Kapitel 141

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*Samu*

Nach einer schlaflosen Nacht, bewege ich meinen schmerzenden Körper Richtung Bad. Dort stelle ich mich unter die Dusche, das muss ein Alptraum gewesen sein, mein Engel kommt jeden Moment zur herein. Ich dachte dass keine Träne mehr in mir ist, aber da fliessen sie schon wieder und vermischen sich mit dem warmen Wasser. Den Blick in den Spiegel erspare ich mir, während ich mich abtrockne. Hunger habe ich keinen, zwinge mich dazu wenigstens einen Kaffee zu trinken. Meine Emotionen fahren Achterbahn, wechseln von wütend, ängstlich, panisch bis hin zu machtlos.

Mein Handy zeigt eine eingehende Nachricht an, wieder anonymer Absender. Ich lese zuerst den Text <Halte dich an die Regeln>. Ich scrolle weiter nach unten und sehe dieses Foto. Mein Engel sieht ängstlich in die Kamera, mein Herz bleibt für kurze Zeit stehen, bevor es sich schmerzvoll zusammenzieht. Ich werde meinen Engel nicht gefährden und mich an seine Anweisungen halten, das ist sicher. Alleine dieses Bild treibt mir wieder die Tränen in die Augen.

Völlig fertig, fahre ich am Nachmittag zur vereinbarten Adresse. Um meine verweinten, dadurch geschwollenen Augen zu verbergen, setze ich mir eine Sonnenbrille auf, welche ich auch während des Interviews auflassen werde. Keine Ahnung wie ich das durchstehen soll, ohne zusammenzubrechen. Leider bin ich viel zu schnell vor Ort, kurz bleibe ich in meinem Auto sitzen um mich zu sammeln, dann steige ich aus. Die Jungs und Aki begrüssen mich, natürlich kommt direkt ein Spruch von Sami „Hey Hapa, hast du wieder einmal zu tief ins Glas geschaut oder zu wenig geschlafen? Die Sonne scheint heute nicht.“

Mit diesen Worten klopft er mir kumpelhaft und lachend auf die Schultern. Ich nicke nur und murmle etwas Undefinierbares. Sami lacht „Oh der Herr hat einen Kater.“

Ich lasse sie in den glauben, dann stellen sie wenigstens keine weiteren Fragen. Wir gehen rein, meine Nervosität steigt, ich reibe mir meine feuchten Hände an der Hose ab. Zuerst wird sich einander vorgestellt, dann geht es auch schon zum Interview. Am Anfang verläuft das Interview ganz normal, dann kommt eine Frage „Was macht eure Band so besonders.“

Ich kämpfe innerlich, ich kann das nicht sagen, aber ich muss es für meinen Engel und unser Krümelchen tun. Ein letztes Mal atme ich tief ein und spreche so ruhig wie möglich „Eigentlich macht sie nichts so besonders. Jeder der Band wäre austauschbar, solange er ein Instrument spielen kann. Manchmal denke ich sowieso, dass Janne damals besser war als Riku. Es ist mir eigentlich egal mit wem ich Musik mache, wenn sie gut sind und ich im Vordergrund stehen kann.“

Meinen Blick senke ich auf den Boden, kann aber die durchdringenden Blicke der anderen spüren. Ja dieser letzte Satz, das hat Janne immer von mir damals behauptet, obwohl es überhaupt nicht zutrifft. Der Moderator scheint ein wenig verunsichert von meiner Antwort zu sein, macht dann aber weiter. Hi und da lasse ich immer Mal wieder einen bösen Kommentar fallen. Immer mehr muss ich den dicken Kloss in meinem Hals, versuchen runterzuschlucken. Endlich ist das Interview fertig, wir können raus, kaum sind wir draussen kommt Aki zu mir. Er ist sauer, so habe ich ihn noch nie erlebt „Was sollte das den Samu. Ich kann die Schlagzeilen schon deutlich sehen, was ist nur in dich gefahren?“

Noch bevor ich etwas erwidern kann, klingelt mein Handy. Da muss ich jetzt rangehen, ich entschuldige mich und gehe nach draussen, dann drücke ich den grünen Hörer. Jannes dreckiges Lachen dringt an mein Ohr „Das war fantastisch, dir zuzusehen wie du leidest und deinen Traum zerstörst.“

„Ich habe gemacht was du von mir verlangt hast, jetzt lass Karina gehen.“, sage ich wütend und gleichzeitig verzweifelt. Nach einer kurzen Pause sagt er „Samu das war nur der Anfang, es geht noch weiter. Ich werde mich wieder bei dir melden, wenn es an der Zeit ist.“

Was hat er gesagt „Bitte Janne lass sie frei, sie kann nichts dafür. Du bist sauer auf mich und nicht auf sie, lasse mich mit ihr sprechen, bitte?“

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, mein Atem geht viel zu schnell, als er endlich antwortet „Nein ich werde sie nicht gehen lassen, jetzt habe ich das was dir am wichtigsten ist. Aber ich will mal nicht so sein.“

Kurz ist es ruhig, dann höre ich eine leise Stimme „Samu mein Schatz….ich liebe dich…..“

Weiter kommt sie nicht, ich höre Jannes Geschrei im Hintergrund, dann sagt er in den Hörer „Ich will hier kein Geschnulze hören, melde mich wieder bei dir Samu.“

Er hat einfach aufgelegt, ich möchte schreien, aber kein Ton entweicht meiner trockenen Kehl. Janne hat sie wieder geschlagen, ich habe es gehört. Dieser verdammte Mistkerl und ich muss untätig zuhören. Das wird mir alles zu viel, meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding. Mit wackligen Schritten gehe ich wieder zu den Anderen, welche mich böse anschauen. In Rikus Blick kann ich die Enttäuschung sehen, er kommt auf mich zu. Wie durch Watte dringt seine Stimme an mein Ohr „Warum hast du das gesagt? Ich dachte du bist mein bester Freund.“

Ich kann nicht mehr, die Angst um Karina und unser Krümelchen, jetzt auch noch die Jungs gegen mich zu haben, ist unerträglich. Antworten kann ich nicht, meine Kehle ist wie zugeschnürt. Mein Körper fängt an zu zittern, um mich dreht sich alles, dann geben meine Beine nach. Der erwartete Aufprall kommt aber nicht, stattdessen wird alles schwarz um mich und verschlingt auch diesen unendlichen Schmerz in mir.

You're an angel not asking who I'amWo Geschichten leben. Entdecke jetzt