Erzählung 35

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Ich erschauderte. Nein das durfte ich nicht zulassen. Was hatte diese Psychopathin bitte noch alles geplant um uns zu quälen? In meinem Kopf spielten sich Szenen eines Films ab den ich vor einiger Zeit nachts gesehen hatte als ich nicht schlafen konnte. In dem ging es um mittelalterliche Foltermethoden. Ich sah Bilder wie wir auf einer Streckbank lagen, Daumenschrauben bekamen und vieles mehr. Als Chris wieder unten auf dem Boden ankam knickten seine Beine sofort ein. Er sank langsam auf den Boden und der Haken machte auch erst halt als mein Bruder auf dem Boden lag. Sven löste Chris' Fesseln von dem rostigen Teil und half ihm sich aufzusetzen. In dieser Position kam Chris' ausgekugelte Schulter noch deutlicher zum Vorschein. Übelkeit kam mir in mir hoch als ich die Beule auf der Schulter, die das rausgesprungene Gelenk verursachte, anschaute. Als Chris mithilfe von Sven seinen rechten Arm anwinkelte verzog er schmerzverzerrt das Gesicht und wimmerte. Mein Kleiner musste dringend ins Krankenhaus! Ich wollte gerade den Mund aufmachen um soetwas zu sagen, als Sven plötzlich ohne Vorwarnung mit seiner rechten Hand nach Chris' Schulter griff und mit der linken gleichzeitig seinen angewinkelten Arm schnell nach hinten drückte. Es gab ein Knacken und Chris schrie erneut auf. Ich kniff die Augen zu, doch zu spät. Bei dem Anblick wie das Schultergelenk wieder an seinen Platz gerutscht war kam mir ein Schuss Magensäure hoch, den ich nur mit Mühe bei mir behalten konnte. „Wieder fast wie neu", meinte Sven und richtete sich auf. „Versuch es in nächster Zeit möglichst still zu halten." Chris reagierte nicht, sondern hielt sich seine schmerzende Schulter während er sich zusammenkrümmte. Seine roten Handgelenke interessierten ihn momentan gar nicht. Ich wollte einfach nur zu ihm, ihn in den Arm nehmen und ihm sagen wie leid es mir tat. „Ich denke das war erstmal Lektion genug für euch oder? Wir wollen doch nicht das einem von euch noch etwas Schlimmes wiederfährt", sagte Eva mit gespielt trauriger Stimme am Ende. Am liebsten hätte ich sie lauthals angeschrien wie so oft, aber bevor Chris wieder was abbekam nur weil ich Mist baute senkte ich bloß meinen Kopf und biss die Zähne zusammen. „Na komm Chris. Bringen wir dich rein", hörte ich Eva und hob meinen Kopf wieder. Chris kam gerade wieder auf die Beine und wurde dabei von Sven auf der linken Seite gestützt. Die beiden hatten mir den Rücken zugedreht und liefen kurz darauf langsam Richtung Ausgang. Eva kam nochmal zu mir und beugte sich zu mir herunter. Ihre Hände legte sie auf meinen Unterarmen ab und ihr Gesicht kam nah an meines. „Keine Sorge Großer. Dich holen wir auch gleich", sagte sie, drückte mir einen Kuss auf die Wange, bei dem ich vor Ekel gerne zurückgewichen wäre, und folgte dann den anderen beiden. Ich beobachtete die drei schweigend bis sie durch das Tor nach draußen verschwunden waren.

Die Zeit verging und niemand kam zurück. Die Sonne ging langsam unter und die Kälte fraß sich durch meine Haut in meine Glieder. Ich rüttelte an den Fesseln und versuchte loszukommen. Rufen hätte vermutlich eh keinen Sinn gemacht. Nach gefühlten Stunden kamen dann endlich Sven und Eva wieder. Während Eva die beiden Fußfesseln löste fragte sie: „Ich nehme mal an du machst gleich keine Dummheiten, wenn wir rüber ins Haus laufen?" Ich schüttelte den Kopf und flüsterte: „Nein." Und das stimmte auch. Ich war am Ende meiner Kräfte. Die Anspannung vorhin und die Kälte hatten mir meine letzte Kraft geraubt, die ich nach der letzten Folter noch besaß, sodass ich bei einem Flucht- oder gar Kampfversuch vermutlich nicht sehr weit gekommen wäre. „Sehr schön", meinte Eva grinsend und löste auch die Manschetten um meine Handgelenke. „Hier zieh die an", sagte sie und Sven schmiss mir eine schwarze, weite Jogginghose zu. Mit etwas wackeligen Knien stand ich auf und schlüpfte in die Hose. Als ich fertig war spürte ich wie sich plötzlich von hinten etwas eng um meinen Hals legte.

Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt