Oh Tannenbaum

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„Hey Dornröschen."


Eine sanfte Männerstimme weckte Shaina aus einem ziemlich verwirrenden Traum. Offenbar hatte ihr Unterbewusstsein noch weiter über Bruder John Paul Marys Mund nachgedacht, denn sie war von riesigen Lippen verfolgt worden. So etwas Seltsames hatte Shaina schon seit ihrer Kindheit nicht mehr geträumt. Es war amüsant und beängstigend zugleich gewesen.


Jetzt berührte eine Hand Shainas Schulter und rüttelte sie vorsichtig. „Dornröschen", sagte die Männerstimme wieder. „Aufwachen. Es wird Zeit."


Shaina stöhnte leise auf und öffnete nur widerwillig die Augen. Sie hatte das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein. Aber obwohl sie noch im Halbschlaf war, erkannte Shaina die Stimme sofort. Also war sie tatsächlich zu Bruder John Paul Mary ins Zimmer gegangen und hatte die Nacht bei ihm verbracht.

Unweigerlich breitete sich ein Lächeln auf Shainas Gesicht aus und sie war nicht überrascht, dass das Erste, was sie sah als sie die Augen öffnete ein Paar tiefblaue Augen waren, die sie amüsiert betrachteten.


„Ah. Dornröschen ist wach", stellte Bruder John Paul Mary schmunzelnd fest. „Hast du gut geschlafen?"

„Wie ein Stein", nickte Shaina. „Bis auf einen seltsamen Traum." Sie runzelte die Stirn. „Aber wieso nennst du mich Dornröschen?"

„Weil du so tief und fest geschlafen hast", erklärte Bruder John Paul Mary. „Ich dachte schon, ich kriege dich nie wach." Er grinste. „Und was deinen Traum betrifft... Ich hoffe, er war angenehm. Du weißt ja, was man über Träume sagt, die man in der ersten Nacht hat, in der man woanders schläft. Sie gehen in Erfüllung."

„Hm. Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will", antwortete Shaina stirnrunzelnd. „Dafür war der Traum viel zu seltsam." Sie sah Bruder John Paul Mary an. „Bist du schon lange wach?"

„Noch nicht allzu lange", gab Bruder John Paul Mary Auskunft und schmunzelte. „Aber definitiv lange genug, um dich beim Schlafen zu beobachten." Er grinste. „Ich hatte vergessen, wie schön es sein kann, einer Frau beim Schlafen zuzusehen."

Shaina spürte wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Bruder John Paul Mary hatte sie also beobachtet. Das war mehr als peinlich.

„Na, hoffentlich hab ich nicht gesabbert", versuchte Shaina zu scherzen. „Oder im Schlaf geredet."

Bruder John Paul Mary lachte. „Keine Sorge. Das hast du beides nicht gemacht." Er zwinkerte Shaina gutgelaunt zu. „Obwohl es wahrscheinlich ganz interessant gewesen wäre, dich im Schlaf reden zu hören." Er sah Shaina an. „Aber im Ernst", beruhigte er sie. „Du hast vollkommen friedlich da gelegen. Das sah wirklich niedlich aus."


Wieder errötete Shaina und war kurz sprachlos. Was wurde das gerade? Flirtete dieser freche Mönch etwa mit ihr? War das überhaupt erlaubt? Was war mit seinem Zölibat? Ganz so ernst schien er es nicht zu nehmen. Oder? Immerhin hatte er schon zugegeben, dass es ihm nicht gerade leicht fiel, keusch zu bleiben. Irgendwie wunderte Shaina das nicht – genau so wenig wie der Gedanke, dass die Frauen ihrem Lieblingsmönch zu Füßen gelegen hatten. Oder es vielleicht sogar noch taten. Er war unglaublich charmant und offenbar ein richtiger Flirtexperte.

Shaina konnte Bruder John Paul Mary nur anstarren. Ihr war ein wenig schwindelig und ihre Gedanken schlugen Purzelbaum. Sie schaffte es kaum, in Bruder John Paul Marys funkelnde Augen zu schauen, die sie belustigt musterten. In ihrem Bauch kribbelte es und ihr Herzschlag beschleunigte sich bei diesem Blick, der ihr durch Mark und Bein ging. Was war bloß los mit ihr? So etwas hatte sie noch nie bei einem Mann gefühlt – aber es war irgendwie schön. Am liebsten hätte Shaina jetzt die Arme um Bruder John Paul Marys Hals gelegt und ihn geküsst. Sein Gesicht war ihrem so nahe, dass es sie fast berührte und sie spürte Bruder John Paul Marys leichten Atem auf ihrer Haut. Sie musste nur die Hand ausstrecken und dann...

A new beginning (All I want is you)Where stories live. Discover now