《5 - du kommst morgen Abend zu mir》

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"Und hat er sich bewährt?", fragte meine Mutter mich beim Abendessen.
"Wen meinst du?", fragte ich mit vollem Mund, weswegen ich sofort einen ermahnenden Blick kassierte.
"Herr Bergmann natürlich."
Auf das Gesicht meiner Mutter schlich sich bei seinem Namen sofort ein verliebtes Lächeln. Kotz.
"Joa."
"Erzähl mal was von ihm.", forderte meine Mutter. Ich wusste, dass sie sich bestimmt an ihn rann machen wollte, was ich mehr als nur fragwürdig empfand. Deswegen schritt ich sofort ein.
"Werde ich bestimmt nicht. Mama hör auf den armen Bergmanm so anzugeiern. Weißt du wie gruselig das ist?! Der Mann ist mein Lehrer und außerdem viel zu jung für dich! Nur weil Papa nicht mehr unter uns weilt, heißt das noch lange nicht, dass du dich an jeden daher gelaufenen Typen rann schmeißen kannst!"
Wütend sprang ich auf und rannte in mein Zimmer. Ich schloss die Türe zu und schmiss mich weinend auf mein Bett.
Es schmerzte, dass Papa seit einiger Zeit fehlte und, dass Mama ihn so schnell vergessen hatte.
Hatte er ihr nie etwas bedeutet?
Sie hatten so oft Streit. Ob sie sich überhaupt noch geliebt hatten?
Vielleicht waren es die Streits, die Papa ja dazu bewogen Suizid zu begehen.
Er hatte sich damals im Keller erhangen und ich war es, die ihn so fand.
Bis heute konnte ich dieses Bild nicht vergessen, meinen leblosen Vater so zu sehen.
Ich griff nach der nähsten Packung Taschentücher und schnäutzte mir die Nase.
Mein Herz brannte vor Trauer.
Unzählige Tränen überströhmten meine Wangen.
Ich drückte meinen Kopf fest in mein Kissen und schrie den inneren Schmerz raus, auch wenn mir das nicht mal ansatzweise gelang.
Wie sehr wünschte ich mir in diesem Moment nur meinen Vater her um endlich diese Fragen, die mir auf der Seele brannten, beantwortet zu bekommen.

Warum hatte er sich umgebracht?
Gab es keine andere Lösung mehr für ihn?
Warum begab er sich nicht in psychiatrische Hilfe?
Warum redete er mit niemandem?
Und
Warum hatten er und meine Mutter immer Streit?

Ich musste mich ablenken, sonst würden mich wieder dunkle Gedanken heimsuchen.
So entschloss ich mein Handy anzuschalten und Jule zu schreiben.

Ich: Hey, sorry, dass ich nicht schreiben konnte, ich musste sehr viel lernen und habe jetzt zum ersten Mal wieder Zeit gefunden.

Jule: Mara du musst mal wieder mit uns was unternehmen!

Ich: Ich versuch's einzurichten.

Jule: Du versuchst das nicht, du machst das? Haben wir uns verstanden?!

Ich: Ja, Mama. 🙄

Jule: Guut. Und wie ist dein Lehrer so?

Ich: Ganz gut. Der kifft sogar. Haben heute zusammen einen Joint geraucht.

Jule: Sowas nennt man doch einen guten Lehrer! Aber ey, du kiffst mit UNS und niemand anderem.

Nun befand ich mich in einer Zwickmühle.
Sollte ich ehrlich zu ihr sein? Doch wenn ich ihr erzählen würde, dass ich nur noch mit Tim, meinem Lehrer (!), kiffe, würde sofort ein Streit ausbrechen und dann hätte ich sofort den Hass meines Freundeskreises auf mir.

Ich: Was das angeht....ich hab beschlossen das Kiffen zu lassen. Ich muss eine andere Lösung finden mit Stress umzugehen.

Jule: Aha, alles klar. Was ist denn mit dir los?!

Ich: Warum denn? Ist doch meine Entscheidung!

Jule: Egal, du kommst morgen Abend zu mir, dann hängen wir mal alle wieder zusammen ab.

Ich: Ich versuche zu kommen.

Jule: Du kommst!

Ich: Jaja.

Ich beschloss mein Handy wegzulegen. Zwar war mein Vater aus meinem Kopf verschwunden, doch nun machte mir ein anderes Problem zu schaffen.

《Rückblick》

"Ich finde, dass du heute sehr gut mitarbeitet hast.", lächelte Tim stolz.
"Naja, vielleicht musst du ja ab jetzt jeden Tag Gras mitbringen.", grinste ich.
"So weit kommt's noch.", lachte Tim ironisch.
"Einen Versuch wars wert."
"Mara, ich hätte da mal eine Frage."
"Die wäre?", fragte ich interessiert.
"Können wir morgen länger Nachhilfe machen? Wir sind mit dem Zeitplan im Verzug."
Ich nickte verständlich.
Was sein musste, musste halt sein.

《Rückblick ENDE》

Ich war nicht dazu in der Lage zu Jule zu gehen, meine Situation ließ es nicht zu.
Tim musste mit mir Unterricht machen und ich hatte zugesagt.
Doch ich konnte doch nicht meine Freunde im Stich lassen, auch wenn dies nur fair gewesen wäre, weil sie mich schließlich damals in der Disco auch im Stich gelassen hatten.
Mein Gefühl gegenüber meinen Freunden war ziemlich mulmig.
Vielleicht hatte Herr Bergmann Recht und die Prioritäten meiner Freunde waren wirklich komisch.
Ach was redete ich da. Jule wollte doch, dass ich zu ihr käme, das musste doch heißen, dass ich eine hohe Priorität ihrerseits war.
Womöglich brachte ich mich gerade auch unnütz durcheinander und sollte schlafen gehen.
Doch plötzlich klopfe es an der Tür.
"Mara?", drang die Stimme meiner Mutter  sanft durch die Tür.
"Was willst du?!", fragte ich wütend.
"Darf ich rein kommen?"
"Nein und jetzt verschwinde!"
"Na gut, aber wir reden noch.", versprach sie warnend.
Doch dies war mir egal, ich wollte im Moment nichts von ihr wissen.

Nicht schon wieder er! 《Herr Bergmann FF》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt