und Sträucher hindurch, bis das Kind ganz in der Nähe Wasser plätschern hörte und vor sich eine Höhle entdeckte. Die Höhle wurde von Gaslaternen beleuchtet, welche auch im Dorf an den Hausmauern hingen. Das Mädchen beendete seinen Gesang und duckte sich instinktiv um besser mit der Dunkelheit verschmelzen zu können. Zum ersten Mal, seit es den Wald heute betreten hatte, verspürte das Mädchen Unbehagen. Nach kurzem Zögern überwiegte die Neugierde, das Mädchen gab seine Deckung auf und schlich auf leisen Sohlen in Richtung des Lichts. Im Inneren der Höhle tauchte am Ende einer langen, glänzenden Blutspur, welche direkt aus dem dunklen Wald herausführte, allmählich eine menschliche, mit dem Rücken zu dem Mädchen gedrehte Gestalt auf.

Ehe es begreifen konnte, welch vertraute Silhouette es in der Höhle erkennen konnte, spürte das Mädchen einen warmen, nach Metall riechenden Windhauch an seinem Ohr. Es drehte sich langsam um und blickte in große, gelbe Augen, so wunderschön wie der Vollmond selbst. Im gleichen Moment in dem die Bestie sein gigantisches Maul aufriss und das Mädchen die blutverschmierten Hauer erblickte, erkannte es zum ersten und letzten Mal in seinem jungen Leben, was es bedeutete, wahre Todesangst zu erleben.

So jung und unerfahren das Mädchen auch war, mit einem hatte es recht, geschlagen wurde es heute nicht mehr.
Und so zerbarst die stille Nachtluft im letzten Schrei eines unschuldigen Kindes.

Dark Forest- WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt