Musik

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Das grüne Getränk roch fruchtig, aber auch nach Kiefernwald im Sommer, wenn die Luft den süßlich, trägen Geruch des Harzes angenommen hat. Es duftete wie eine bunte, taubedeckte Blumenwiese, die nach einer kalten Nacht die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne begrüßt. Es schmeckte weder fruchtig, noch süßlich oder herb. Vielmehr hatte es den Geschmack eines warmen Kräutertees, der vorm Kaminfeuer getrunken wird, während draußen der Wind einige Schneeflocken durch die sternenklare Nacht tanzen ließ.

Ich hatte einen kleinen Schluck davon probiert. Doch sobald das Aroma vollends seine Wirkung entfaltete, schloss ich die Augen und nahm genussvoll noch einen Schluck. Nach einigen Momenten des Genusses öffnete ich meine Augen und blickte in Pietros belustigtes Gesicht. "Schmeckt's?" Ich nickte. "Das hier ist das köstlichste, was ich je getrunken habe. Was ist da drinnen?" Er lächelte mich geheimnisvoll an. "Darf ich dir nicht sagen. Das ist top secret. Wenn ich es dir verraten würde, müsste ich dich töten." 

Gedankenverloren nahm ich noch einen Schluck des Getränks. " Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemanden umbringen könntest." Schlagartig wich sein Lächeln einer Ernsthaftigkeit, die zwar ungewohnt, mir aber nicht gänzlich fremd war. Genauso hatte er Wanda angesehen, kurz bevor sie sich gestritten hatten. "Du kannst es dir nicht vorstellen!" er lachte, aber sein es klang dumpf und hol." Ich habe schlimmere Dinge getan, als irgendjemanden umzubringen. Man sieht mir zwar nicht an, zu was ich fähig war, aber ", er hielt mir seine Hände hin, " an den beiden klebt mehr Blut, als an den Händen eines Massenmörders. Zweifel niemals daran, dass ich nicht bereit wäre jemanden zu töten."

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also hielt ich es für besser zu schweigen. Einige Momente verstrichen und eine drückende Stille legte sich über uns. Kurz bevor ich es nicht mehr aushalten konnte, setzte Pietro ein entschuldigendes Lächeln auf und durchbrach das Schweigen: " Tut mir leid. Das Leben ist ernst, wir sollten über schönere Dinge reden." Ich nickte zustimmend.

"Stell dir vor, du hättest ein ganz normales Leben gehabt. Welchen Beruf würdest du ausüben?" Pietro fing an zu lachen, aber auf meinen strengen Blick hin, setzte er eine nachdenkliche Miene auf. "Ich glaube, irgendetwas medizinisches. Ein Beruf, bei dem man Menschen helfen kann." Gedankenverloren nickte ich. " Ja. Das kann ich mir gut vorstellen. " Pietro sah mich neugierig an. "Und du? " ich überlegte einen Moment, ehe ich antwortete: " Künstlerin. Ich habe früher meiner Mutter immer beim malen zugesehen. Meine Kreationen waren zwar nicht sehr gelungen, aber es hat immer Spaß gemacht zu zeichnen."










Als die Sonne langsam hinter den Häusern unterging und das Zimmer in goldenes Licht getaucht wurde, war uns, vor allem aber mir, der Alkohol zu Kopf gestiegen. Ich hatte früher nicht oft getrunken, folglich hatte ich keine Ahnung, wie es auf mich wirkte. Jetzt aber fand ich heraus, dass ich voller Tatendrang war, wenn ich betrunken war. Leider hatte ich auch eine Menge dummer Ideen, von denen ich nur schwer abzubringen war.

"Och komm schon! Bruce will doch bestimmt auch das super leckere Zeug probieren." Ich versuchte mich an ihm vorbei  zu drängen, doch Pietro hielt mich lachend auf. "Du gehst nicht in diesem Zustand raus! Das letzte Glas hättest du nicht mehr trinken sollen." Er schüttelte tadelnd den Kopf. "Ok, dann machen wir hier drinnen eben was lustiges." Aufgeregt hüpfte ich durch das Zimmer, auf der Suche nach etwas zu tun. Mir war schrecklich langweilig.

An einem Regal hielt ich inne. Es stand eine schwarze Stereoanlage darauf und daneben reihten sich einige CDs auf. Neugierig schaltete ich sie an und mit einem Mal tönte klassische Musik aus den Lautsprechern. "Du hörst klassische Musik?". Ich musste schreien um die Musik zu übertönen. Mit einem Mal stand Pietro neben mir und schaltete die Anlage ab. " Die hat Bruce mir ausgeliehen." Seine Wangen waren rot.

Fire and QuicksilverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt