Anfang vom Ende

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Es war zu perfekt gewesen. Der Satz ging Anna immer und immer wieder durch den Kopf.
Daniel und sie hatten sich gestritten und zwar heftig. Am Ende hatte er sie gegen eine Wand geschubst und sie ihn geohrfeigt. Beides hätte nicht passieren dürfen.
Kettenreaktion.
Auf seinen Fehler, folgte ihr Fehler.
Sie beide waren Schuld.

Er war einfach weggerannt. Sie hinterher. Er schrie sie an. Sie blieb stehen. Er verschwand.
Sie hätte hinterher sprinten sollen.
Sie beide waren Schuld.

Immer wieder wiederholte Anna diesen Satz in ihrem Kopf:
“Sie beide waren Schuld!“

Schuld am Streit.

Er hatte Geheimnisse vor ihr. Sie ließ ihn nicht in Ruhe. Bohrte immer weiter nach. Er rastete aus. Gestand er hätte anfangs alles aus Spaß begonnen. Aber er würde sie lieben. Liebte sie.

Sie beleidigte ihn.
Schrie ihn an, sie hätte Mirco geküsst, letztens beim Dorffest.
Aber sie liebte ihn. Würde ihn lieben.

Schuld an den Zweifeln.

Sie beide waren nicht offen gewesen.
Es hatte doch alles auf Lügen basiert. Was von all dem war denn überhaupt wahr? Was erfunden und vorgegaukelt?

Schuld am Ende ihrer Beziehung?

Hier war Anna sich nicht sicher. Keiner hatte gesagt, dass er Schluss machte. Viele unschöne Wörter waren gefallen. Vieles ans Licht gekommen. Aber die Beziehung offiziell für beendet erklärt hatte keiner.
Nur würde erst jemand den ersten Schritt gehen müssen, damit noch Hoffnung bestand.
Sie bezweifelte stark, dass er es tun würde und wusste gleichzeitig, dass sie sich kaum dazu überwinden könnte.

Also war es das wohl doch. Das Ende ihrer Beziehung. Immerhin ein paar Monate hatte es gehalten. Ihr Geburtstag war lange her.
Viel war passiert.

Aber was sollte das schon, jeden Tag trennten sie vermutlich tausende Paare und ebenso viele kamen zusammen.
So lief das im Leben.

Wer konnte schon behaupten mit seiner erstem großen Liebe für immer zusammengeblieben zu sein? Kaum einer.

Ja, ihre erste große Liebe. Das war er. Das würde er immer sein. Auch ihr erster Kuss und ihr erstes mal.
Alte Liebe, neue Liebe.
Alles veränderte sich.

Nur wollte sie das?
Einmal musste es doch für sie möglich sein, über ihrem Schatten zu springen.
Einmal musste sie doch mal den ersten Schritt gehen.
Einmal.

Doch sie tat es nicht.

Stattdessen versank sie in Selbstmitleid und löschte gemeinsame Bilder auf ihrem Smartphone.

Er war nicht besser, bei weitem nicht.
Auch er verbarrikadierte sich auf seinem Zimmer. Fluchte und ging schnell dazu über sich abzulenken.
Mit vielen Freunden zu treffen. Ihnen im Suff erst zu erzählen, was sie für eine Schlampe sei und dann, dass er sie immernoch liebte.

Das ganze zog sich hin. Viele redeten darüber. Das freakige Mädchen und der Badboy. Funktionierte doch eh nur in Geschichten.
Die Erde drehte sich weiter und die Zeit würde vergehen.
Bald gäbe es neue Gesprächsthemen und die Sache wäre für die meisten vergessen.

Das Leben ging weiter, nichts weiter war passiert. Alles Gut.

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Ich bin da.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt