Mein Herz setzte für einen Moment aus. „R...rächen? Wie...", fragte ich unsicher und umgriff mit meiner rechten Hand einen der kalten Gitterstäbe vor mir. Chris drehte seinen Kopf wieder nach vorne und sprach eiskalt: „Ganz einfach Bruder. Wie du mir so ich dir. Du lässt zu das ich leiden muss, also..." Ich konnte nicht begreifen was ich da hörte. Wo war mein Bruder, der es immer gehasst hatte andere leiden zu sehen? Der meine Kinder stundenlang tröstete und verwöhnte, wenn sie sich verletzt hatten? Der mich verzweifelt angesehen und geweint hatte als Eva mir in die Brust geschnitten hatte? Das uns das hier verändern würde war klar, aber der Mensch vor mir hatte in diesem Moment nichts mehr mit meinem kleinen Bruder gemein. Unwillkürlich wich ich zurück bis ich durch die Käfigstäbe aufgehalten wurde. Ich öffnete meinen Mund um etwas zu erwidern, doch schloss ihn direkt wieder. Mein Gehirn war wie leergefegt. Da öffnete sich die Kellertür. Licht drang nach unten und ein Schatten war auf der Treppe zu sehen. In der nächsten Sekunde waren ein paar Füße zu erkennen, die zu uns herunterkamen. Als die Person unten war erkannte ich, dass es ein Mann war den ich zwar nicht kannte, der aber genauso breit gebaut war wie Sven und Tobi. Er trug 2 Tabletts, von denen er je eins vor unsere Käfige stellte. Wortlos ging er wieder nach oben und schloss die Tür. Im trüben Licht der Glühbirne sah ich mir das silberne Tablett an. Darauf standen ein Teller mit einem Käse- und einem Salamibrot, sowie eine 1,5 Liter Flasche Wasser. Ich griff nach der Flasche und trank ein paar Schlucke. Das Brot rührte ich nicht an. Ich hatte absolut keinen Hunger. Ein Blick nach links zeigte mir, dass Chris gerade 2 Tabletten in die Hand nahm und sie mit dem Wasser aus seiner Flasche herunterspülte. Was waren das für Tabletten? Ob die für seinen Wandel verantwortlich waren? Oder waren es einfach nur Schmerztabletten für seine Schulter? Ich grübelte ob ich ihn danach fragen sollte, doch als ich die Ungewissheit nicht mehr aushielt tat ich es einfach. Er biss von seinem Brot ab, kaute und schluckte. Erst dann antwortete er ohne zu mir zu blicken: „Was interessiert es dich? Aber bevor du jetzt nervst... das sind Schmerztabletten." „Okay", meinte ich traurig mit leiser Stimme. Ich hoffte er hatte recht, aber selbst wenn nicht wie sollte ich ihn davon abhalten diese Dinger zu schlucken? Wenn ich irgendwas sagen würde, würde er mir bestimmt nur vorhalten, dass ich doch nur wollte, dass er noch mehr leiden muss. Und sie ihm wegnehmen kam auch nicht infrage. Ich konnte also nur hoffen. Da ich nichts Anderes zu tun hatte legte ich mich hin mit den Füßen in Richtung meines Bruders, benutzte meinen rechten Arm als Kissen und schloss die Augen. Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich aufschreckte war mir eisigkalt. Ich trug immer noch nur eine Jogginghose und spürte wie die Kälte hier unten mir in die Glieder gekrochen war. Mein kompletter Körper tat weh. Langsam setzte ich mich auf und blickte zu Chris. Er lag in eine Decke eingewickelt da und schien zu schlafen. Wo hatte er die denn her? Ich blickte mich um und sah das vor meinem Käfig eine zusammengefaltete Decke lag. Ich nahm sie und breitete sie aus. Sie war groß genug damit man sich darauflegen und sich gleichzeitig damit zudecken konnte. Wegen dem Platzmangel war es schwierig die Decke richtig hinzulegen, wobei ich darauf achtete nicht zu viel Lärm zu machen um Chris nicht aufzuwecken, doch schließlich hatte ich es geschafft und legte mich wieder hin.
„Guten Morgen", wurde ich von Evas fröhlicher Stimme geweckt. Ich stöhnte beim Aufrichten und ließ meine schmerzenden Schultergelenke kreisen. „Na gut geschlafen?", fragte Eva lachend als sie mich dabei beobachtete. Ich schwieg und versuchte mich einigermaßen gerade hinzusetzen. Chris setzte sich ebenfalls gerade auf, was ihm sichtlich schwerzufallen schien. Ich spürte wie mein schlechtes Gewissen wieder auf Hochtouren lief. Er musste diese Nacht echt gelitten haben auf dem harten, kalten Boden. „Hm was machen wir denn heute", meinte Eva mehr zu sich selbst als zu uns und lief ziellos durch den Raum. „Ah ja ich weiß was. Also als erstes kommt ihr mal ins Bad und dann wechseln wir eure Verbände. Nicht das sich da noch was entzündet." Entzündet? Diese... Ah ich würde ihr so gerne alle möglichen Schimpfwörter an den Kopf schmeißen die mir gerade einfielen und das waren nicht gerade wenige. Doch ich schaffte es mich zusammenzureißen. Ich musste echt aufpassen. Nicht das Chris noch einmal etwas zustieß, denn dann würde er nie mehr mit mir reden. „Chris Süßer du zuerst", säuselte Eva und schloss seine Käfigtür auf. Sven kam in diesem Moment die Treppe herunter und ging direkt auf Chris zu, der gerade gebückt aus seinem Gefängnis trat. Sven stellte sich neben ihn und half ihm vorsichtig. Was ging mit dem Kerl eigentlich schief? Sorgte sich so hilfsbereit um meinen Bruder und im nächsten Moment half er wieder uns zu quälen? Als Chris aufrecht stand strich Eva ihm zart mit einer Hand über die Wange. Er rührte sich nicht, sondern wartete einfach bis Eva zur Seite trat. Warum schaffte ich das nicht einfach? Dann lief er langsam weiter mit Sven an seiner Seite. Doch kurz vor der Treppe drehte Chris seinen Kopf zu mir und grinste böse. Ich riss meine Augen auf und bekam ein mulmiges Gefühl, als Chris plötzlich ein Bein zur Seite streckte und Sven darüber fiel.
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Ihr. Entkommt. Nicht!
Fiksi PenggemarEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...