Prolog

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Es war kalt. Ich zitterte, und doch wusste ich dass ich weiterlaufen musste. Meine Beine schmerzten und drohten unter mir nachzugeben. Wenn das passierte war ich tot. Mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit. Er hatte es auf mich abgesehen und wollte meinen Kopf in seinem Zimmer hängen sehen. Er würde sich über seine Belohnung freuen und meinen Kopf als Trophäe behalten. Es regnete und meine Füße rutschten weg. Ich spürte, wie der Asphalt Spuren in meinem Gesicht hinterließ. Ich versuchte mich aufzurappeln, rutschte erneut weg. Scheinbar hatte ich genug Vorsprung, denn noch hörte ich keine Schritte hinter mir, was mich jedoch nicht sonderlich beruhigte, da das auch an dem Gewitter liegen mochte, was nun zum Regen hinzukam. Ich versuchte ein letztes Mal aufzustehen, dieses Mal gelang es mir. Ich rannte weiter, blind vor Tränen und vor Regen. Ich hörte den Donner überdeutlich laut und konnte die Blitze sehen. Sie waren ebenfalls überdeutlich grell und lang. Wie riesengroße Würmer oder schlangen züngelten sie über den Himmel. Plötzlich spürte ich einen warmen Arm an meiner Schulter, vernahm eine Stimme, die jedoch nicht zu dieser Berührung passen wollte. Die Berührung war sanft und zart, die Stimme eiskalt und schneidend wie ein Messer. Ein Atem blies mir in den Nacken, rau und kräftig. Zusätzlich spürte ich eine Hand die meine hielt, diese wollte jedoch weder zu dem Arm, noch zu dem Atem passen. Oder bildete ich mir das nur ein? War mein Wunsch nach Hilfe und Geborgenheit so groß, dass sich dieser nun mit der Realität vermischte? Wurde ich verrückt? Oder träumte ich das alles nur? Sollte ich versuchen, anhand des Atems, der Hand oder des Armes eine oder mehrere Personen auszumachen die ich kannte? Diese Entscheidung wurde mir jedoch dankenswerterweise abgenommen, als ich Schritte hörte. Das konnte nur mein Verfolger sein, oder bildete ich mir wieder etwas ein und ich war in Wirklichkeit schon in Sicherheit? Mir gelang es einfach nicht irgendeinen Gedanken zu fassen. So rannte ich und rannte ich, bis ich sogar meinte eine Stimme vernehmen zu können. Sie wisperte etwas in einer mir fremden Sprache, wobei ich jedoch aus einem unerklärlichen Grund das Gefühl hatte, sie verstehen zu können.

Ein Schrei zerriss die Nacht. Lang und hell und so voller Schmerz. Es war kein Menschlicher Schrei. Kein Mensch konnte so schreien. Es war eine ruhige Nacht gewesen, bis dieser Schrei ertönte. Der Mond stand am Himmel, genauer gesagt der Vollmond. Jeder hatte ruhig schlafen können, bis auf die, die generell bei Vollmond nicht schlafen können. In dem Dorf gab es einen kleinen Wald, wo die Menschen oftmals spazieren oder joggen gingen. Dann starb ganz plötzlich einer der Bewohner. Das Dorf war so klein, dass jeder jeden kannte, sie waren eine eingeschworene Gemeinde. Sie wollten niemanden in ihrem Dorf haben, dessen Familie nicht von Anfang an in diesem Dorf lebte und es mit aufgebaut hat. Umso seltsamer war es, dass diese die neuen Bewohner, die in das Haus des verstorbenen einzogen, sofort offen und freundlich behandelten und sie willkommen hießen. Sie nahmen sie auf als wären sie schon immer Teil des Dorfes gewesen und würden das auch immer sein. Jedoch kannte niemand aus der näheren Umgebung die Familie. Wenn man es denn Familie nennen konnte. Es waren eine Mutter und ihre 8 Jahre alte Tochter Nina. Zumindest stellten sie sich so den Dorfbewohnern vor.

Es war schon irgendwie seltsam das ich langsamer war als sie. Sie war ein kleines Mädchen, ich hingegen war ein ausgewachsener Mann der Regelmäßig Ausdauertraining betrieb. Wie konnte sie also schneller sein als ich? Es war für mich unbegreiflich. Sie rannte und rannte, sodass ich schon Angst hatte, ich könne sie aus den Augen verlieren. Das durfte mir nicht passieren, auf keinen Fall, sonst wäre ich ein toter Mann. Naja, eher ein toter Spank. Doch sie faszinierte mich. Ich mochte sie gar nicht berühren, so erschreckend war ihre Aura. Und sie machte mir Angst. Mir, dem furchtlosesten Jäger der ganzen Gilde. Und ich hatte nichts Besseres zu tun, als mich vor einem kleinen Mädchen zu fürchten, das zu allem Überfluss auch noch davonlief? Ich würde mich zum Gespött der ganzen Gilde machen, wenn ich sie nicht fasste, so viel war schon mal klar. Aber ich ahnte, selbst wenn ich sie in die Finger, oder besser gesagt Klauen bekäme, würde ich den Auftrag nicht vollbringen können. Sie hatte eine so strahlende Aura, das man, wann immer sie in der Nähe war, das Vibrieren der Luft spüren kann, ja das man sie fast sogar erkennen kann. Ich habe dieses Mädchen lange beobachtet. Meist findet man diese Aura, wenn sie besonders traurig oder besonders wütend ist. Daraus schließe ich, dass ihre Gefühle irgendetwas damit zu tun haben müssen. "Da! Sie ist gestürzt!" " Halt die Klappe oder willst du sie noch mehr auf uns aufmerksam machen, du Idiot?", fuhr ich meinen Gefährten an. Bis jetzt hatte er, Gott sei es gedankt, die Klappe gehalten, und mich so nicht gestört. Das er auch gerade jetzt seinen verdammten Mund aufmachen musste! Warum hatte der Boss mir nur einen so unerfahrenen und zudem einen so strohdoofen Komplizen gegeben, der nicht einmal unserer Gilde angehörte? Was zur Hölle sollte das bitte? Mir stand es zwar nicht zu, seine Entscheidungen und Befehle anzuzweifeln, dennoch fragte ich mich, was das sollte. Verdammt, jetzt hat sie uns gehört du verdammter nichtsnutziger Idiot! Ich hatte ihr gerade den Gedanken eingegeben, sie sei in Sicherheit. Du hast alles zunichte gemacht Tilo! Wirklich alles! Das...das wollte...das wollte ich nicht...es...es tut mir leid Du hast ja gar keine Ahnung! Hast du sie noch alle? Kannst du dir überhaupt annähernd vorstellen, was für eine Arbeit das ist, in die Gedanken eines Menschen einzutreten? Nein, natürlich nicht, du bist ja schließlich nur ein Mensch und dein Leben bedeutet nichts für uns. Mit diesen Worten packte er Tilos Kehle und drückte zu so fest er konnte. Tilos Kopf wurde erst rot, dann blau und schließlich bewegte er sich nicht mehr. Sein Gefährte wusste, dass Tilo noch etwas sagen wollte, doch das interessierte ihn nicht. Denn was hatte dieser Mensch schon zu sagen, außer das es ihm leid tat? Da bemerkte er, dass er das Mädchen aus den Augen verloren hatte, als er Tilo erwürgt hatte. Verdammter Mist! Wie sollte er das Mädchen jemals wiederfinden? Doch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, hörte Mika eine Stimme. Sie kam aus dem Toten Mund von Tilo und klang grausam tief und verzerrt. Das wirst du noch büßen du Narr!, schrie sie. Die Stimme war voller Schmerz und Sehnsucht.

Auf diese Worte folgte ein langer Schrei. Ein Schrei, den jeder hören würde, dessen war sich Mika sicher. Der Schrei schien von dem Mädchen zu kommen. Warum also noch weiter nach ihr suchen? Er hatte den Auftrag zwar nicht erledigt, aber er war erledigt. Das Mädchen war also keine Gefahr mehr. Der Chef würde stolz auf ihn sein, das wusste Mika. Was er jedoch nicht wusste war, dass das Mädchen lediglich ein paar Schrammen an den Armen und in ihrem Gesicht hatte, und ihm somit entkommen war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 06, 2022 ⏰

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