Prolog

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Die Sonne ging gerade auf und tauchte die schleierhaften Wolken am Himmel über Mexiko in dunkles Orange. In der flachen, stillen Wüstenlandschaft zeichneten sich in der Ferne gegen die aufgehende Sonne die tiefschwarzen Umrisse von Kakteen, Büschen und weit entfernten Felsen ab.

Am Rande der einsamen Highway-Kreuzung, direkt vor dem Holzgerüst eines großen Werbeschilds, stand ein einziges Auto, an dem zwei Männer lehnten.

Simon Kurthill und sein Begleiter Patrick Dawson rauchten bereits ihre zweite Zigarette, seit sie vor dreißig Minuten an diesem verlorenen Fleck im Nirgendwo angekommen waren. Doch genau hier war der Treffpunkt. Und ihr Rendezvous ließ auf sich warten.

„Glauben Sie, die kommen überhaupt noch?", meinte Dawson beiläufig, während er zum wiederholten Male auf seine Armbanduhr stierte.

„Die werden kommen", gab Simon knapp zurück, zog an seiner Zigarette und ließ den wachen Blick über die unendlich scheinenden Straßen schweifen, die düster in der Morgendämmerung lagen.

Simon arbeitete seit einem Jahr für die vor drei Jahren gegründete Bioterrorism Security Assessment Alliance, kurz BSAA; eine internationale Anti-Bioterror-Organisation. Die Spannbreite ihrer Einsätze reichte von Spionageaufträgen bis hin zu größeren Kampfeinsätzen mit Boden-, Wasser- und Lufttruppen.

Mittlerweile war die BSAA die größte und wichtigste internationale Instanz, die Bioterroristen wie bioorganische Waffen gleichermaßen bekämpfte und sich die weltweite Auslöschung dieser wachsenden Gefahr auf ihre Fahnen geschrieben hatte.

Sein Kollege Dawson war erst seit einem halben Jahr mit an Bord der BSAA.

Das Treffen hier in Mexiko war das zweite, das mit den Verbindungsmännern von Pseudothyra, einem internationalen Biowaffen-Syndikat, vereinbart worden war.

Man hatte Simon eigens für diesen Auftrag eine falsche Identität mit komplettem Lebenslauf erstellt. Er spielte die Rolle von Frank Gage, dem internen Vertreter eines jungen Forschungsunternehmens namens Bio And Future Tech, das angeblich großes Interesse an Forschungsmaterial von biologischen sowie bioorganischen Waffen hatte. Dawson spielte seinen persönlichen Assistenten.

Natürlich war so ein Handel höchst illegal, und daher war es schwierig gewesen, überhaupt Kontakt mit Pseudothyra herzustellen; umso mehr, als dass diese einem neuen, bisher unbekannten Verhandlungspartner wahrscheinlich noch misstrauischer gegenüberstanden.

Das vorrangige Ziel war es demnach, sich als angebliche Kaufinteressenten das Vertrauen des Syndikats zu erwerben, um im Anschluss so viel über dessen System und Methoden herauszufinden, wie nur möglich. Unter anderem, wie verbreitet das Syndikat auf dem Globus war und wie viele Einrichtungen es in diesem weltweiten Netzwerk gab.

Seit fünf Monaten stand die BSAA mit Pseudothyra nun in Kontakt.

Auch das erste Treffen vor ein paar Wochen hatte in Mexiko stattgefunden – wenn auch in einem anderen Teil des Landes.

Bei dieser ersten Verabredung an einem alten, heruntergekommenen Lagerhaus waren gleich vier Männer erschienen. Die Respekt einflößenden Kerle hatten Simon und Dawson zunächst gründlich abgetastet und ihnen anschließend unzählige Fragen gestellt, ehe sie sich dann mit dem Hinweis, sich wieder zu melden, aus dem Staub gemacht hatten.

Diese erste Begegnung war lediglich ein gegenseitiges Beschnuppern und das Sicherstellen von wirklichem Interesse gewesen. Das heutige Treffen würde nun hoffentlich einen wesentlichen Schritt weiterführen. Doch was die beiden Agenten genau erwartete, wusste keiner von ihnen.

RESIDENT EVIL - Side Stories (3) Fatal Abyss [ROMAN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt