Wo ist Emma?

Die Galerie

Die Galerie

Wieder ging ein Arbeitstag zu Ende. Anisha hatte die Besucherzahlen und Tageseinnahmen vollständig erfasst, fuhr den Computer runter, schloss die Akten, schaltete die Lichter aus und verließ das Büro in der Bildergalerie. Es war erst ihr dritter Arbeitstag, aber ihre routinierte Arbeitsweise ließ sie an diesem Tag so zeitig fertig werden, dass sie sich die Zeit nehmen wollte einige der Gemälde zu betrachten.

Sie stand in der kleinen Halle direkt vor dem Büro. Ein einziges Gemälde zierte eine dunkle Wand. Das Bild war nicht sonderlich beeindruckend, es zeigte den Einblick in ein Stück Wald. Faszinierend war lediglich, dass das Kunstwerk wie echt wirkte. Aufgrund der Größe hatte man den Eindruck direkt am Waldrand zu stehen.

Anisha betrachtete die Tafel neben der Malerei. In feiner Handschrift war zu lesen: „Emma du fehlst uns! Wir geben die Hoffnung nicht auf!“. Warum stand die Tafel neben diesem Gemälde? Man konnte wohl vermuten, dass Emma verschwunden war. Was hatte der Künstler mit Emma zu tun? Oder was hatte das Kunstwerk mit Emma zu tun? Galt es als Symbol oder war das Gemälde sogar erst nach ihrem Verschwinden entstanden?

Jedes Gemälde musste Informationen über den Künstler oder die Herkunft hergeben. Für dieses Bild schien das nicht zu gelten und auch im Galerie-Computer hatte Anisha keinerlei Informationen herausfiltern können. Es gab keinen Künstler, kein Erstellungsdatum und keine Herkunft zu dem Kunstwerk. Die meisten Besucher mieden diese kleine Halle mit dem einzelnen Gemälde. Der Einblick in einen dunklen Wald, die dunkle Wand im Hintergrund. Dies hatte schon etwas Gruseliges an sich. Außerdem war es lediglich der Weg zum Büro – da wollte normalerweise eh niemand hin.

Während Anisha so dastand und überlegte, fühlte sie sich beobachtet. Sie stutzte kurz, blickte auf das Bild und lachte etwas verwirrt. „Ja klar, dunkle Halle, Wald-Gemälde, trübe Gedanken und meine Phantasie geht mit mir durch“. Sie winkte ab und wollte weitergehen, dennoch stutzte sie. Sie ging einen Schritt zurück und schaute wie gebannt auf das Gemälde. Es wirkte fast so, als würde sich das Bild verändern, wenn man die Position wechselte.

Anisha vernahm plötzlich einen sanften Duft von Moos und war vollkommen in den Bann gezogen. Sie beobachtete eine kleine Lichtung die sich auf dem Bild zeigte. War die Lichtung schon die ganze Zeit zu sehen? Hat sich da nicht irgendwas bewegt? „Puh, menno, jetzt ist aber gut.“ Schimpfte Anisha mit sich selbst. „Ich sollte schauen, dass ich schleunigst diese unheimliche Halle verlasse.“

Gesagt, getan. Anisha verließ die kleine schaurige Halle und kam in eine riesige Halle, die gut beleuchtet war. Die Wände waren in einem hellen grau gehalten. Jede Menge Gemälde von jungen und alten Künstlern zierten die großen Wände. Diese Halle war unbekannten Künstlern vorbehalten. Hier war ein ständiger Wechsel der Gemälde. Man konnte seine Meinung zu einzelnen Gemälden abgeben. Bekam ein Künstler durchweg nur schlechte Kritik, wurde seine Malerei nach kurzer Zeit entfernt und ein neues Gemälde wurde präsentiert.

Anisha schaute sich einige der Malereien an und war erstaunt, wie jung die Künstler teilweise waren.

Sie schlenderte die Halle entlang, hatte zumindest jedes Gemälde einmal mehr oder weniger flüchtig angeschaut und gelangte nun in eine weitere große Halle, die für sehr bekannte Künstler reserviert war. Die Bilder hingen teilweise schon Jahrzehnte hier.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie viel Zeit vertrödelt hatte. Nun wurde es Zeit nach Hause zu gehen. Der Magen meldete sich auch schon mit einem knurrigen Hungergefühl. Sie verließ die Hallen und gab dem Wachtmeister Freddy bescheid, dass er die Räumlichkeiten nach ihrem Verlassen wieder sichern und verriegeln konnte.

Sie verließ die Galerie und machte sich auf den Weg nach Hause.