Schwarz.
Alles, was von unserem Haus übrig geblieben war, war schwarz.
Langsam schlenderte ich über unser Grundstück, vereinzelt standen Leute in einem abgesperrten Bereich und untersuchten etwas. Bei dem Anblick der verkohlten Hauswand stiegen erneut Tränen in mir auf, aber meine Wut war stärker.
Wer erlaubte sich unser Haus anzuzünden? Wer wollte meine Mutter im Schlaf umbringen? Ich verstand es nicht. Ich verstand es einfach nicht.
Unter meinen Schuhen knirschte es, als ich die Treppen zur Terasse hinauf lief, die Glastür aufdrückte und vorsichtig ins Haus trat. Eine Wand war schwarz angelaufen, Vorhänge von unten nach oben angekokelt.
Mein Weg führte mich schnurstracks zuerst in mein Zimmer, in dem ich heil gebliebene Kleidungsstücke in meine Tasche stopfte und das Bild meines Vaters vom Nachttisch nahm. Schminkzeug und diverse Sachen meiner Mutter folgten, bis ich einen letzten Blick in jedes Zimmer warf und ging.
Ein mulmiges Gefühl ging durch meinen Magen und ich schluckte. Das Haus war das letzte gewesen, das meiner Mutter und mir von meinem Vater übrig geblieben war.
Würde ich herausfinden, wer mir und meiner Mutter das angetan hatte, der würde nicht mehr lange leben. Ich hatte so viele Fragen und Gedanken, Wut und gleichzeitig auch Trauer, sodass es mich müde machte.
Als ich mich in Taddls Auto setzte, lächelte er mich traurig an und strich mir kurz vorsichtig über den Arm. Ich sagte nichts, lehnte mich an der Fensterscheibe an und war die Fahrt über zu Izzis Wohnung still.
...
Summend räumte ich meine Klamotten in ein leeres Schrankfach. Glücklicherweise hatte Izzi in seiner WG, die er überaschenderweise mit Dave teilte, ein leeres Zimmer, das für Gäste gedacht war.Draußen war es schon lange dunkel, Izzi und die anderen schliefen wahrscheinlich auch schon, aber ich konnte nicht. Ich hatte es unzählige Male versucht, hatte diverse Schlafpositionen ausprobiert, leise Musik gehört, etwas gegessen, ein Glas Milch getrunken, entspannendes Yoga probiert - ich konnte einfach nicht einschlafen!
Mein Gehirn war hellwach, wie angeknipst, und warf mir die ganze Zeit Gedanken hin.
Schnaubend ließ ich mich aufs Bett plumpsen, bis ich wieder aufstand und in die Küche lief. Auf dem Weg dorthin sah ich Taddl, der auf dem Sofa im Sitzen eingeschlafen war und Schnarchtöne von sich gab.
Leise versuchte ich mir eine Tasse Tee zu machen, was leider damit endete, dass ich mich wie ein Elefant im Porzellanladen benahm, aber es wachte zum Glück niemand auf.
Draußen hatte es angefangen zu regnen und ich lauschte gespannt dem Geräusch, als ich wieder zurück in meinem Zimmer war.
Ich war mir sicher, dass es eine männliche Person war, die es auf mich, meine Mutter und meine Freunde abgesehen hatte. Ich spürte es einfach, irgendetwas gab mir dieses Gefühl.
Erst als ich jetzt darüber nachdachte, wurden mir die ganzen Ereignisse bewusst, die wahrscheinlich alle von ihm eingefädelt wurden: der Peilsender, der Schuss am Campingplatz, das ausgebrochene Feuer, der Überfall auf mich an der Tankstelle, jetzt die Brandstiftung.
Ich konnte froh sein noch zu leben, oder zumindest hier bei meinen Freunden zu sein. Ja, wenn ich darüber nachdachte, war ich sogar dankbar, dass ich Taddl an meiner Seite hatte.
Auch wenn ich ihn anfangs nicht mochte, war er der einzige, bei dem ich mich ohne Nebengedanken komplett sicher fühlte. Ich wusste er war kein Möchtegern-Bodyguard und ich vertraute ihm, dass er auch mir im Ernstfall das Leben retten würde.
Aber ich wusste nicht was ich von unserem Kuss halten sollte. So etwas war nicht angebracht, oder? Eine Beziehung zwischen Bodyguard und seinem Schützling? Ich wusste es nicht. Aber ich wollte in seiner Nähe sein, das war mir klar.
Leise klatschten die einzelnen Regentropfen gegen die Fensterscheibe und liefen langsam an ihr herunter, um auf dem Fensterbrett in einer kleinen Pfütze zu enden.
In Gedanken bei Taddl versunken starrte ich in die Dunkelheit, während ich ab und zu an meinem Tee nippte und eine Decke um meine Schultern fester zog.
Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe und beobachtete die Wassertropfen, die draußen vom Himmel herab fielen.
Zuerst prallte jeder einzeln gegen die Glasscheibe, nur um dann langsam daran herunterzulaufen und am Ende zusammen mit allen anderen in einer Pfütze zu landen, die sich immer mehr ausbreitete.
Tiefeinatmend entsperrte ich mein Handy und öffnete das grüne WhatsApp Symbol, scrollte kurz durch meine letzten Chats und tippte dann auf ein Profil.
Zuletzt online um 02.37 Uhr
Mein Blick wanderte zu der Uhrzeitanzeige.
02.39 Uhr.
Bevor ich mich versehen konnte, wechselte die kleine Anzeige neben dem Profilbild zu online und nach ein paar Sekunden zu schreibt...
'Geh schlafen, du musst dich ausruhen Tess.'
Lächelnd stellte ich meine Tasse auf das Fensterbrett und tippte eine schnelle Antwort ein. 'Kannst du rüber kommen? Kann nicht schlafen, bin zu aufgewühlt'
Nervös wartete ich auf eine Antwort und seufzte, als die kleine Anzeige mit zuletzt online um 02.43 Uhr erschien.
Ich hätte es wissen müssen, es war verboten. Warum machte ich mir überhaupt noch Hoffnungen und hatte ihn gefragt, ob er zu mir kommen würde?
Noch einmal seufzend widmete ich mich wieder den Regentropfen am Fenster und trank meine Teetasse leer.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam wie sich ganz leise meine Zimmertür öffnete und eine große Person in mein Zimmer schlich, so lautlos, dass ich sie auch nicht bemerkte, als sie direkt hinter mir stand und mich fragend musterte.
Erst als ich den warmen Atem in meinem Nacken spürte, fuhr mir zuerst ein Schauer über den Rücken, aus Angst, dass er es war, aber als ich die wohlvertraute Stimme neben meinem Ohr hörte, entspannte ich mich und ließ meine Schultern wieder ein Stück sinken.
"Warum magst du den Regen so sehr?", fragte Taddl leise und legte seine Hände auf meinen Schultern ab.
Leise schluckte ich und fummelte nervös an meiner Decke herum, bis ich mich räusperte und zu einer Antwort ansetzte. "Er erinnert mich daran, dass ich dank dir immer noch am Leben bin."
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Wie gefällt euch die Geschichte? Würde gerne eure Meinung hören, oder mit Vermutungen, wer hinter dem allen stecken könnte! ♥
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Bodyguard - Taddl Tjarks
Fanfiction"Warum magst du den Regen so sehr?" - "Er erinnert mich daran, dass ich immer noch am Leben bin." Höchster Rang: #34 in Fan-Fiction