„Ich würde mich jetzt gerne wieder ausruhen. In den nächsten Stunden möchte ich nicht gestört werden. Schreiben sie sich das hinter die Ohren...", schickte Lea ihre Kollegen aus dem Zimmer und drehte sich von Roland und Kathrin weg.
Während die Anästhesistin das Zimmer auch wirklich verließ, nahm sich Roland den nächsten Stuhl von der Wand und setzte sich zu Lea. „Frau Dr. Peters. Ich kann mir vorstellen, dass das für sie nicht einfach ist... Aber sie müssen jetzt nicht nur an sich denken, sondern auch... an ihr Baby..."
Dieser Satz war wie ein Blitzschlag in Leas Ohren. Ihre Trommelfelle vibrierten und ihr Bauch zog sich zusammen.
Ihr Baby? Hatte Roland jetzt wirklich von ihrem Baby gesprochen? Wieso wusste ausgerechnet er von dem Baby in ihrem Bauch? Hatte er das Kleine während des Ultraschalles vor der Operation gesehen? „Ich... Ich habe kein Baby... Das Baby... ist dank der Medikamente, die mir Dr. Globisch wegen der OP gegeben hat, gestorben!", fuhr Lea den Klinikchef an und sah Roland mit Tränen in den Augen an. „Ich habe einen riesen Fehler gemacht! Ich hätte etwas von dem Baby sagen sollen... Aber... Aber das ist ja jetzt zu spät..."
„Es ist nicht zu spät. Ihr Baby ist noch bei ihnen... Ich habe doch vor der Operation eine Ultraschalluntersuchung gemacht. Und dabei habe ich ihr Baby gesehen..." Roland nahm ein Zettelchen aus der Akte von Lea und zeigte es der Ärztin.
„Ich würde sagen, sie sind schon in der neunten oder zehnten Woche... Darf ich ihnen hier ihren Untermieter vorstellen?"
„Das... Das ist mein Kind?", fragte Lea mit Tränen in den Augen.
Mist - waren das jetzt etwa schon die Schwangerschafshormone, die der sonst so toughen Ärztin plötzlich einen Streich spielten? Entwickelte ausgerechnet sie plötzlich für dieses schwarzweiß Bild Gefühle?
Aber was sind diese Gefühle? Das ist doch auch nur eine Erfindung der Werbung, um Menschen umzustimmen, etwas zu tun, was sie unter anderen Umständen nicht tun würden...
Kaum jemand konnte seine Gefühle zügeln und ab und an traf es auch so toughe Ärzte, wie Lea, die von ihren Gefühlen überrascht wurden.
„Ich... Ich würde gerne alleine sein. Wir... Ich habe eine OP hinter mir und würde mich davon gerne erholen können, Dr. Heilmann.", wehrte Lea ein weiteres Gespräch mit dem Klinikchef ab und drehte sich von Roland weg, worauf auch der sich erhob und aus dem Zimmer ging.
Vor der Tür wartete Anästhesistin Kathrin Globisch bereits auf ihren besten Freund Roland; sie hatte Lea und den Chef der Sachsenklinik die ganze Zeit lang während ihres gemeinsamen Gespräches durch die verglaste Türe hindurch beobachtet.
„Und? Hat Frau Dr. Peters ihre Schwangerschaft gegenüber ihres Chefs schon zugegeben?", wollte Kathrin von dem Klinikchef wissen, als er die Tür hinter sich schloss. „Ja, sie...Sie hat es zugegeben, dass sie in ein paar Monaten ein Baby erwartet. Mit dem Ultraschallbild konnte sie auch nicht mehr leugnen, schwanger zu sein...", wusste Roland, bevor er kurz schluckte und fortfuhr: „Aber ich weiß momentan leider noch nicht, dass sie es auch behalten möchte. Sie lehnt das Baby ab... Jegliche Gefühle... Wie wir sie kennen. Gefühle sind doch nichts für unsere Kollegin.", wusste Roland und sah durch die verglaste Tür wieder auf seine Kollegin.
Die hatte sich das Ultraschallfoto ihres Babys neben sich gelegt und schien mit leiser Stimme mit ihrem Ungeborenen zu sprechen.
„Sie wird das Baby garantiert nicht abtreiben.", wusste Kathrin und legte ihre Hand auf Rolands Schulter. „Na komm, Roland. Wir sollten jetzt wieder auf die Station gehen. Dr. Kaminski wird bestimmt wissen wollen, was mit unserer Patientin ist... Vielleicht weiß er auch schon über die Schwangerschaft Bescheid. So gut, wie sich die Kollegen verstehen..."
„Er hätte doch bestimmt in der Hektik über der OP ein Wort über die Schwangerschaft von Dr. Peters etwas verloren. Wenigstens ein kleines Wort.", wusste Kathrin und sah ebenfalls noch einmal auf Lea, die inzwischen wohl eingeschlafen war und ihre Hand weiterhin auf das Ultraschallbild legte.
Dann verließen Roland und die Anästhesistin zusammen den OP-Bereich, wo sie vor der Tür auf Jenne, Leas Freund, trafen.
„Was ist mit Lea? Ich... Ich wollte gerade zu ihr, da hat mir Schwester Ulrike gesagt, ich dürfte nicht zu ihr, weil sie von den Ärzten... Was ist mit Lea?", fragte der Tischler, doch Klinikchef Roland winkte ab und auch von Kathrin erfuhr er nicht, was los war.
„Bitte, ich... Ich bin doch Leas... Ich bin Leas Freund, wir sind... Wir waren ein Paar... Ich liebe Lea...", brüllte Jenne Roland und Kathrin an.
„In Ordnung... Also, Herr Derbeck. Ihre Lebensgefährtin, Frau Dr. Peters... hatte während der Operation einen Herzstillstand; wir konnten sie allerdings wieder stabilisieren. Aber sie sollte sich in den nächsten Stunden noch etwas von der Operation erholen. Fahren sie jetzt am besten nach Hause... Wir melden uns bei ihnen, sobald wir ihnen Genaueres zu Dr. Peters' Zustand sagen können... Im Moment ist sie stabil.", erzählte Kathrin dem Freund von Lea und verabschiedete sich, als ihr Pieper sich zu Wort meldete, in der Notaufnahme.
„Ich... Herr Dr. Heilmann? Irgendwas ist doch da noch... Sie beide verheimlichen mir doch noch etwas. Oder sehe ich das etwa falsch?"
„Nein... nein, wir verheimlichen ihnen nichts, Herr Derbeck. Ich kann sie nur bitten, jetzt wieder nach Hause zu fahren. Wir melden uns, wenn es etwas neues gibt, was wichtig ist. Frau Dr. Peters schläft jetzt sowieso. Sie können für die Kollegin nichts tun."
„Ich glaube ihnen nicht, Herr Dr. Heilmann. Ich will bitte auf der Stelle wieder zu Dr. Peters. Ich bin doch ihr... Freund. Ich liebe Lea. Und ich kann sie jetzt auf keinen Fall hier alleine lassen... Ich muss mich doch gerade in dieser Situation um Lea kümmern..."
Jenne liefen die Tränen der Verzweiflung aus den Augen und Roland sah den Freund seiner Kollegin mit einem eindringlichen Blick an, bis er zustimmend nickte und sagte: „Dann... Setzen sie sich ruhig an Dr. Peters' Bett und kümmern sich um die Kollegin. Aber... Sie sollte sich in den nächsten Minuten und Stunden bitte nicht aufregen. Sollte die Kollegin wollen, dass sie das Zimmer verlassen, dann tun sie das bitte..."
„Danke, Dr. Heilmann... Vielen Dank. Ich kümmere mich natürlich um Lea...", versprach Jenne und stand schon nach kurzer Zeit neben Leas Bett.
Die Neurochirurgin allerdings schlief bereits tief und fest, weswegen sich Jenne einen Stuhl nahm und sich leise neben Lea setzte. „Hey, Lea... Hallo. Ich bin es, Jenne. Wie geht es dir?", sprach der Handwerker die Chirurgin an, wovon Lea aufwachte und ihn etwas verschlafen ansah. „Jenne? Was machst du denn hier?"
„Ich wollte nach dir schauen, Lea. Du machst ja Sachen..." „Was meinst du?", wollte Lea erschrocken wissen und ihr Blick fiel auf das Ultraschallbild, das noch immer unter ihrer Hand lag.
Hatte er es schon gesehen? Wusste er, welches große Glück unter Leas Herz heranwuchs?
„Ich habe vorhin nur gesehen, wie Dr. Heilmann dich in den OP geschoben hat. Da warst du allerdings anscheinend schon nicht mehr ansprechbar. Man, Lea... Ich hab gedacht, ich sterbe da draußen vor Kummer und Sorge um dich. Ich habe die ganze Zeit, während sie dich operiert haben, vor dem OP gesessen und gewartet..."
„Ich habe dich nicht drum gebeten, Jenne.", wies Lea die Zärtlichkeiten von Jenne ganz bewusst ab und ließ das Ultraschallbild verschwinden.
Beim Versuch, das Bild unter das Kopfkissen zu legen, allerdings fiel es herunter und Jenne hob das Bild auf. „Was ist denn das, Lea?", fragte Jenne und Lea antwortete ihm in ihrer Art und Weise: „Das ist ein Ultraschallbild, was du sicherlich erkennen kannst..."
„Und warum hast du das bei dir, Lea? Gehört das nicht in deine Krankenakte?" „In dem ganz speziellen Fall... Gibt es von der Ultraschallaufnahme noch eine Kopie. ... Ich bin schwanger...", gab Lea erschöpft zur Antwort und Jenne nickte erschrocken. „Du... Du bist... schwanger? Von mir?" „Nein, von... Wir hatten nur die eine Nacht miteinander... Ich... Ich habe... Der Vater des Babys ist ein Kollege...", erklärte Lea und noch einmal nickte Jenne.
„Ein Kollege? Etwa dieser Dr. Heilmann?" „Nein... Auf keinen Fall... Dr. Heilmann und ich sind nur Kollegen. Aber dich geht es auch nichts an, von wem ich ein Kind bekomme. Ich weiß ja selber nicht, ob ich dieses Baby überhaupt bekommen will... Du kennst mich noch nicht so lange... und ich habe dir auch kaum etwas von mir erzählt. Aber ich bin nicht die, für die du mich hältst...", erklärte Lea ihrem Ex-Freund.
„Lea..." Jenne sah noch einmal auf das Ultraschallbild und flüsterte: „Kann es denn nicht doch sein, dass ich... der Vater zu dem Baby bin?", wollte der Handwerker wissen, doch noch einmal schüttelte Lea entschieden den Kopf.
„Du bist nicht der Vater des Babys. Ich habe... Das Baby muss vor unserer gemeinsamen Nacht entstanden sein.", wusste die Ärztin und sah Jenne an, bevor sie flüsterte: „Geh jetzt bitte. Ich möchte nicht, dass du noch hier bist... Wir können sowieso nicht zusammen sein. Ich bin mir sicher, wir können nicht für ewig zusammen sein. Geh jetzt bitte..."
Mit traurigem Blick auf Lea hatte Jenne den Heimweg angetreten und vor dem Zimmer, in dem die Neurochirurgin untergebracht war, noch einmal mit Dr. Heilmann gesprochen. „Ah, Herr Dr. Heilmann. Gut, dass ich sie treffe. ... Können sie mich bitte anrufen, wenn sich irgendwas an Leas Zustand ändert?", bat Jenne den Chef der Sachsenklinik und Roland nickte.
„Natürlich kann ich sie anrufen... Kein Problem. Aber Dr. Peters wird jetzt erst einmal ein paar Stunden schlafen, damit sie wieder auf die Beine kommt. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Wir haben alles unter Kontrolle...", versprach der erfahrene Chirurg und sah noch einmal durch die Scheibe auf seine Patientin, bevor er sich auf den Weg zu seinem Büro machte.
Auch Jenne sah noch einmal zu Lea und ging dann, mit hängendem Kopf in Richtung Heimat.
Schon wenige Minuten später, Lea war endlich wieder auf der Station und wurde gerade von Schwester Ulrike versorgt, war die Neurochirurgin schon lange wieder dabei, ihre Rückkehr an die Klinik zu planen.
Als Ulrike das Zimmer wieder verlassen hatte, setzte sich Roland an Leas Bett und sah seine Kollegin an.
„Natürlich wäre es möglich, wenn sie nach der Entlassung wieder voll einsteigen. Aber ich denke, es wäre besser, sie würden im Angesicht der Tatsache..." Roland sah auf den Bauch der Kollegin. "Vielleicht wäre es besser, dass sie langsam kürzer treten. Um sich an den Mutterschutz zu gewöhnen. Lange werden sie nicht mehr auf den Beinen sein."
„Wer sagt ihnen denn, dass ich dieses Baby wirklich behalten will?", erklärte Lea mit ernster Stimme und sah ihren Chef entschlossen an. „Vielleicht habe ich es mir schon überlegt, das Baby abzutreiben... Dr. Heilmann, können sie sich wirklich eine Dr. Lea Peters als Mutter vorstellen? Als berufstätige Frau, die nach dem anstrengenden Dienst in der Klinik auch noch die Kinder versorgt? Ich bin keine Mutter, ich bin Ärztin... Mit Leib und Seele.", wehrte Lea den Gedanken an ihr Baby ab.
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Leas Baby
Fiksi PenggemarSchwanger - für Lea Peters die schockierendste Nachricht, die sie jemals bekommen konnte. Wo sie sich doch erst vor einigen Wochen von ihrem Lebensgefährten getrennt hatte. Nun steht sie vor einem Rätsel... Soll sie das Baby bekommen? Und dann tauch...