Langsam stand Shaina jetzt auf. Sie war noch vollkommen überwältigt von ihren Gefühlen und ihre Beine waren etwas wackelig.
Paddy trat schnell heran, um Shaina aufzuhelfen. „Alles in Ordnung?", fragte er besorgt. „Geht es dir gut, Blossom?"
Shaina nickte stumm. Reden konnte sie jetzt nicht. Keine Worte konnten in diesem Moment auch nur annähernd beschreiben, was
Etwas später trafen sich Paddy und Shaina wie verabredet am Friedhof, um gemeinsam Angel zu besuchen. Paddy war seit Jahren nicht mehr hier gewesen und hatte unterwegs noch ein kleines Stofftier besorgt, dass er auf das Grab legen wollte. Er war gespannt, wie das Grab jetzt wohl aussah, denn Patricia war schon weggezogen, bevor der Grabstein aufgestellt worden war und er hatte es nur auf Fotos gesehen, die Shaina ihm gezeigt hatte. Darauf sah das Grab allerdings sehr schön und liebevoll gestaltet aus.
Als Shaina kurz nach ihm am Friedhof ankam, begrüßte Paddy seine Freundin mit einem zärtlichen Kuss und zeigte ihr den niedlichen Teddybären, den er für Angel besorgt hatte. Shaina freute sich sehr darüber und gab Paddy noch einen Kuss. Er flüsterte ihr noch einmal die drei Worte ins Ohr, die ihm vorhin so spontan über die Lippen gekommen waren. Es fühlte sich absolut richtig an und nichts in Paddys Innerem sperrte sich dagegen. Shaina war erst die dritte Frau in seinem Leben, zu der er „Ich liebe dich" sagte, denn er fand diese Worte zu groß und zu mächtig, um sie einfach so daher zu sagen ohne sie auch wirklich so zu meinen. Aber er spürte, dass es bei Shaina genau so war – er liebte sie und wollte sein Leben mit ihr teilen. Und er konnte sich sogar tatsächlich vorstellen, ihre Liebe mit einem Schwur vor Gott zu krönen, aber damit wollte er noch etwas warten. Auch wenn er noch bei keiner Frau etwas Ähnliches empfunden hatte, wollte er nichts überstürzen. Knapp vier Monate waren noch keine lange Zeit.
Shaina strahlte, als Paddy ihr noch einmal „Ich liebe dich" ins Ohr flüsterte und auch sie wiederholte diese Worte. Sie hatte diese Worte noch nie zu einem Mann gesagt – nicht einmal zu Raphael, mit dem sie mehrere Monate ein Paar gewesen war. Aber genau wie für Paddy fühlte es sich jetzt auch für sie richtig an. In seiner Nähe fühlte sie sich komplett – wie die Kugelmenschen bei Camus, die nur miteinander ein Ganzes ergeben konnten. Paddy gab ihr Sicherheit, Stärke und Mut. Wenn er bei ihr war kribbelte ihr ganzer Körper und wenn er fort war, vermisste sie ihn unendlich. Das musste Liebe sein. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu sein und jede noch so kurze Trennung von Paddy fiel ihr wahnsinnig schwer. Wenn Paddy sie irgendwann fragen würde, ob sie für immer an seiner Seite bleiben wollte, würde sie ohne Nachzudenken „Ja" sagen. Er war der Mann mit dem sie sich alles vorstellen konnte und der sie zum Strahlen brachte.
Hand in Hand schlenderten Paddy und Shaina langsam über den Friedhof zu Angels Grab. Shaina war diesen Weg mittlerweile so oft gegangen, dass sie ihn auswendig kannte – genau wie die Grabsteine, an denen sie auf ihrem Weg vorbei kamen. Wie jedes Mal waren neue Gräber auf dem Friedhof dazugekommen und es gab kleine Erdhügel mit frischen oder langsam trocknenden Kränzen. Jetzt zu Beginn des Frühlings wirkte der Friedhof auch nicht mehr so trostlos und traurig. Auf den Rasenflächen streckten erste Frühlingsboten vorsichtig ihre Köpfe aus der Erde und auch an den Bäumen zeigten sich nach den ersten warmen Sonnenstrahlen der letzten Tage erste zarte neue Triebe. Es war jedes Mal ein Wunder, wenn die Natur ganz langsam aus ihrem Winterschlaf erwachte und neues Leben zeigte – selbst an einem Ort wie diesem, an dem eigentlich der Tod regierte. Aber das Wunder Gottes war stärker als der Tod – genau wie Jesus es prophezeit hatte. Niemand konnte sich dagegen wehren.
Shaina atmete die frische, angenehm warme Luft tief ein. Die Sonne schien von einem leicht bewölkten Himmel und prickelte angenehm auf ihrer Haut. Es war unglaublich, aber selbst an diesem Ort der Trauer spürte sie so etwas wie Hoffnung. Glück war das falsche Wort, aber dass selbst hier unaufhaltsam der Frühling Einzug hielt, zeigte, dass es immer irgendwie weiter ging. Selbst an einem traurigen, düsteren Ort wuchs neues Leben – durch das Wunder Gottes. Es konnte fast keinen symbolträchtigeren Ort geben, um Gottes Liebe und Allmacht zu spüren. Er war überall und ließ seine Kinder nie wirklich allein – erst recht nicht in ihren düstersten Stunden. Das wurde Shaina wieder einmal bewusst. Und trotz allem spürte sie eine tiefe Dankbarkeit. Auch sie war innerlich tot gewesen, aber wie die Natur im Frühjahr war auch sie wieder zum Leben erweckt worden – durch Gottes Liebe, die ihr wunderbare Menschen geschickt hatte.
YOU ARE READING
A new beginning (All I want is you)
FanfictionEine junge verzweifelte Frau und ein junger Mönch. Eine zarte Liebe. Haben sie eine Zukunft? Wie groß sind die Schatten der Vergangenheit?