Der Duft von frisch gebackenen Brötchen und das Geräusch von Kaffeebohnen, welche gemahlen wurden, weckten Mathes auf. Vorsichtig öffnete er seine Augen, um nicht geblendet zu werden von der bereits hochstehenden Sonne, welche schräg durch das Fenster in sein Zimmer fiel. Der Wecker zeigte an, dass es beinahe 11 Uhr war. Sich streckend stand Mathes auf, kämmte sich sein verwuscheltes Haar und zog sich ein Shirt über, welches auf dem Stuhl in der Ecke des Zimmers lag. Im selben Moment hörte er ein leichtes Klopfen an der Tür.
"Mathes, Schatz? Bist du wach?"
"Ja!", rief Mathes Richtung Tür, "komme gleich runter!"
Anscheinend mit der Antwort befriedigt, ging seine Mutter wieder nach unten, wobei sie ein unerkennbare Melodie summte. Ein letzter Blick in den Spiegel zeigte, dass sein Haar sich aus der aufgezwungenen Ordnung wieder befreit hatte und erneut wie ein hoffnungsloser Fall in alle Richtungen abstand. Mathes seufzte tief, öffnete seine Zimmertür und trottete nach unten in die Küche, wobei der immer stärker werdende Geruch seinen Magen zum Grummeln brachte.
"Attacke", rief eine hohe piepsige Stimme und gleichzeitig schlangen sich je zwei dürre Arme und Beine um Mathes Oberkörper. Mit einem entnervten Blick, welcher jedoch von dem Lächeln, welches an seinen Lippen zupfte, abgeschwächt wurde, schaute Mathes auf seine kleine Schwester hinab, welche wie ein Klammeräffchen an ihm hing und ihn breit angrinste. Unbekümmert ging er weiter und setzte sich mit einigen Umständen an den Tisch. Gott, er hoffte, dass seine Schwester immer so klein und leicht bleiben würde, sonst müsste er bald ins Fitnessstudio gehen.
"Habe ich dich erschrocken?", fragte seine Schwester Catalina und kletterte auf ihren eigenen Stuhl rüber.
"Mein Herz hat beinahe einen Hüpfer gemacht", meinte Mathes mit gelangweilter Stimme. Bevor seine Schwester zu einer Atnwort ansetzen konnte, schnitt sein Vater ihr das Wort ab. "Bitte, noch nicht so früh am Morgen. Ihr könnt nachher wieder zanken."
Catalina verkniff sich unter Mühe ihre Antwort, doch der Schmollmund blieb auf ihren Zügen bestehen. Sie murmelte jedoch sehr leise, als Vater nicht mehr zu uns blickte, dass seine Definition von früh lächerlich sei, da es doch schon beinahe Mittag war."Was ist denn das für ein Frass?! Ich arbeite den ganzen Tag und schufte mir den Arsch ab, während du hier nichtstuend vergammelst und nicht einmal ein gottverdammtes Essen hinbekommst!"
Meine Mutter stellte Mathes eine Tasse Kaffee hin, welche bereits einen Schuss Milch und zwei Löffel Zucker drinn hatte.
"Danke, Mom", nuschelte er, während er über den Tisch in den Brötchenkorb griff und sich eines der zwei Semmel ergatterte. Die kleine Hand seiner Schwester schnellte blitzschnell nach ihm in den Korb hinein und ergatterte sich das Zweite. Die Kaffeemaschine verstummte mit einem letzten Dampfaustoss und Mutter setzte sich nun ebenfalls an den Tisch, wobei Vater ihr seine Tasse abnahm. Kurz senkte sich Stille über den Tisch, wobei nur das Klirren der Messer in den Konfitürengläsern und das vorsichtige Schlürfen Catis am zu heissen Tee zu hören war."Würdest du das Geld nach Hause bringen, dass du verdienst und nicht in der nächsten Spelunke versaufen, dann könnte ich auch etwas anderes kaufen als dieses Dosenfutter!"
Schliesslich richteten sich die Augen von Mutter auf Cati: "Irgendetwas geplannt für heute, Süsse?"
Mathes nahm schnell einen Biss von seinem Brot um das kommende Lächeln zu verbergen. 'Süsse' war der Kosename für Cati seit sie ein Kleinkind war, doch seit diesem Sommer überzogen jedes mal kleine Gewitterwolken ihr Gesicht, wenn Mutter ihn gebrauchte- vor allem dann, wenn Freunde von ihr gegenwärtig waren. Mutter schien diese Veränderung gegenüber jedoch blind zu sein. Mathes fing Catalinas Blick ein und formte mit den Lippen 'Süsse'. Ich grinste schliesslich doch, als das Gesicht meiner Schwester rot anlief. Man musste die kleinen Dinge im Leben geniessen, wie zum Beispiel eine sich innerlich windende Schwester."Du hast mir gar nichts zu sagen, Weib! Ich mache mit meinem Geld, dass ich verdient habe, was ich will! Wieso soll ich es nach Hause bringen, wenn du es nur wieder für deine Drogen und deine Brut ausgibst!"