Dort liegt sie nun im Licht der OP Lampen. Ihr ehemals weißes Gewandt besudelt, wird gerade aufgeschnitten. Der Anästhesist gibt ihr gerade.das Narkotikum. Keine 20 Sekunden vergehen, und alle, bis auf der Chirurg halten inne und betrachten mit offenen Mund was gerade passiert. Die eben noch so lockigen Haare, werden glatt. Etwas derartiges habe ich noch nie gesehen. Die Schwestern haben sich wieder im Griff, und fangen jetzt an mit Feuereifer zu arbeiten. Schon bevor der Chirurg sie aufgeschnitten hat, war mir klar, dass sie einen Darmverschluss hat. Doch das Ausmaß, wird auch mir erst klar, als der Arzt fast 15 Meter Darm ans Tageslicht bringt. Es ist ungehäuerlich, dass das Kind nicht schon Tage zuvor vor Schmerzen gestorben ist. Aber ich habe selbst gesehen, dass sie noch vor Minuten mit anderen Kindern gespielt hat. Sie hat zwar einen kränklichen Eindruck gemacht, doch nichts rechtfertigt DAS! Der Blimddarm muss schon länger gebrochen sein.
Die OP ist nun schon seit einer Weile im Gange, und meine Aufmerksamkeit fällt nun wieder auf mein Bein. Während ich angespannt die Ärzte bei ihrer Arbeit beobachtet habe, war mein Bein kaum ein Pochen im Hintergrund meiner Gedanken. Doch jetzt wird mir wieder das volle Ausmaß.meiner Schmerzen bewusst. Stöhnend lehne ich mich in die Zimmerecke aus Plexiglas und Ziegelwand. Krampfhaft umklammere ich den Griff meines Stockes, Atmen geht nur noch Stoßweise. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt diesem Kind den Rücken zu kehren und mir daheim Morphin direkt in den Oberschenkel zu hauen.
Doch mir fehlt der Antrieb. Einerseits will ich das Mädchen nicht aus den Augen lassen, andererseits wird das laufen höllisch weh tun.
So stehe ich da in meiner Ecke, einer scheinbar auswegslosen Situation. Vorsichtig versuche ich mit dem rechten Bein auf zutreten. Der Schmerz, der daraufhin durch meinen Gesamten Körper schießt hat schon weit die Grenze überschritten, in der man 'Aua' sagt. Es ist so schlimm, das kein Wort über meine Lippen kommt, nur ein leises, qualvolles knurren kommt aus meiner Kehle. Kalter Schweiß steht auf meiner Stirn, und sowohl mein Bein, als auch die Hand welche den Stock hält, zittern. So in meiner eigenen Welt gefangen, die nur aus brennendem Schmerz und diesem kleinen Mädchen gefüllt ist, fällt mir nicht auf, das jemand das Zimmer betritt.
Still und leise stehe ich da, mit mir selbst ringend. Mein Sichtfeld wird von kleinen schwarzen Punkten umrandet. ''House?'', ich zucke heftig zusammen, als jemand seine Hand auf meine Schulter legt. Wortlos drehe ich mich herum und blicke in die Augen von Lisa Cuddy. ''Alles gut bei ihnen?'' Ich muss meine Grauen Zellen ganz schön arbeiten lassen, doch schließlich habe ich eine Antwort gefunden. 'Mir, ja, mir geht es schon gut. Aber dieses Mädchen, sehen sie sie? Ihr geht es nicht gut. Ihr geht es grauenhaft. Es grenzt an ein Wunder wenn sie das halbwegs unbeschadet übersteht. Und sie, sie hätten dieses arme Mädchen einfach warten lassen, wo sie doch so dringend eine Behandlung braucht. Ich habe es ihnen bereits gesagt, und sage es gerne noch einmal. Sie wären eine Miserable Mutter, und ich danke diesem nicht existierendem Gott, dass sie unfähig sind selbst Kinder zu bekommen.''
Es war gemein, und es war unter die Gürtellinie. Doch ich muss sie los werden. Sie weicht zurück, in ihren Augen spiegelt sich wahre Verletztheit. Eine einzelne Träne läuft über ihre Wange. Am liebsten hätte ich sie weggeküsst, ihr gesagt, dass ich es in Wahrheit nicht so gemeint habe. Wortlos verlässt Cuddy das Zimmer. Einen Moment zögere ich, war das wirklich nötig? Ich komme zum Schluss, das es besser ist wenn sie verletzt und sauer ist, als wahrhaftig Mitleidig. Das würde ich nicht aushalten. Camerons Mitleid ist schon schlimm genug. Aber Cuddy, Cuddy die mir Paroli bietet, die mich antreibt.
Ich beschließe nach Hause zu gehen, und meine Schmerzen in Morphin zu ersticken. Bevor ich es mir anders überlegen kann laufe ich los. Es ist unglaublich schlimm, atemraubend. Schritt für Schritt kämpfe ich mich zur Tür. Als ich auf den Gang blicke, sehe ich wie Cuddy die Toilette verlässt. Sie würdigt dem Raum aus dem ich komme keines Blickes, uns dampft in entgegengesetzte Richtung davon. Mit dem Gedanken daran, dass sie wenigstens einen Bruchteil meiner Qualen trägt, kämpfe ich mich Richtung Eingang. Ich komme durch einen Gang, in welchem die Angehörigen von Patienten warten, bis diese aus dem O. P. kommen. Natürlich sitzt dort auch die Mutter der jungen Patientin. Natürlich kommt sie direkt auf mich zu, wie konnte ich auch nur einen Sekundenbruchteil hoffen, dass sie mich übersieht und in Ruhe lässt. ''Dr. House, bitte, sagen sie mir. Wie geht es meiner Tochter?'' Woher weiß sie bitte wie ich heiße? Schließlich trage ich keinen hässlichen Kittel mit einem Namensschild. ''Erstens, sie ist noch im O. P., was wiederum heißt, sie ist noch nicht tot. Klingt doch toll oder? Zweitens, lassen sie mich jetzt in Ruhe. Ich muss ein Präparat in meine Blutbahn spritzen, damit ich endlich wieder klar denken kann. Auf wiedersehen.''
''Aber Dr. House, sie müssen meiner Tochter helfen, sie...''
''Ich muss gar nichts!'', unterbreche ich sie barsch. ''Ich bin weder der Zuständige Arzt, noch habe ich den Hauch von Interesse, der jenige zu werden. Jetzt gehen sie mir aus dem Weg.'' Ohne auf eine Antwort ihrerseits zu warten, hinke ich so schnell es geht an ihr vorbei. Ich kann spüren wie mein Zustand sich verschlechtert. Hoffentlich ist das verdammte Taxi noch da.
Und tatsächlich, es steht da wie bestellt und nicht abgeholt. Ich öffne die Schiebetür des VW-Busses, und hieve mich schnellstmöglich in den Sitz. ''Chaalo, ichk bin Ranji, und werde cheute ihr Fahrerr seijn. Wo dharfh ichk se hin bringen?''
Langsam blicke ich auf. War das wirklich möglich? Wollte dieser nicht existierende Gott mich wirklich so quälen? War mein Bein nicht genug?
''Ich mache Ihnen ein Angebot. Bringen sie mich in die Baker Street 221 b, halten sie dabei die Klappe, lassen das Radio aus und drücken ordentlich auf die Tube, dann springt das doppelte Fahrgeld raus. Abgemacht?'' ''Gebongt!'', erwidert er und fährt sofort los. Endlich jemand der tut was ich sage. Auch wenn mein Indischer Freund fährt, was das Auto her gibt, mir kommt es vor wie eine niemals endende Tortur. Mein Sichtfeld besteht mittlerweile mehr aus schwarzen Pünktchen als tatsächlichen Bildeindrücken. Irgendwann schließe ich einfach die Augen. Doch jetzt haben meine Schmerzen meine Sinne voll im Griff. Es blockiert meine gesamte Wahrnehmung, und auch im Nachhinein kann ich nicht sagen, ob es sich um Minuten oder Stunden gehandelt hat. Doch in dem Moment in dem der Taxi Fahrer neben mir steht, ''Aufwahcken mejn Freunt.'', sagt und mir auf den Oberschenkel 'klopft' ist mir klar: Wir sind angekommen. ''Ahhh, you fucking Wanker. You dickhead, you cunt, you twat, you...'' ''Oh, sorry. Habe ick ihjnen wejgetan?'' Ohne auf seine Frage ein zu gehen, mühe ich mich so gut es geht auf einem Bein aus dem Auto. ''Sie müssen nock besahlen.'' ''Nur ruhig mein Indischer Freund, das Geld ist drinnen.''
Ich betrete meine Wohnung und hinke direkt zum gegenüberliegenden Bücherregal. ''Können sie mir einen Gefallen tun und diese grüne Kiste mir herunter holen?'' Der Fahrer grummelt zwar irgendwas, kommt meiner bitte jedoch nach. Währenddessen ziehe ich das Buch 'I see a darkness' aus dem Regal. Darin versteckt ist ein Teil meines Geldvorrates. Ich nehme 80,00$ heraus und tausche diese gegen die grüne Kiste in der Hand des Taxifahrers. ''Schließen sie die Tür wenn sie gehen.''
Als der Mann endlich weg ist, ziehe ich meine Hose runter und lasse mich aufs Sofa fallen. Ohne Umschweife, ziehe ich mir eine Spritze auf, und jage sie mir in den Oberschenkel.
Endlich schmerzfrei...