When I first saw you #Kleider (Klengan + der Heider)

Unglück

Timon war verzweifelt. Nicht, dass er vor Flo das zugegeben hätte, aber als er alleine im Bad saß, und nachdachte, wurde es ihm immer mehr bewusst. Es war unmöglich, eine Wohnung in Köln zu finden, erst recht nicht innerhalb dieses knappen Zeitraums. Er hatte schon darüber nachgedacht, einfach nach Regensburg zu ziehen und das Studium dort fortzuführen, aber das war vermutlich etwas zu voreilig, außerdem wollte er sich ja nicht einfach aufdrücken. Nein, es gab keine Möglichkeit, dafür eine gescheite Lösung zu finden. Und deshalb war er verzweifelt. Und außerdem hallten in seinem Kopf immer noch die Worte seines Vaters.
"Du bist nicht mein Sohn" hatte dieser gesagt, ach was, geschrien und ihn gehen lassen. Es lag seinem Vater also doch nichts an ihm. Er war schließlich der einzige Sohn, der einzige der die Familie weiterführen könnte. Aber dass er deshalb so aurasten musste, war doch extrem übertrieben. Kein Wunder dass seine Mutter sich damals von ihnen getrennt hatte. Das Temperament hätte er auch nicht ausgehalten.

Später, als die beidem im Bett lagen und Flo noch leise aber schnell atmend mit seinen Haaren spielte, hatte ihn das Thema immer noch nicht ganz losgelassen. Ja, das eben war perfekt gewesen, und hatte sich einfach nur richtig angefühlt, und er hatte jeden einzigen Moment davon ganz ausgekostet, aber jetzt, wo sein Herzschlag sich langsam aber stetig wieder einkriegte, so wie der von Flo anscheinend auch, immerhin hatte Timon seinen Kopf auf dessen Brust gelegt, musste er sich wieder daran erinnern, was sein Vater zu ihm gesagt hatte. Ihm war die Wut, die Enttäuschung und vor allem der Hass buchstäblich ins Gesicht geschrieben gewesen. Aber was noch viel schlimmer gewesen war, sein Vater hatte sich seinen Tod gewünscht. Vor seinen Augen beziehungsweise seinen Ohren hatte er den Wunsch geäußert, dass alle Menschen die das selbe Geschlecht liebten, sich umbrächten. So hasserfüllt, aber doch... Hatte er Recht gehabt? War es unmenschlich, das so auszuleben? Er hatte schon viele religiöse Menschen das sagen hören, und obwohl er selbst nicht gläubig war, war er doch im christlichen Sinne erzogen worden. Ob das nun etwas gutes oder etwas schlechtes ist, darüber lässt sich streiten, aber irgendwie war da was dran. Mann+Frau, denn nur dann = Kind. Aber warum gab es dann die Möglichkeit, jemanden vom selben Geschlecht zu lieben? War das ein Fehler der Schöpfung? Er versuchte den Gedanken abzuschütteln, das war Schwachsinn, das wusste er, und doch, jetzt war er sich dem nicht mehr so sicher. Als er merkte, dass Flo schlief, stand er ganz leise auf, damit dieser das nicht merkte, und zog sich an. Er musste an die frische Luft. Draußen waren noch ein paar Geschäfte offen, lange Einkaufsnacht. Er ging geradewegs auf DM zu, steuerte wie automatisch zu dem Regal, aun dem die Rasierutensilien hingen.