29. Juni
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als er ausholte.
Seine Hand kam meiner Wange immer näher und ich hatte das Verlangen, ihn abzuwehren.
Doch ich war zu langsam.
Er traf mein Gesicht mit einer unbeschreiblichen Wucht.
Ich hörte mich selbst schreien, aber es fühlte sich nicht echt an.
Ich brach zusammen und kauerte unter ihm.Es wirkte auf mich, als würde ich das Geschehen aus einem anderen Körper beobachten, ehe ich wieder in die Realität zurückkehrte.
Von unten sah er noch bedrohlicher, noch mächtiger aus.
Erst da schien er zu bemerken, was er getan hatte.
Schnell setzte er sich zu mir, strich mir über meine Wange und versuchte, mich zu beruhigen.
Das tat er immer, nachdem ich das Ventil für seine Wut geworden war. Nachdem er mich, seine Freundin, geschlagen hatte.
"Oh Gott, es tut mir leid. Geht es dir gut, mein kleiner Engel?", sein Atem roch leicht süßlich nach Bier und fügte mir eine unangenehme Gänsehaut zu.
Ich rappelte mich benommen auf. Ich wusste, ich würde nicht wieder schwach werden, nicht wie jedes Mal. Meine Hand wanderte zu meiner pochenden Wange, durch welche das Blut pulsierte.
"Es ist vorbei, du Idiot!", schrie ich und die Gefühle in mir schienen zu explodieren. Als er versuchte, mich in seine Arme zu nehmen, die ich anfangs noch als schützend vernommen hatte, wehrte ich mich sofort. Ich stieß ihn von mir, als wäre da gar nichts zwischen uns - als wäre da noch nie etwas gewesen.Weinend stürzte ich aus der Tür seiner Hütte in dem Schrebergarten seiner Familie.
"Zoë, wenn du mich jetzt verlässt...!", ich vernahm eine drohende und zudem aggressive Stimme, die noch immer in meinen Ohren dröhnt.
Ich fuhr herum und das grelle Licht seiner Taschenlampe leuchtete mir in mein tränenverschmiertes Gesicht.
"Was dann? Wirst du es jedem erzählen? Wirst du jedem erzählen, was ich verbrochen habe?", fragte ich, während meine Stimme vor Wut bebte.
"Bitte, Zoë, ich liebe dich...", erwiderte er, als wäre es ernst gemeint. Als hätte er mir nie wehgetan.
Ich konnte nicht anders, ein lautes Lachen - welches, im Nachhinein betrachtet, vermutlich ziemlich verrückt klang - entfuhr mir, "Jaja, du liebst mich. Aber Moment, wusstest du schon, dass Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen sollten? Und du hast mir mein Herz gebrochen, als du mich das erste Mal geschlagen hast. Schluck das, du Spaten."
"Ich werde jedem erzählen, wie unser erstes Mal verlief!"
Ich wollte gerade weglaufen, als eine Bierflasche an meinem Kopf vorbeizischte.
Er hatte mich mit einer Bierflasche beworfen.
Und sie hat mich bloß um Zentimeter verfehlt.
Ich heulte wie ein Schlosshund, während ich flüchtete, vor dem Mann, den ich mal liebte.Ich war drauf und dran, in meine Straße einzubiegen, als ich geradewegs in jemanden hineinrannte. Ein Mann, groß, schmal und das, was man von dem leichten Licht der Straßenlaterne von ihm erkennen konnte, war unfassbar schön. Seine Augen hatten einen Grauton, der beinahe in ein eisiges Blau überging und sein tiefbraunes Haar war kurz, aber leicht verwuschelt. Er schien ein wenig älter als ich zu sein, aber war muskulös und allgemein furchtbar anziehend.
Er war bei Weitem der brestaussehendste Mann, den ich in meinem Leben jemals gesehen hatte.
Er sah mich eine Weile besorgt an, bevor er den Mund öffnete.
Klar, natürlich, er wollte sein Mitleid aussprechen, ohne eine Ahnung zu haben, was geschehen war.
"Geht es dir gut?", fragte er mit sympathischer, rauer Stimme.
"Oh, wow, das wurde ich eben auch schon gefragt. Nein, verdammte Scheiße, mir geht's nicht gut. Ist das nicht irgendwie zu erkennen?", ich warf die Hände in die Luft und sah wütend zu ihm hinauf, bevor ich auf dem Absatz kehrt machte und abhaute.Jetzt, im Nachhinein, bereue ich, dass ich ihn hab stehen lassen.
Aber das Gute an der ganzen Sache ist, dass das nicht unsere letzte Begegnung war.
Es war unsere erste und der Anfang, von der unglaublichen Geschichte, die wir gemeinsam teilen.
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Das Beste Jahr In Meinem Leben
Romance❝ Wie soll man lieben, wenn einem nie gezeigt wurde, wie man überhaupt genau das tut?❞- Das ist die Frage, die sich die Schwester eines psychisch labilen Bruders, die Tochter eines alleinerziehenden Vaters, der kein Glück in der Liebe hat, und die...