Abschied

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»Wenn du dieses Video erhalten hast, ist der Ernstfall eingetreten.«

Völlig verwirrt starrte Eren auf den dunklen Bildschirm vor sich, während die Stimme seines besten Freundes aus den Lautsprechern drang. Doch irgendwas stimmte nicht, was der Brünette anhand der Stimme schlussfolgerte. Diese war viel zu leise, klang kratzig, brüchig und voller Verzweiflung.
Was meinte er mit 'Ernstfall'?
Was sollte das bedeuten?

»Ich wollte dir dies nie aufbürden, dennoch bist du die Person, die ich wissen lassen will, wie es mir in letzter Zeit ergangen ist.«

Stimmt.
Levi und er hatten sich vor mehreren Wochen das letzte Mal gesprochen. Seitdem der Schwarzhaarige umgezogen ist, hatten die beiden ehemaligen Mitschüler wenig Kontakt miteinander. Doch Eren war es aufgrund seiner momentanen Arbeitsstelle nicht möglich, engeren Kontakt mit seinem Freund zu pflegen. Als er heute morgen ein Päckchen von diesem im Briefkasten fand, freute er sich riesig, fragte sich aber auch, warum er ihn nicht einfach angerufen hatte.

»Auf dieser DVD werde ich zumindest dir all meine Gefühle der letzten Monate anvertrauen.
Warum, fragst du dich?
Das wirst du noch früh genug erfahren. Bitte versprich mir, mich deswegen nicht zu hassen. Das ist das Letzte, was ich will. Betrachte meine Bitte als letzten Willen.«

Eren gefror das Blut in den Adern. Letzter Wille?! Sein bester Freund wollte sich doch nicht das Leben nehmen, oder?
Auf dem Bildschirm trat eine Gestalt aus dem Schatten. Ein Stuhl wurde zurück gezogen und Levi erschien vor der Kamera. Seine Haut war kränklich blass, seine Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und seine stahlgrauen Augen starrten glanzlos in die Linse.
Was war nur mit ihm passiert? Vorsichtig streckte der Braunhaarige seine Hand zum Bildschirm aus und strich sanft mit den Fingerkuppen über das warme Glas des Fernsehers, während ein leises »Levi.« aus seiner Kehle drang.

»Du weißt selbst, wie schwer es mir fällt, über meine Gefühle zu reden. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich gerade, mehr oder weniger, wie bei einem Psychologen.«

Ein nüchternes Lachen entfloh den schmalen Lippen des Schwarzhaarigen.

»Lach mich bitte nicht aus, wegen dem, was ich dir gleich sagen werde, Eren

Ein angenehmes Kribbeln breitete sich im Körper des Genannten aus, als dieser hörte, wie Levi seinen Namen aussprach. So sanft, liebevoll. Und dennoch klang es nach einer verzweifelten Bitte.
Wie könnte Eren den Menschen, der ihm so viel bedeutet, denn auslachen?

»Wie sagt man so schön: Du warst mein rettender Anker, mein persönliches Licht in der finstersten Nacht. Du warst derjenige, der mir gezeigt hat, wie viel Spaß man im Leben haben kann. Danke dafür, dass du immer für mich da warst, dir meine Probleme angehört hast und mir Ratschläge gabst. Wahrscheinlich wirst du dir jetzt denken, dass es sich hierbei um eine Selbstverständlichkeit handelte, aber dem war nicht so. Es gab Gründe, weshalb ich dir nicht gesagt habe, wie beschissen es mir in letzter Zeit ging. Ich wollte dir nicht unnötige Sorgen machen und dich zusätzlich mit meinen Problemen belasten.«

Levi hatte, während er sprach, den Kopf gesenkt und sah zu Boden.

»Weißt du noch, damals, bei unserer ersten Begegnung? Du hattest mir in der Cafeteria Saft über das Hemd geschüttet. Wie klischeehaft. Man könnte meinen, du hast das absichtlich gemacht, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich war drauf und dran dir eine zu verpassen, aber dann habe ich dein nervöses Lächeln und vorallem deine Augen bemerkt. Diese meergrünen, großen, leuchtenden Augen, die eine solche Lebenskraft ausstrahlten. Lebenskraft, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht besaß. Für einen Moment stand die Welt für mich still, während ich in deinen wunderschönen Augen versank und dich einfach anstarrte, ohne auch nur ein Wort herauszubringen.«

Ereri Oneshot - time to say goodbye Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt