Teil 11

763 26 0
                                    

Er war gegangen, ohne sich zu verabschieden, ohne auch nur ein Wort zu mir zu sagen.
Hatte das hinterhältige Biest von Stiefschwester ihn um den Finger gewickelt? Hatte er ihr wirklich ihre Lügen geglaubt? Wieso habe ich mir eigentlich etwas darauf eingebildet? Ich war nur das Dienstmädchen der Familie, welche hier wohnte. Was sollte jemand wie Niila dann schon an mir finden?
"Na wirds bald? Bis du fertig bist, ist es schon wieder Mittagszeit. Beeil dich gefälligst." kommandierte mich Olivia.
Unglaublich war sie. Im einen Moment ist sie unheimlich nett und im nächsten wieder das Biest, welches ich vor einigen Jahren  kennengelernt hatte.
Ich murmelte etwas, was hoffentlich wie eine Entschuldigung klang und wischte nochmal über den Tisch.

Vorsichtig balancierte ich den Teller mit meinem Essen, während ich die Strickleiter zu meinem Baumhaus erklomm. Ungeübten Menschen wäre der Teller sicherlich bei der ersten Sprosse herunter gefallen. Ich war mittlerweile aber schon geübt darin.
Oben angekommen stellte ich erstmal den Teller auf den kleinen Tisch. Anschließend zog ich mich selber und dann die Strickleiter das letzte Stück hoch.
Erleichtert darüber, endlich meine Ruhe zu haben, ließ ich mich in den Sitzsack fallen. Das mittlerweile kalte Frühstück schmeckte nicht mehr wirklich gut, aber war immerhin besser als gar nichts.
Schnell würgte ich das Essen hinunter, um dann gleich Felicity anzurufen und ihr von den Ereignissen diesen Morgens zu erzählen.
"Was gibt's, Cinderella?" meldete sich diese.
"Du glaubst nicht, was gerade passiert ist." wettete ich.
Auch, wenn sie wusste, dass sie es nicht erraten würde, versuchte sie es "Die Hexen sind mit einem Fluch belegt, sodass sie jetzt alle dafür bezahlen, was sie dir angetan haben."
"Schöner Gedanke. Aber nein, leider nicht." erklärte ich.
"Dann schieß los." forderte mich meine beste Freundin auf.
Ehe ich mich aufhalten konnte, sprudelten die Worte auch schon aus mir heraus "Niila war hier.  Sein Mietwagen hatte eine Panne. Eigentlich wollte er nur kurz telefonieren, bis die Zwillinge ihn überredet haben zum Frühstück zu bleiben. Erst war er total nett zu mir, hat mich aufgeheitert. Aber er hat dann Biancas Lügen geglaubt und ist nach dem Essen ohne ein weiteres Wort verschwunden."
"Hat er dich erkannt?" erkundigte sich Felicity.
Ich nickte. Da ich mir aber dumm vorkam, da sie es nicht sehen konnte, fügte ich noch schnell ein "Ja" dazu.

"Melody! Wo bist du? Du musst einen Fleck aus dem Teppich entfernen!" schrie Bianca in den Wald hinein.
"Ich muss los." teilte ich Felicity mit und legte auf.
Eilig nahm ich den Teller und kletterte schnell wieder nach unten.
Mit großen Schritten näherte ich mich dem Haus und entfernte mich von dem geheimen Baumhaus. Gerade rechtzeitig, denn Bianca und Olivia kamen mir entgegen.
"Also die Mühe dieser paar Meter hättet ihr euch nicht machen brauchen." sagte ich, verwundert darüber, dass sie das Haus verließen, um mih zu holen. Wohl eher über letzteres, denn sie kamen mir niemals entgegen. Immer riefen sie nur nach mir und schrien mich an, wenn ich nicht sofort kam.
"Irgendwie müssen wir dir doch zeigen, dass du sofort zu kommen hast." zickte Olivia.
"Ich bin doch schon da."
"Nächstes Mal wirst du schneller da sein." befahl Bianca.
"Jawoll!"
Olivias Blick fiel nun auf den Teller in meiner Hand. Mit hochgezogenen Augenbrauen fragte sie mich "Wieso kommst du immerzu mit leerem Teller aus dem Wald?"
"Irgendwo müssen die Reste doch landen. Dann verfüttere ich es eben an die Tiere." log ich.
Warschsinlich zu offensichtlich, denn sogar Bianca tippte sich an die Stirn. Olivia murmelte nur ein "Na aber sicher."
Zum Glück ließen sie es darauf beruhen und verschwanden wieder ins Haus.
Da sie mir keinen Hinweis darauf gegeben hatten, in welchem Teppich sich der Fleck befand, musste ich mich wohl oder übel auf die Suche machen.
Dies erwies sich als leichter, als gedacht. Gleich in ersten Raum, n dem ich suchte, fand ich besagten Fleck. Kaffee auf dem Wohnzimmerteppich. Wenn mein Vater das mitbekommen hätte, wäre er aber ganz schön böse geworden. Allgemein wäre er böse geworden, was diese Hexen mit mir anstellten. Normalerweise würde ich mir das auch nicht gefallen lassen, aber sonst warfen sie mich ausbleiben eigenen Zuhause. Riskieren wollte ich sicherlich nichts.  Natürlich trug ich die Erinnerung an meinen Vater auf Ewig in meinem Herzen, aber trotzdem wollte ich nicht auch noch das letzte verlieren, was mich an ihn erinnerte.

just another Cinderella-StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt