"But darling don't you know that I'm the only one for ya"
{Shawn Mendes - ruin}
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Ardian und Josi saßen am nächsten Tag wieder im Garten. Chess lag mit seinem Kopf auf Ardian's Schoß und Josi beobachtete das ganze aus einer Entfernung von einem satten Meter, der zwischen den dreien lag. Eher gesagt zwischen ihr und Ardian, da Chess keine Berührungsängste hatte.
Die Sonne schien nicht. Nancy war nicht da. Es gewitterte beinahe den ganzen Tag und der Brunnen hinter ihnen schien heut auch nicht in seiner besten Laune zu sein, wenn das überhaupt möglich war. Alles rutschte nach und nach in eine traurige Atmosphäre. Ob es nun Ardian und Josi, oder eben der Postbote und Chess waren. Alles schien heut anders zu sein. Angespannter und schweigsamer.
Beide wussten nicht, wie lang sie draußen saßen, als es ordentlich zu regnen begann. Josi hatte ihr Zeitgefühl verloren und wollte nicht rein gehen, um sich etwas zu trinken zu holen, und Ardian konnte die Zeit ja gar nicht erst lesen, also hatten beide nichts davon.
Der Regen prasselte in Akkorden auf den Boden. Wie kleine Patronen, die zersprangen oder die Knallerbsen, die Leute an Silvester auf den Boden warfen.
"Regnet es sehr doll?", fragte Ardian Josi. Er trug seine Sonnenbrille, da er ihr nicht mehr seine blassen Augen antun wollte (obwohl sie seine Augen mochte), und Chess schleckte Ardian's Unterarm ab, der vor seiner Schnauze lag.
"Ja", sagte Josi zu ihm und starrte den Regen an. Sie ließ sich das Prinzip von Regen und die Auswirkung dessen durch den Kopf gehen, während sie das Nass etwas begutachtete. Ihre Augen waren müde und sie fühlte sich schlapp, schob es auf das müde machende Wetter, das sich so drastisch geändert hatte. "Es regnet in Strömen."
"Heißt?"
"Alles nass", erklärte sie ihm ganz einfach und unkompliziert, sodass auch ein Mensch mit dem IQ eines Toasts es hätte verstehen können. Ohne ihren Kopf auch nur ein Mal zu Ardian zu drehen, sprach sie weiter. "Der Rasen ertrinkt im Wasser."
Nach ihrem Satz ertönte für beide (und Chess) ein lautes Donnern, das direkt über dem Dach des Hauses lag. Es knisterte im Himmel und der Garten hellte für einen Moment lang auf, ein Blitz huschte über das Himmelszelt. Josi war nur froh, dass sie unter einem Dach saßen.
"Ich hab früher gedacht, Regen wäre Gottes Tränen."
"Hat Nancy dir das so erzählt?"
"Nein", sagte Ardian Schultern zuckend, "Ich bin oft in die Kirche gegangen."
"Wieso geht man als Kind freiwillig in die Kirche?"
"Hab mit Nancy für mein Augenlicht gebetet, bis sie irgendwann nicht mehr mitkommen wollte. Dann wollte ich mit Chess allein hin, und die Leute dort meinten, Chess müsste draußen bleiben. Und da ich Blindenstöcke immer schon blöd fand, bin ich nicht mehr hin gegangen und hab Zuhause gebetet."
Josi sagte für einen Moment nichts. Sie ließ seine Worte und Stimme sacken, bis sie wieder atmen konnte. In ihrem Kopf wurde Nancy immer mehr zu dem Drachen, der sie in Ardian's Kopf schon lang war.
"Hat Nancy auch Zuhause gebetet...?"
Josi sah zu ihm rüber. Seine Beine waren ausgestreckt, die Fußspitzen fast im Regen. Der Donner laut und kräftig, Blitze fanden keine Ruhe. Zu Schade, dachte Josi, dass Ardian sie nicht sehen konnte.
"Nein", antwortete er ihr leise, "Mit zunehmendem Alter meinerseits hat sie mit vielen Dingen aufgehört. Das Einzige, was sie noch für mich macht, ist, mir Sachen rauszusuchen und zu kochen. Abgesehen davon, dass sie mich hier wohnen lässt."
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blind.
ФанфикEin blinder Teenager mit einem Hass auf die Welt trifft auf ein Mädchen mit Vitiligo, das sich selbst am wenigsten leiden kann. Doch ganz so blind scheint Ardian nicht zu sein, denn er erkennt in Samantha Josephine etwas, das ihn nie zuvor jemand ha...