17. Kapitel

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Luca

Verwirrt ist wohl das beste Wort, welches gerade mein Leben beschreibt. Ich meine Lola ist gerade mal vier Jahre alt und kann das Alphabet besser als ich es je könnte, dazu noch kennt sie Wörter, die ich noch niemals gehört habe und trotzdem muntert sie mich mit denen ständig wieder aufs Neue auf. Aber trotzdem ihre Aufmunterung hält auch nicht ewig an. Sobald ich weg von den Kleinen bin, außer Haus, bin ich schlimmer als in meiner schlimmsten Jungend. Schon nur in der letzten Woche habe ich mehrmals Drogen konsumiert, obwohl ich ständig Bier trinke und Zigaretten rauche, Drogen sind auch bei mir nicht gerade das Normalste. Nicht einmal das erlösende Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit kommt aber durch die Drogen, stattdessen sehe ich Luna vor mir. Immer und immer wieder. Das ist es wohl was mich süchtig danach macht. Ich muss Luna einfach sehen, in mir drin ist so ein Drang, der schreit einfach nach Luna.

Völlig kraftlos, ohne jegliche Motivation schlage ich meine Augen auf, und presse sie augenblicklich wieder zusammen. Ich will wieder in mein Schlafland zurück. Ohne die Sorgen, ohne etwas denken zu müssen. Aber ich muss hier in der realen Welt bleiben, was geschieht sonst mit meinen Kindern? Ich denke zwar Liam würde es nicht weiter interessieren und er würde liebend gerne bei seiner Oma leben, aber Lola, die wäre wohl am Boden zerstört und das kann ich ihr echt nicht antun.

Ich sollte auch die Zeit mit meinen Kindern mehr geniessen, nicht so wie mit der Zeit, die ich mit Luna hatte, aber so einfach ist das eben nicht. Ich kann nicht einfach einen auf gut gelaunten Luca tun, und so tun als würde es mir prima gehen, während ich im Inneren gerade erst so richtig am Zerbrechen bin. Zerbrechen, das ist wohl das Wort, welches meine Gefühle beschreibt. Ich zerbreche von innen nach aussen, ganz langsam, qualvoll. Seufzend atme ich aus. Wieso ist das Leben so schwer? Könnte es nicht einfach gut sein, die geliebten Menschen werden mit einem alt und man führt ein schönes Leben. So könnte es doch sein, Luna und ich, mit grauen Haaren an unserem Frühstückstisch an einem Sonntag morgen unter der frühen Morgensonne. Aber nein, stattdessen sitze ich jetzt alleine in meinem Bett und überlege wie das Leben sein könnte. Aber wie Lola es wohl gesagt hat, das Schicksal entscheidet das Leben. Wir können uns da wohl nicht gross einmischen, obwohl ich es will. „Luca?", ich öffne ich Augen. Da steht sie schon, mit grossen Augen und lockigen Haaren die wild von ihrem Kopf abstehen. „Können Liam und ich schwimmen gehen?", fragt sie weiter. Wie soll ich jetzt reagieren? Ich bin noch völlig benebelt von vorher, unfähig zu sprechen. „Luca, geht es dir gut?", ich spüre wie sie sich neben mich auf das Bett setzt. „Mir tut es leid, was mit Luna passiert ist und ich weiss, dass es dich mitnimmt, aber wir müssen wieder ein normales Leben führen. Du musst wieder ein normales Leben führen, Luca", ich spüre ihren grossen Augen auf mir, die mich neugierig mustern. Meine kleine Tochter hat wieder einmal Recht. Ich muss wieder ein normales Leben führen, auch ohne Luna. Nur leichter gesagt als getan.

Scheisse Luca und Erziehung...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt