Milosh

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Ich wache von der knallenden Wohnungstür auf. Anscheinend bin ich eingeschlafen. Ich höre meinen Bruder etwas unverständliches lallen. Schnell bin ich auf den Beinen, wische mir einmal über die Wangen und eile dann in den Flur. Er lehnt mit geschlossenen Augen und dem Rücken an der Wohnungstür. Sein Gesicht ist gen Decke gewannt.
"Milosh?", frage ich und berühre ihn vorsichtig an der Schulter. Er zuckt zusammen, reisst die Augen auf und sieht mich an. Sein Blick ist unklar und von Schleiern durchzogen. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich nur ungefähr eine halbe Stunde geschlafen habe. Ein weiterer prüfender Blick in seine Augen sagt mir, dass er entweder gekifft, oder dass Erico ihn echt übel zugerichtet haben muss. Ich seufze und verfrachte ihn vorsichtig ins Wohnzimmer. Dort helfe ich ihm, sich aufs Sofa zu legen. Er greift nach meiner Hand und versucht anscheinend etwas zu sagen. Doch, was ich wegen des schlechten Lichts im Flur erst jetzt sehe, sein linkes Auge ist zu geschwollen und lila und an seinem Hals hat er einen dicken Bluterguss. Er bringt ein Krächzen hervor:
"Sie... haben... dich... ich..."
"Sht!", ich lege ihm eine Hand auf den Mund und werfe ihm somit auch gleich eine Schlaftablette ein. Dann flösse ich ihm vorsichtig etwas Wasser ein. Er schluckt unter sichtbaren Schmerzen. Ich hole einen kühlen Lappen und lege ihn ihm vorsichtig auf die Augen. Ganz behutsam streiche ich Arnika auf den Bluterguss an seinem Hals. Er zuckt unter der Berührung zusammen. Ich halte inne und warte bis er weg gedöst ist. Dann fahre ich fort, mit meinem Werk. Morgen haben wir beide erst um 9Uhr Schule, das heisst ich kann mich noch um ihn kümmern. Jetzt muss ich allerdings dringend ins Bett. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich explodieren. Ich gehe ins Bad und putze mir die Zähne. Aus dem Spiegel sieht mich eine Kaely mit roten Augen und bleichem Gesicht an. Meine Haare sind zerzaust. Mir kommt ein Gedicht in den Sinn:

Ich schaue in den Spiegel
doch niemand schaut zurück.
Wer bin ich?
Was bin ich?
Bin ich erfunden?
Träume ich?
Und wenn ich aufwache
bin ich dann tot?

Langsam schüttle ich den Kopf und ziehe meinen Schafanzug an. Dann krieche ich in mein Bett, ziehe mir die Decke bis ans Kinn. Ich fühle mich seltsam im Reinen mit der Welt. 'Was für ein seltsamer Tag', denke ich.

Exemplar, Explosion, Exzentrik, Exploit, ExWo Geschichten leben. Entdecke jetzt