Kapitel 2

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Die erste Nacht in einem neuen zu Hause, das eigentlich gar nicht neu war. Der Geruch war vertraut, genauso wie die Umgebung, doch für meinen Kopf war das alles hier viel zu viel. 

Seit Stunden drehte ich mich von der einen zur anderen Seite, schüttelte meine Kopfkissen alle zwei Minuten aus und wechselte zwischen Bein unter der Decke und Bein außerhalb der Decke. So wie fast jede Nacht. Keine Position war angenehm genug, um wieder einschlafen zu können.

Es war mittlerweile schon 3:49 und ich hatte bisher kaum ein Augen zugemacht. Diese Nacht war besonders schlimm, denn immer wenn ich die Augen schloss tauchte mein Dad auf. Wie er mich anlächelte, wie er sich freute, wenn wir abends zusammen auf der Couch gesessen haben und zusammen die größte Portion Popcorn verdrückten, die unsere Bäuche aushielten. Wie er mich anlächelte, wenn ich einfach nur von meinem Tag erzählte oder nach einem langen Tag nach Hause kam. Er freute sich über die simpelsten Sachen, als seien sie das tollste auf der ganzen Welt.

Einmal hatte er sogar extra zwei Stunden Fahrzeit auf sich genommen, nur weil die Party auf der ich war mehr als beschissen war. Ich wollte bei einer Freundin schlafen, doch die hatte sich innerhalb der ersten paar Stunden so abgeschossen, dass sie nicht mehr wusste wo oben und unten war. Aber um sich einen Kerl zu klären und mit ihm abzuhauen ohne mir Bescheid zu geben hat es noch gereicht. Ja, sowas nannte ich damals Freundin. Und ich dumme Kuh hatte ihr sogar noch verziehen. Ich musste meinem Dad nichtmal sagen was passiert ist, er ist ohne groß zu zögern ins Auto gestiegen und hat mich abgeholt. Mitten in der Nacht, einfach so.

So viele Erinnerungen, die ihren Weg in meinen Kopf fanden. Ich merkte, wie mir die ersten Tränen das Gesicht runterliefen und einfach nicht aufhören wollten. Manchmal fragte ich mich, wie es der Körper schaffte, jedes Mal neue Tränen bereit zu halten. Und das Literweise, gefühlt zumindest. Wie ertrug der Körper jedes Mal aufs Neue nur solche Qualen ertragen?

Die Erinnerungen an ihn waren wie immer zu viel für mich und ich fing an zu zittern. Meine Hände wurden automatisch kalt und eine Gänsehaut bildete sich. So wie jedes Mal.

Ich vermisste ihn so unglaublich. Jeder Gedanke an ihn schmerzte so sehr. Und kein einziges Mal war der Schmerz weniger schlimm. Ich zog die Beine fest an meinen Körper, in der Hoffnung es würde die Situation irgendwie besser machen, erträglicher.

Ruhig und langsam versuchte ich mich auf meine Atmung zu konzentrieren, bevor ich ir mit dem Ärmel über das Gesicht wischte. Ein und Aus. Ich unterdrückte das Schluchzen, um nicht noch mehr Lärm zu verursachen.

Noch immer am Zittern setzte ich mich langsam auf und versuchte mit dem Weinen aufzuhören. Ich wollte nicht, dass Jasper oder John etwas mitbekamen und sich noch Sorgen machten. Das konnte ich gerade gar nicht gebrauchen, besonders weil ich nichtmal 24 Stunden wieder hier war und keine Probleme machen wollte. Die hatten sie so oder so schon wegen mir.

Ich nahm das Bild von meinem Nachttisch in beide Hände und hoffte es würde mir die Angst nehmen. Auf dem Bild waren mein Dad und ich zu sehen. Genauer gesagt war es bei meiner Einschulung, wie ich stolz mit meiner Schultüte und einem roten Kleid vor unserem Haus hier in Eastraven stand. Mein Dad hatte sich neben mich genkiet und legte den Arm um seine kleine Tochter. Er sah so glücklich aus. Wir sahen so glücklich aus.

Doch ich versuchte mich zusammenzureißen, nicht wieder zu weinen. Also stellte ich das Bild wieder dahin, wo es hingehörte und schwang mich aus dem Bett. Mit Plüschpantoffeln und meinem Handy gewappnet, machte ich leise die Tür auf und betrat den Flur.

Der Mond leuchtete durch die Fenster, sodass ich glücklicherweise kein Licht anmachen musste und hoffentlich unbemerkt blieb.

Auf der Treppe musste ich jedoch wesentlich langsamer gehen, da ich genau wusste, dass die Treppe an manchen Stellen knarrte. Zu meinem Vorteil konnte ich die Treppe im Schlaf hinunter gehen, so oft wie Jasper und ich schon nachts heimlich in die Küche geschlichen sind, um uns einen heißen Kakao zu machen.

Life's like a movie - You decide which oneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt