Durchgeknallter Geselle

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Während wir über die Landschaft bedeckt mit Asche entlang gingen, behauptete mein Gefährte ständig, einen der verstorbenen Nachtschatten zu kennen, an denen wir vorbei gingen.

"Und das hier ist mein Opa. Sieh nur, wie friedlich er schläft. So still liegt er da, ja, noch nicht einmal sein Atem kann ich wahrnehmen. Er träumt bestimmt vom Frieden.", nuschelte er und sah den toten fremden Nachtschatten liebevoll an. Und wenige Minuten später näherte er sich einem totem Schlüpfling. Ich schätzte ihn für knapp zwei Wochen alt.

"Mein Neffe... ach, war er immer nett zu mir gewesen. Unglaublich wie die Zeit vergeht, nicht? Sieh nur, wie groß er schon geworden ist! Schlaf weiter, damit du bald groß und stark wirst, mein Kleiner.", schwärmte er und ließ seinen Blick auf den Leichnam ruhen.

Skeptisch sah ich auf das Baby, welches nicht viel größer als meine Pfote war. Traurig, dass er behauptet, jeden noch so fremden Nachtschatten zu kennen. Und noch trauriger war es, dass er nicht einmal wusste, dass sie alle tot waren.

Erst traute ich mich nicht, doch dann sprach ich ihn an: "Hast du sie alle gestern Nacht beim Feuer verloren?"
Mein Begleiter dachte eine Weile nach.

"Ja,", murmelte er, "sie haben sich alle lächelnd von mir verabschiedet. Sie sagten 'Bis später Seidenwind' und tanzten lachend in die Flammen. Dann waren sie weg. Und jetzt liegen sie hier. Allesamt."

Ich glaubte ihm nicht, spielte aber ihm zu Liebe mit: "Das alles hier sind deine Familienmitglieder? Alle, die hier liegen?"
"Ja.", glurrte er und sank betrübt den Blick.
"Große Familie...", stellte ich fest und musterte die Nachtschatten, die dem Feuer zum Opfer wurden.

Wahrscheinlich wären wir noch Stunden hier gewesen, hätte ich nicht gesagt: "Komm, lass uns einen Unterschlupf finden."
"Gehen wir nach Hause?", fragte er hoffnungsvoll. Ich nickte und wir machten uns auf den Weg.

Die letzten Strahlen der Sonne kämpften sich durch den dicken Nebel. Wie goldener Staub hing er an den abgebrannten Bäumen. Woher der Nebel auf einmal kam wusste ich nicht. Wieso denn auch? Woher das Feuer kam, wusste ich schließlich auch nicht.

Wir erreichten einen Haufen von zertrümmerten Felsen. Es hatte Ähnlichkeit mit dem Versteck, wo wir Mondregen untergebracht hatten. Wie es dem jetzt wohl ging? Ob er bei Nachtflug war? Für kurze Zeit war ich in meinen Gedanken vertieft, bis mein Begleiter auf einmal murmelte: "Mein Zuhause..."

Nein, dass konnte jetzt nicht wahr sein. Niemals hatten wir sein richtiges Zuhause gefunden. Oder etwa doch? Eine einzelne Träne kullerte seine Wange hinab, als er die zerstörten Felsen liegen sah. Hier und da quoll ein wenig Rauch aus den Lücken.
Niemals hätte ich gedacht, dass dies einst eine Höhle war.

Langsam ging mein Gefährte auf den verkokelten Haufen von Stein zu und beschnupperte jedes einzelne Detail. 

"Flammenwind? Bist du da?", fragte er ängstlich, "Komm raus, Kleiner, Papa ist da."
Es kam keine Antwort. Nur der kaum hörbare Rauch zischte in den Himmel empor. Sonst war rein gar nichts zu hören.

"Wo bist du, Flammenwind? Du wolltest doch auf mich warten...", nuschelte er traurig.
Mitfühlend ging ich auf ihn zu.

"Du, ich glaube dein Sohn ist nicht hier."
"Aber er hat es mir doch versprochen..."
"Du verstehst nicht. Er ist... weg."
"Und wohin?"
"Im Himmel."
"Das kann nicht sein, er kann doch noch nicht fliegen..."
"Es tut mir leid.", war das Letzte, was ich zu ihm sagte.

Ich drehte mich um, starrte auf den verdreckten Boden und lauschte der Stille. Die Sonnenstrahlen ließen meine Schuppen zwar orange aussehen, wärmten mich aber nicht. Dafür war die Sonne zu schwach.

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt