Normalerweise hasse ich lange Haare. Ich trage sie immer kinnlang, vielleicht ein oder zwei Zentimeter überragend. Aber ich habe sie mir seit einem knappen Jahr nicht mehr geschnitten und jetzt gehen sie mir bis knapp über die Schulter. Ich betrachte mich aufmerksam im Spiegel, meine strähnigen Haare hängen schlaff über meine Schultern. Das ist genau der Grund dafür, dass ich sie nicht gerne lang trage. Seit Monaten schon, beschließe ich immer wieder aufs Neue sie abzuschneiden, aber im letzten Moment entscheide ich mich dann doch um. Ich weiß auch nicht was mich davon abhält. Ich binde meine Haare zu einem Zopf und schleiche die Treppen hinunter, wo meine Mutter schon wieder auf dem Sofa liegt. Ich weiß nicht ob sie krank ist oder was ihr sonst fehlt, aber in letzter Zeit ist sie fast ununterbrochen erschöpft und müde. Vielleicht treibt sie heimlich etwas, von dem ich nichts weiß? Seit meinem dreizehnten Geburtstag im letzten November ist irgendwie vieles anders. Ich schneide mir meine Haare nicht mehr regelmäßig. Mama befindet sich in diesem müden Dauerzustand. Und generell benehmen sich viele anders. Papa reagiert nicht mehr so empfindlich, wenn er einen Staubkorn auf dem Boden entdeckt und meine kleine Schwester Caddy verkriecht sich den ganzen Tag in ihrem Zimmer um irgendwelche Bücher über fachwissenschaftliche Physik zu lesen. Das passt gar nicht zu ihr. Sonst hasst sie Lesen. Sie ist zwölf! Heute ist der 31. Oktober. Zwei Tage vor meinem Geburtstag. Am zweiten November werde ich 14. Ich schlurfe in die Küche und sehe auf die Uhr. Sie zeigt 9:47, eigentlich müsste ich längst in der Schule sein, aber heute ist Wochenende. Ich hasse Wochenende. Oder besser gesagt: Ich mag Wochenende nicht sonderlich gern. Meine Freundin Louise korrigiert mich immer bei solchen Kleinigkeiten. Ihrer Meinung nach sollte man nichts und niemanden auf der Welt hassen. Das tue ich auch nicht. Wirklich nicht. Außer vielleicht das Wochenende. Aber das spielt keine große Rolle, denn genau genommen ist das Wochenende weder ein jemand noch ein etwas. Man kann es jedenfalls nicht anfassen. Man kann seine Gefühle nicht verletzen. Andererseits... kann das Wochenende nichts für seine Existenz. Dass es einen Samstag und einen Sonntag gibt, hat irgendjemand mal irgendwann beschlossen. Mir aber auch egal. Ich setze mich an den Küchentisch und stütze mein Kinn auf meine Hände, wobei mir meine brünetten Haare vors Gesicht fallen. Ich höre meine Schwester die Treppe runterpoltern, fröhlich hüpft sie in die Küche und setzt sich mir gegenüber. „Morgen" murmele ich und strecke mich. Ich lächele sie an. „Gut geschlafen?" Caddy nickt und steht auf um sich Müsli zu machen. „Ich soll dir von Fairy ausrichten, dass sie morgen nicht in die Schule kommt", sagt sie mit vollem Mund und setzt sich zu mir an den Tisch. Ich muss kurz in meinen Gedanken kramen, bis mir einfällt, wer Fairy ist. Sie ist das neue Mädchen in meiner Klasse, vor drei Wochen ist sie hierher gezogen. „Woher kennst du Fairy?" Ich frage mich, warum Fairy mir das sagen will. Wirklich befreundet bin ich ja nicht mit ihr. „Sie war gestern hier, als du weg warst. Wo warst du eigentlich?" Fairy war hier? Woher kennt sie meine Adresse? „Spazieren..." murmele ich und stehe auf. Ich gehe aus der Küche und sehe mich nach dem Telefon um. Es liegt auf der Fensterbank im Flur. Ich schnappe es mir und verschwinde damit die Treppe nach oben in mein Zimmer.
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Ich krame in meinen Schubladen nach dem Zettel, den wir am Schuljahresanfang bekommen haben. Als ich ihn finde, gehe ich ihn zweimal durch um Fairys Nummer zu finden, finde sie aber nicht. Ich seufze. Klar, sie ist ja auch erst zugezogen, warum sollte sie dann auch auf diesem Zettel stehen? Ich lege die Sachen auf meinen Schreibtisch. Das Telefon klingelt. Ich studiere erst die Nummer, die auf dem kleinen Display angezeigt wird. Ich habe mir angewöhnt, nur noch abzunehmen, wenn ich die Nummer kenne und die Person leiden kann. „Hallo?"
„Hi Jooky"
„Hi Louise."
„Hast du heute was vor?"
„Nein, eigen..."
„Gut, du musst sofort herkommen! Bis dann!" Ich mache den Mund auf, um etwas zu erwidern, höre aber nur noch ein hohes piepsendes Geräusch, Louise hat aufgelegt. So ist sie immer. Lässt einen nicht ausreden und geht dann davon aus, dass man sowieso ihrer Meinung ist. Ich gehe wieder nach unten und ziehe meine Schuhe an. Ich will gerade durch die Haustür verschwinden, da höre ich die Stimme meiner Mutter. „Joceline, wo willst du hin!" Ich hasse meinen richtigen Namen. Ich meine, wer nennt sein Kind schon Joceline? Ich versuche schon seit langem, die Menschheit dazu zu bringen, mich Jooky zu nennen. Diesen Spitznamen hat sich Louise ausgedacht. Aber meine Eltern wollen das immer noch nicht einsehen. „Zu Louise", rufe ich zurück. „Du bist aber vor dem Abendessen wieder da!" Ich verdrehe innerlich die Augen. „Ja ja. Tschüss!" Ohne eine Antwort abzuwarten ziehe ich die Tür hinter mir zu, setze einen Fuß auf mein Skatebord und schubse mich mit dem anderen Fuß an. Ich fahre immer öfter ohne Helm, meine Mutter findet das gar nicht gut, aber mir macht es nichts aus. Ich werde schon nicht runterfallen. Und wenn doch, was soll schon passieren? Ein Skatebord ist schließlich kein Pferd. Ich habe meine Eltern früher angebettelt, dass sie mich reiten lassen. Ich weiß nicht, warum ich unbedingt reiten wollte. Vielleicht weil Louise mal reiten ging. Sie ist seit der ersten Klasse meine beste Freundin und früher wollten wir immer das Gleiche haben und machen. Zu Louise muss ich gar nicht weit fahren, sie wohnt praktisch um die Ecke. Vor ihrer Haustür bremse ich und fange das Skatebord mit einer Hand auf, lehne es dann gegen die Hauswand. Louise öffnet mir die Tür, bevor ich geklingelt habe. „Jooky!", ruft sie begeistert. Ihre Augen strahlen und dafür muss es einen Grund geben. Ich runzele grinsend die Stirn. „Hallo", sage ich. „Waru..." Louise zieht mich am Arm durch das Haus und bleibt vor ihrer Zimmertür stehen. „Du darfst jetzt nicht überreagieren. Ich werde dir was zeigen" Sie versucht, ernst zu bleiben, ihre Augen strahlen aber immer noch. Ich ziehe die Augenbrauen hoch und Louise öffnet die Tür. Erst wirkt alles normal, und ich will sie schon fragen was sie denn jetzt meint. Da kommt ein kleines braunes etwas wie aus dem Nichts angesprungen und erst als es an Louise und mir hochspringt, erkenne ich einen kleinen hellbraun-weiß gefleckten Hund. Er hat eine weiße Schwanzspitze, eine weiße rechte Vorderpfote und sein rechtes Ohr ist ein Stück eingerissen, die Verletzung muss aber schon älter sein. Er sieht mich mit seinen braunen runden Augen an, in denen ich kleine, feine schwarze Sprenkel erkenne. Ich finde diese Augenfarbe wirklich ungewöhnlich. Louise strahlt mich an. „Mich hat gestern eine Frau gefragt, ob ich ihn aufnehmen möchte, weil sie selbst keine Zeit für ihn hat" Ich selbst bin nicht ganz so hundebegeistert wie Louise, aber ich weiß, dass sie schon immer einen Hund haben wollte. „Wow. Das ist ja richtig cool!", sage ich lächelnd, auch, wenn ich es gar nicht so toll finde. „Er heißt Peak", sagt Louise stolz. „Er ist fast ein Jahr alt" Ich nicke. Peak versucht mir, das Gesicht abzuschlecken. Etwas geekelt wehre ich ihn mit einem Arm ab und er wendet sich ein wenig enttäuscht zu Louise, der es scheinbar sogar gefällt, was er macht. „Also, die Sache ist die.", sage ich nachdem ich eine Weile schweigend zugesehen habe, wie Peak Louise abschlabbert während die sich totlacht. „Du kennst doch Fairy. Die Neue in unserer Klasse." Louises Gesicht verfinstert sich. Ich weiß nicht wieso. „jedenfalls war sie gestern bei mir um mir auszurichten, dass sie morgen nicht in die Schule kommt." Louise antwortet nicht sondern setzt sich auf ihr Bett. Ihre fröhliche und begeisterte Miene ist plötzlich wie weggewischt. „Fairy interessiert mich einen Dre..." Louise verstummt mitten im Satz. „Also jedenfalls... hat sie meine Nummer nicht und meine Andresse sollte sie eigentlich auch nicht kennen. Und ich weiß auch nicht, wieso sie mir so etwas sagt." Eigentlich ist dieses Thema sowas von unwichtig, und ich habe eigentlich nur wegen Peak damit angefangen. „Ich glaube, Fairy ist einfach irgendwie ein bisschen gestört... Nehms mir nicht übel, aber ich finde, du solltest dich von ihr fernhalten. Ich mag sie... irgendwie nicht." Sie klingt ein bisschen hektisch, was mich etwas verwirrt. „Okay, wie du meinst" Mir ist das ganze sowieso so ziemlich egal. Wenn Fairy nicht in die Schule kommt ist das ihre Sache. Wieso denke ich überhaupt über so etwas nach? Ich muss schon fast lachen, da mir mein Denken so absurd vorkommt.
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Soo, das war der erste Teil.
Ich hoffe es hat euch gefallen - gebt gerne einen Tipp oder Kommentar ab.
...Der nächste Teil folgt
-AleaAquarius
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Darkness - Letzte Hoffnung
Ficção CientíficaWas würdest du tun, wenn die Erde plötzlich aufhört sich zu drehen und alles zerstört wird? Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass dir nicht mehr viel Zeit bleibt, bis die Welt untergeht? Als Jooky in diese vollkommene Katastrophe verwickelt wir...