Weg!

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Ich musste es einfach wissen. Ich musste wissen, woran ich bei Shannon war. Eigentlich hatte ich keine Hoffnung darauf, dass er wahrheitsgemäß antwortete. Aber wenn er das nicht tat, dann würde ich das irgendwann rausfinden und dann wäre unsere Freundschaft hinüber, wenn sie es nicht jetzt schon war. 
Ich schaute Shannon an und sah, wie er abwechselnd die Gesichtsfarbe wechselte. Innerlich grinste ich mir einen zurecht. Geschah ihm recht, dass er nun in Schwulitäten kam. Andererseits hatte ich auch Angst vor seiner Antwort. Ich wusste, was ich von Shannon wollte. Nämlich nichts außer der Freundschaft wie sie schon seit fünf Jahren bestand. Aber wenn Shannon mich nun mehr mochte. Was war dann? 
Angst machte sich breit, je länger Shannon sich mit seiner Antwort Zeit ließ. Nun war ich diejenige, die unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschte. Aber ich hatte es ja nicht anders gewollt. 

"Shannon? Antwortest du mir nun?" fragte ich ungeduldig, denn ich hielt es nicht mehr aus. 

"Lil, ich liebe dich. Aber nicht so. Du bist meine beste Freundin und das was passiert ist, hätte nie passieren dürfen." antwortete Shannon schließlich und nippte an seinem Kaffee, den ich mittlerweile hingestellt hatte. 
Irgendwie war ich erleichtert. Aber irgendwie auch nicht. Fuck. Egal, was er geantwortet hätte - beides wäre totaler Mist gewesen. Ich war verwirrt. Bis eben war ich mir noch total sicher, dass ich nichts für Shannon empfinde außer Freundschaft. Und jetzt? Jetzt wusste ich, dass ich nicht mehr für ihn war als eine Freundin und das fühlte sich genauso scheiße an. 

"Dann ist ja gut. Und du hast recht. Es hätte nicht passieren dürfen." murmelte ich. Schweigend saßen wir uns am Tisch gegenüber. Ich wagte nicht Shannon anzuschauen. Irgendwie war mir das alles peinlich. Erst hatte ich ihn heut nachmittag rausgeschmissen, obwohl er mit mir reden wollte und dann mein Ausraster vorm Club. Mit etwas Abstand betrachtet war das alles nicht wirklich fair gewesen. 

"Es tut mir auch leid. Ich hätte dich heute nachmittag nicht einfach rausschmeissen sollen und ich hatte ebenso kein recht dazu dich im Club und auch davor zu anzuschreien. Wirklich, es tut mir leid." sagte ich leise und wagte ihn immer noch nicht anzusehen. 
Shannon griff über den Tisch und nahm meine Hand und drückte sie sanft. Als ich aufblickte, sah ich, dass er mich zärtlich ansah. 

"Schon okay, Lil. Ich kann dich ja verstehen. Ich würde genauso reagieren, wenn ich dich mit nem Kerl erwischen würde. Und dazu noch aufm Klo." grinste er mich an und versuchte alles ein wenig ins lächerliche zu ziehen. Es gelang ihm auch. Das erste Mal seit Stunden war mir wieder zum lachen zumute. 

"Du bist blöd." lachte ich ihn an. Wie durch ein kleines Wunder war das Eis gebrochen. Shannon und ich strahlten beide um die Wette und alles fühlte sich wieder normal und verdammt gut an. 

"Ich glaub, ich geh mal lieber. Es ist schon spät." sagte Shannon eine Weile später und stand auf zum gehen. 

"Wenn du magst, kannst du hier schlafen. Mit dem Taxi ist das echt zu weit." bot ich ihm an. Auch das fühlte sich nicht schlecht an, sondern einfach nur richtig. Shannon hatte schon oft hier übernachtet. Ich ebenso oft bei ihm. Meistens nach einer durchfeierten Nacht, wenn keiner von uns beiden mehr richtig laufen konnte und es sinnlos gewesen wäre mit dem Taxi zu fahren. Wir wohnten gut eine halbe Stunde entfernt voneinander. 

"Wenn das okay ist, dann gern." lächelte mich Shannon verlegen an. Ich grinste nur schief, stand auf und machte ihm die Couch zurecht. 

Shannon POV

Ja, ich hatte wohl die richtige Antwort gewählt. Lilly schien erleichtert zu sein und es fühlte sich einfach nur richtig an. 
Ich traute meinen Ohren kaum, als Lilly sich bei mir für ihre Ausraster entschuldigte. Meine Lilly entschuldigt sich für etwas? Das kam auch wirklich nur alle paar Jahre vor. Sie hielt sich nämlich immer für komplett unfehlbar und besaß meistens nicht den Schneid sich zu entschuldigen. Nur wenn ihr etwas wirklich peinlich war, dann presste sie schon mal ein kleines gemurmeltes "Sorry" hervor. Aber eine große Entschuldigung kam meistens nie. Aber mir war das immer egal. Ich sah es ihr an, wenn sie wusste, dass sie falsch und überzogen reagiert hatte. Dann schmiegte sie sich immer an mich und drückte mich. So war es immer, deswegen überraschte mich ihre Entschuldigung umso mehr. Aber daran merkte ich auch, dass ich und unsere Freundschaft ihr echt wichtig waren. 
Und plötzlich schien alles wieder total normal. Als ob jemand den Film zurück gespult hatte und nichts passiert war. Wir lachten und frotzelten wieder zusammen. Das tat richtig gut. Nachdem die letzten Tage zwischen uns beiden nicht beschissener hätten laufen können, war das eine willkommene Abwechslung gewesen. 

More than just friends... Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt