Kapitel 12: Abschied

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Ich liege im Gras, mit geschlossenen Augen, während meine anderen Sinne umso kräftiger auf mich einwirken. Ich höre wie ein paar Vögel zwitschern, aber auch fernes Donnergrollen. Die Sonne ist angenehm und nicht zu stark, die Grashalme neben mir Wiegen sich im seichten Wind und streicheln somit sanft meine Flügel, welche in dieser Woche sehr schnell gewachsen sind. Ich genieße das angenehme, nicht zu extreme Wetter hier, welches sich als nicht so schlimm herausgestellt hat, wie immer beschrieben. Die immer wärmer werdenden Temperaturen in meiner Heimat kann ich sowieso nicht leiden, da ich mich nur schwer überreden kann, bei Temperaturen über 30 Grad etwas Sinnvolles zu machen. Zudem bleibt der Regen fast aus, den man England und Schottland immer nachsagt.

Die Erste Woche war wie im Flug vergangen, die folgenden Einzeltraining-Stunden haben sich zum Glück nicht so ewig hingezogen wie die Erste. Das Üben mit dem Schwert bereitete mir große Freude, denn anders als gedacht, war ich nicht einmal so ungeschickt. 

Ich kann näherkommende Schritte hören und öffne kurz die Augen. Die Sonne blendet nun. Clay setzt sich neben mich ins Gras. Seine Protektoren, welche er trägt weisen darauf hin, dass er Outdoor-Fliegen war. Ich streiche mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und richte mich langsam auf. Wir begrüßen uns, dann schweigen wir vor uns hin und betrachten den Abgrund, an welchem wir uns vor etwa einer Woche das erste Mal begegnet sind.

Nach einer Weile bricht er das Schweigen: „Ich wollte mich eigentlich nur verabschieden." Er schaut mich nicht an, ich ihn auch nicht, da mein Gehirn gerade damit beschäftigt ist das Gesagte zu verarbeiten. Ich frage mich einerseits, wie das möglich ist und andererseits, wie ich so naiv sein konnte und davon ausgegangen bin, dass alle die ich hier kennengelernt habe solange wie ich bleiben.

Wir schweigen wieder eine Weile vor uns hin, dann sage ich: „Ich begleite dich noch bis zum Haus, ich wollte eh gerade nach Keanu schauen." Ich versuche ihn anzulächeln, doch es misslingt mir kläglich, ich weiß nicht genau wieso es mich so stark trifft, doch irgendwie hat Clay halt zu dem Camp hier dazugehört.

Wir stehen auf und schlendern langsam zu unserem Haus, keiner sagt etwas. Ich habe nicht das Gefühl, dass er möglicherweise die Schule besucht, dafür muss man drei Wochen Camp hinter sich bringen. Beim Haus warten schon Jonas und Levin. Von Enya ist weit und breit keine Spur, mir fällt auf, dass ich sie seit deinem Besuch bei einem der Oberen nicht mehr gesehen habe. Zum Abschied umarmen wir uns und Clay sagt nur kurz: „Wenn dir mal langweilig ist, du weißt ja, Keanu wird mich finden"

Nachdem er gegangen ist, melde ich mich kurz bei meinen Eltern, wie es hier so ist.

An die Tage danach kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Das erste Flugtraining verlief Reibungslos und ohne große Unfälle, ebenso bei Jonas. Ich mochte Fliegen sofort, vor allem das Gefühl von Leichtigkeit und absoluter Freiheit. Nach zwei Wochen im Camp, konnte die wichtigsten Flugabläufe, wie Starten, Landen und wendig fliegen. Zudem kam ich im Training mit Keanu sehr gut voran, ebenso wie Jonas mit seiner Fledermaus Lily.



FeranyoWhere stories live. Discover now