21. Kapitel

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Schnell war das Wochenende wieder vorbei und ich war mit Fynn auf dem Weg in die Schule. Kyle und ich hatten uns am Sonntag nochmal getroffen. Anfangs herrschte so eine komische angespannte Stimmung zwischen uns, doch am Ende war diese zum Glück wieder verschwunden. Es war auch nichts mehr zwischen uns vorgefallen und ich fragte mich sogar schon, ob ich mir das mit dem "Fast-Kuss" nicht vielleicht bloß eingebildet hatte. Warum sollte Kyle auch jemanden wie mich küssen wollen? Mit unserem Referat waren wir schon ziemlich weit gekommen. Der Vortrag war schon fast fertig, sogar ich hatte inzwischen halbwegs das Thema verstanden und somit fehlte nur noch der Hefteintrag.

An der Schule angekommen kam sofort Kyle zu uns und gemeinsam gingen wir ins Schulhaus. Ich lief etwas hinter den Jungs, die sich gerade über ein Fußballspiel, das gestern anscheinend lief, unterhielten, als ich plötzlich über etwas stolperte und hinfiel. Dieses etwas stellte sich als Ashleys Fuß raus, an der wir gerade vorbeigelaufen waren. Sie musste mir ein Bein gestellt haben und lachte mich nun zusammen mit ihrem Gefolge aus. "Bist du etwa sogar zu dumm zum Laufen du Missgeburt?", machte sie sich über mich lustig. Auch die anderen Schüler hier im Gang waren mittlerweile auf uns aufmerksam geworden und einige fingen nun ebenfalls an zu lachen. Ich merkte wie mir die Tränen kamen, doch versuchte sie zurückzuhalten. Ich wollte nicht hier vor allen mitten auf dem Gang anfangen zu weinen. "Lass sie in Ruhe Ashley! Sie hat dir nichts getan!", meinte Fynn und trat näher an sie heran. Kyle half mir derweil hoch und stellte sich dann beschützend zwischen mich und die anderen Mädchen. Ich lehnte mich etwas zur Seite und beobachtete das Geschehen vor mir. "Aber Fynn! Natürlich hat sie mir etwas getan. Sie hat versucht dich mir wegzunehmen! Dabei gehörst du doch zu mir.", jammerte Ashley gerade und setzte dabei ein leidendes Gesicht auf. Fynn stöhnte genervt. "Mensch Ashley wann kapierst du es denn endlich! Ich. Gehöre. Dir. Nicht!!! Und Ava versucht auch nicht mich irgendjemandem wegzunehmen. Sie ist meine Schwester und ich passe auf sie auf und sorge dafür, dass es ihr gut geht. Solltest du also weiterhin so eine Scheiße abziehen bekommst du es mit mir zu tun. Und glaub mir, das willst du nicht.", versuchte Fynn ihr ins Gewissen zu reden, doch entweder war Ashley einfach zu dumm um seine Worte zu verstehen oder sie waren ihr egal, jedenfalls wandte sie sich nun an Kyle, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. "Kyle du wirst mir doch aber sicher recht geben oder? Du findest doch sicher auch, dass die kleine Schlampe hinter dir das auch verdient hat." Bei ihren Worten fuhr ein Stich durch mein Herz. Kleine Schlampe hatte mich mein Vater auch oft genannt. "Verpiss dich endlich Ashley. Weder Fynn noch ich stehen auf deiner Seite und das werden wir auch nie. Lass Ava in Ruhe oder du bekommst es mit uns beiden zu tun." Ashley schnaubte nach seinenWorten verletzt. "Ich werd dir das Leben zur Hölle machen. Verlass dich drauf.", drohte sie mir noch beleidigt, bevor sie sich nach diesen Worten von uns abwandte und verschwand. "Und ihr?! Habt ihr kein eigenes Leben mit dem ihr euch beschäftigen könnt?! Verschwindet von hier und kümmert euch um euren eigenen Kram!", rief Kyle nun wütend an die schaulustige Menge gewandt, die sich um uns versammelt hatte. Tuschelnd zerstreuten sich die Schüler und machten sich wahrscheinlich auf den Weg in ihren Unterricht. Auch Ashleys Anhängsel verschwanden schnell, jetzt da ihre Anführerin fehlte.

"Alles okay? Geht es dir gut? Tut dir was weh?" Besorgt eilte Fynn zu mir, während er mich mit diesen und weiteren Fragen bombadierte, und umarmte mich. Auch Kyles Blick war voller Sorge, doch einen Funken Wut konnte man trotzdem noch darin erkennen. Sanft löste ich mich aus Fynns Umarmung. "Keine Sorge Jungs, mir geht's gut.", versuchte ich sie zu beruhigen. Zwar hatten Ashleys Worte mich verletzt, aber das war nicht allzuschlimm. Schließlich hatte ich das bei meinem Vater tagtäglich ertragen müssen und damals hatte mir niemand geholfen. Danach machten wir uns schnell auf den Weg zum Unterricht, denn wir waren schon ziemlich spät dran.

Als endlich Mittagspause war, gingen wir zu dritt in die Cafeteria und setzten uns gemeinsam an einen am Rand stehenden Tisch, nachdem wir uns etwas zu essen geholt hatten. Es gab heute Lasagne und ich musste sagen sie schmeckte wirklich gut. Nicht so wie das Essen an meiner alten Schule, das schon halb verschimmelt war. Ich hatte gerade erst die Hälfte geschafft, als Ashley auf unseren Tisch zustolziert kam. Ich ahnte böses und machte mich automatisch etwas kleiner. Das half jedoch nichts, denn sie und ihre Anhängsel kamen weiterhin zielstrebig zu unserem Tisch. Fynn und Kyle saßen mit dem Rücken zu ihnen und hatten somit noch nichts davon mitbekommen. Ich wollte sie gerade darauf aufmerksam machen, doch sie waren schon hier und Ashley fegte mit einem Wisch meinen Teller auf den Boden, wo er klirrend zersprang. Gleichzeitig kippte eine ihrer Freundinnen eine Flasche Cola über mir aus und das klebrige Getränk durchnässte meine Haare und mein Oberteil. Alle Blicke waren auf unseren Tisch gerichtet, jeder wartete gespannt darauf, was als nächstes passieren würde, und es war mucksmäuschen still in der Cafeteria, einzig das schrille Lachen von Ashley und ihrem Gefolge war zu hören. "Was soll das Ashley?!" Kyle war sichtlich angespannt und bemühte sich darum nicht auf sie loszugehen. Fynn schien es ähnlich zu gehen, denn auch er tötete Ashley gerade mit seinem Blick. "Ach tut mir wirklich leid. Ich bin aber auch tollpatschig.", lachte sie gespielt verlegen. Dann beugte sie sich zu mir runter und flüsterte mir ins Ohr: "Ich hab dir gesagt ich mach dir dein Leben zur Hölle. Und glaub mir, das hier war nur der Anfang." Ein unangenehmer Schauer lief mir über den Rücken und ich bekam es mit der Angst zu tun. Danach verschwand sie, schubste mich dabei aber nochmal, so dass ich mein Gleichgewicht verlor und in die Scherben am Boden fiel.

Ich spürte, wie sich einige davon in meine Haut bohrten, aber das war eher nebensächlich. Viel präsenter waren die Demütigung, das Lachen vieler Schüler und die Erinnerungen an meinen Vater. Tränen begannen über meine Wangen zu fließen und ich spürte die aufsteigende Panik. Immer mehr Bilder von damals tauchten vor meinen Augen auf. So schnell ich konnte rappelte ich mich auf und stürmte aus der Cafeteria, bevor ich noch vor allen Schülern zusammengebrochen wäre.

Ava - My life with fearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt