Die Türen des Aufzuges schlossen sich langsam. Chiyuki sah noch ein letztes Mal zu Decim auf, dessen Art sich in letzter Zeit ziemlich verändert hatte. Allein schon der Blick, mit dem er andere Menschen - besonders Chiyuki - beobachtete, war nicht mehr der eines emotionlosen Schiedsrichter. Die Frau, die gerade vor ihm stand, sah erstaunlicherweise glücklich und gelassen aus, obwohl ihr die ein oder andere Träne über die Wange lief. Decim hingegen war überfordert. Die Welle an Emotionen, die ihn in den letzten Stunden überkam, riss ihn mit. Sein Verstand sagte ihm, er solle jetzt dieses kleine Wort sagen, welches 'Leb wohl' bedeutet, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Es schien, als wäre es in seinem Hals stecken geblieben. Chiyuki war noch immer im Lift. Sie war voller Hoffnung, dass Decim sein Glück hier finden wird.
"Sayonara.", verabschiedete sich Decim schlussendlich. Die Türen schlossen sich. Und dann passierte es. Chiyuki brach zusammen. All das Glück und die Hoffnung, die sie zu verspüren mochte, war mit einem Schlag verschwunden. 'Er ist weg. Und selbst wenn ich eines Tages wieder das Quin Decim betreten sollte, würde ich mich nicht an ihn erinnern.', dachte sie sich. Sie versuchte einen Knopf zu finden, um die Aufzugtüren zum Öffnen zu bringen. Panik stieg in ihr auf, als sie durch ihre verschwommenen Tränen keinen Knopf finden konnte. Es war zu spät!
Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung, doch hielt kurz danach wieder mit einem Ruck an. Chiyuki knallte zu Boden. Sie hatte Angst. Was wenn der Lift sie doch ins Nichts führte?
"Decim, ich will noch nicht gehen. Ich will zurück! Ich will zurück zu dir!", sagte Chiyuki zu sich selbst. Der Fahrstuhl setzte seinen Weg fort. Sie war so in Gedanken, dass sie gar nicht bemerkte, wie sich die Türen öffneten und Decim hereinstürzte!Nachdem Chiyuki sich aufgerichtet hatte, ließ sie ihren Kopf auf Decims Brust sinken. Keiner von beiden sagte etwas. Während ihre Tränen auf den roten Teppich tropften, war Decim verwirrt von seinen Gefühlen.
"Warum hab ich das getan? Warum habe ich den Aufzug angehalten?", fragte er sich selbst laut. Chiyuki schlug mit ihrer Faust auf seine Brust. Immer und immer wieder. "Ich will bei dir bleiben! Ohne dich kann ich nicht einfach gehen!", schluchzte Chiyuki. "Kannst du dich noch an den Schmerz erinnern, den du verspürt hast, als ich durch deine Illusion vorher so verletzt war? Kannst du dich erinnern!? Das verspüre ich gerade, nur tausendmal schmerzvoller."
"Woher wollen Sie das wissen?", erwiederte er verdutzt. Endlich hob sie ihren Blick, sah Decim mit Entschlossenheit in die Augen und antwortete:"Weil Menschen Personen, die sie lieben nicht so leicht vergessen!"
Das Wort 'Lieben' hallte in Decims Kopf nach. 'Was bedeutet lieben', wollte er sie fragen, doch dann erinnerte er sich. Er erinnerte sich an alle Personen, die in letzter Zeit das Quin Decim betreten hatten. Egal ob die Jugendlichen, die Mutter, der große Bruder, Ehemann oder -frau. Sie alle hatten jemanden, den sie schrecklich vermissten. Sie alle wollten mit ihren Liebsten noch ein wenig länger zusammen sein und sie noch ein letztes Mal sehen. Und plötzlich hatte er das erste Mal das Gefühl, die Menschen verstehen zu können.
"Ist es das? Wenn man jemanden nicht gehen lassen kann und ihn nochmal sehen will? Ist das die Liebe von dem die Menschen immer sprechen?"Chiyuki stürzte sich auf ihn und schlang ihre Arme um seinen Hals. "Viele meinen, dass lieben auch loslassen heißt, aber ich will das nicht!", flüsterte sie auf Zehenspitzen in sein Ohr. "Decim, ich habe mich in dich verliebt!" Stille breitete sich aus, während Dekim diese Worte verarbeitete.
"Ich...ich verspüre gerade das Bedürfnis Ihnen nahe zu sein.", sagte Decim und schlingte nun ebenfalls die Arme um Chiyuki. Dieser huschte ein Lächeln über die Lippen. Sie löste sich ein wenig von Decim um ihm ins Gesicht zu schauen. "Ich verstehe es trotzdem nicht!", äußerte sich Decim. "Sie erklärten mir doch, dass Menschen weinen, wenn sie traurig und lachen, wenn sie glücklich sind. Aber Sie tun beides!" "Das kommt davon, weil ich glücklich bin, dich getroffen zu haben und hier mit dir stehen zu können, aber traurig bin, keine Zukunft mit dir zu haben." Diese Worte Chiyukis trafen ihn, denn er hatte das Gefühl, als wären dies die Sätze, die sein Inneres widerspiegelten. Doch nicht nur ihn hatten diese Worte erreicht, sondern auch Nona, Ginti, Quin und Clavis, die die Situation gespannt verfolgten. "Eine Zukunft?", wiederholten sie alle in ihren Köpfen."Eine Zukunft mit jemanden zu haben bedeutet so viel mehr, als nur dass man zusammen 'weiterlebt'. Es heißt mit jemanden auf eine gewisse Art verbunden zu sein. Momente die man zusammen erlebt. Gefühle die man teilt. Dem anderen einen Sinn im Leben geben...", erzählte Chiyuki mit einem strahlenden Gesicht. Dabei ließ sie Decim kein einziges Mal aus den Augen. Und nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Chiyuki sich endlich dazu überwunden, diesen einen Schritt zu wagen, den sie sich nie getraut hatte. Sie zog Decim langsam zu sich herunter und küsste ihn.
Im ersten Moment wussste er nicht, was er tun sollte. Seine Augen waren geweitet und er fühlte sich zum ersten Mal in seinem "Dasein" hilflos. Doch instinktiv drückte er Chiyuki noch näher an sich - was eigentlich nicht mehr möglich war - und schloss die Augen. Kurz trennten sich ihre Lippen wieder, bevor sie rückwärts in den Fahrstuhl stolpperten und sich ein weiteresmal küssten.
Ginti, Quin und Clavis klappte der Mund herunter, während Nona lächelnd das Spektakel genaustens beobachtete. Doch auch sie blieb von einem erstaunten Blick nicht verschont.
Kaum waren Decim und Chiyuki im Aufzug, schlossen sich die Türen abermals. Die Haut Chiyukis löste sich immer weiter. Doch das was sie alle nicht erwartet hatten, ist dass es auch Decim so erging. "Was passiert da!?", rief Nona erschrocken. "...Dritter Punkt: Ein Schiedsrichter hat keinerlei Gefühle. Er ist nichts anderes als eine Marionette." Stille. "Vierter Punkt: Ein Schiedsrichter darf nicht zu sehr mit den Lebenden in Kontakt kommen, sonst geht er nämlich einfach kaputt.", zählte plötzlich eine Stimme von hinten auf. "Was!?", rief Ginti und drehte sich zu Oculus. "Nein, er geht nicht kaputt.", antwortete Nona in ihrer gewohnten Gelassenheit. "Nur Schiedsrichter ohne jegliche Gefühle würden daran zerbrechen, da sie den Lebenden nicht gerecht werden können. Decim hingegen hatte schon seit Beginn Emotionen und Gefühle in sich. Er ist nicht alleine..."
"Haben Sie Angst?", fragt Decim Chiyuki. Diese hält seine Hand ganz fest in ihrer und schüttelt den Kopf. "Nein, du bist doch da!" Decim beginnt zu lächeln, was gar nicht mal so schlecht bei ihm aussah. "Und ich lass dich auch nicht mehr so schnell los." Er drückt sie nochmal fest an sich. "Ich glaube, ich liebe dich, Chiyuki." Chiyuki beginnt laut zu lachen und küsst ihn. "Das weiß ich doch..."
Und so verließen 1 ½ Seelen den Aufzug zusammen
♥Ende♥
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Decim&Chiyuki || Death Parade
FanfictionEuch hat etwas bei der letzten Folge von Death Parade gefehlt? Vielleicht ein Happy End für die Romantiker unter euch? Dann hoffe ich, dass euch dieses Werk friedlich schlafen lässt. Alle Personen, die vorkommen, habe ich nicht erfunden und sind nic...