Kapitel 71

58 3 0
                                    

Ein eigenartiger Geruch ließ Vera erwachen.

Sie sah an sich hinab und bemerkte eine Infusion an ihrem Arm. Schon wieder ein Krankenhaus? Dachte Vera genervt.

Frustriert sah sie sich um und erkannte, dass es ihr eigenes Zimmer war. Erleichtert atmete sie aus und stand auf. Komischerweise empfand sie keinen Schmerz. Sie fühlte sich gut und erholt.

Langsam lief sie die Treppe hinunter und hielt den Infusionsbeutel in der Hand. Überraschend wurde sie in die Arme geschlossen.

''Du bist wieder wach!'' rief Luise und wirbelte sie durch die Luft. ''Ist doch gut, Luise'' lachte Vera und Luise ließ sie los.

''Kannst du mir das erklären?'' fragte Vera und deutete auf die Infusion. ''Ach das?Du warst ein paar Tage nicht bei Bewusstsein'' sagte Luise undfummelte an Veras Arm herum. Die Infusion löste sich von ihrem Armund Luise presste ein Taschentuch auf den Einstich. ''Drück dasdrauf, damit du keinen Bluterguss bekommst.''

''Du bist diemutigste, beste, verrückteste und liebste Schwester der Welt'' sagteLuise und nahm sie wieder in den Arm. ''Luise, was ist los mit dir?''fragte Vera lachend, doch sie machte sich wirklich Sorgen um ihreSchwester. Noch nie hatte Luise solche Gefühlsausbrüche gehabt.''Nichts'' sagte Luise zu schnell, sodass Veras Misstrauen gewecktwurde.

''Du verschweigstmir etwas'' sagte Vera mit hochgezogener Augenbraue. ''Nein, wiesosollte ich dir etwas verschweigen?'' fragte Luise nervös.

''Hey, auch malwach?'' grinste Kevin, der gerade in den Flur trat. ''Ja, wieso? Warich so lange weg?'' fragte Vera irritiert. ''Eine Woche'' antworteteKevin und kam auf sie zu, um sie zu umarmen. Eine WOCHE?!

''Schön, dass duwieder bei uns bist'' sagte er und ließ sie los. ''Im Wohnzimmer wartet jemand auf dich'' sagte er bedrückt und schubste Vera zurTür.

Nachdenklich gingsie zur Tür und erstarrte. Im Wohnzimmer warteten Jays Eltern.''Hallo Vera'' grüßte Marie freundlich, doch in ihrem Gesicht standdie Trauer. ''Hallo'' sagte Vera leise und trat ein.

''Wie geht esdir?'' fragte Herr Moor. ''Ganz gut, denke ich. Bin gerade erstaufgewacht.'' Nervös klemmte sie sich ihr Haar hinters Ohr. ''UndIhnen?'' fragte sie höflich, doch Jays Eltern brauchten nicht zuantworten, Vera wusste ohnehin, wie es ihnen ging. ''Esgeht'' antwortete Herr Moor.

Angespannt setztesie sich auf einen Sessel. ''Setzen Sie sich'' bot Vera an unddankend nahmen sie ihr Angebot an. ''Wie lange sind Sie schon hier?''fragte Vera. ''Seit zwei Tagen'' antwortete Herr Moor tonlos.

Vera spanntejeden Muskel ihres Körpers an. Nervös knirschte sie mit den Zähnenund knetete ihre Hände.

''Wir sindhierher gekommen, weil...'' setzte Marie an, doch ihre Stimme brachweg. ''Wir würden gern wissen, wie es passiert ist'' erklärte HerrMoor und nahm die Hand seiner Frau.

Vera brachte keinWort heraus, ihre Kehle war trocken und sie hatte das Gefühl zuersticken. Die Frage raubte ihr den Atem.

''Wir wissen,dass du ihn geliebt hast und es sehr schwer sein muss, aber wirmüssen es wissen'' sagte Herr Moor mit fester Stimme.

Schwer schluckendsah sie weg. Herr Moor war seinem Sohn so ähnlich, dass es weh tat.Auch Marie konnte Vera nicht ansehen.

''Er...'' begannVera mit erstickter Stimme. ''Er hat mich gerettet'' flüsterte Veraund starrte auf ihre Hände. ''Baalissa hat ihm..'' kopfschüttelndstoppte Vera und atmete zitternd ein.

Die Erinnerung anJays brutalen Tod war zu grausam, um ihre Tränen verdrängen zukönnen.

''Sie hat ihmeinfach den Kopf abgerissen'' weinte Vera leise.

Vom Engel geküsst Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt