Teil 7: Freundin und Verbündete

196 12 10
                                    

Ich lag in meinem neuen Feldbett und dachte nach. Ich hatte das VIP Zelt bekommen, weil bei den Schwestern kein Platz mehr war. Das Zelt war typisch Army-mäßig eingerichtet. Ein Feldbett, ein schmaler Schrank für ein paar Uniformen, ein Klapptisch mit einer Lampe und ein Beistelltisch neben dem Bett. Alles in allem ziemlich ungemütlich. Aber wenn ich nur lange genug hier bliebe, würde es schon genauso werden wie die anderen Zelte.
Es klopfte. ,,Wer ist da?", fragte ich, wobei ich mir fast sicher war, dass es Hawkeye war. Wer sollte es sonst sein? Noch kannte ich hier keinen so wirklich. ,,Leutenant Baker", antwortete zu meiner Verblüffung eine weibliche, mir unbekannte Stimme. ,,Kommen Sie herein". Die Tür öffnete sich und Leutenant Baker trat ein. Sie war groß und von schlanker Statur. Ihr Haar trug sie locker hochgesteckt, so dass ein paar Karamell-farbende Strähnen ihr hübsches Gesicht umrahmten. ,,Tut mir leid, dass ich störe. Ich wollte Sie nur hier bei uns willkommen heißen und fragen, ob Sie Lust hätten, mit mir diese Flasche-", sie zauberte eine Flasche hinter ihrem Rücken hervor, „-Zu Köpfen und ein bisschen Poker zu spielen?". Ich war überwältigt. ,,Ähm, ja gerne. Ich hatte sowieso nichts vor", antwortete ich verlegen. Sie grinste und nahm an dem klapprigen Tisch platz. ,,Na dann kommen Sie. Darf ich Sie Kate nennen?" „Ja natürlich" „Sehr schön. Nennen Sie mich einfach Susen". Man, die Frau hatte vielleicht eine Energie. Das war echt erfrischend. Sie mischte die Karten, während ich uns je ein Glas eingoss. „Hast du schon mal gepokert, Kate?". Ich grinste und antwortete bescheiden: „ Ja ein bisschen". In Wahrheit war ich ziemlich gut darin. Früher hatte ich oft mit meinem Dad und meinem Bruder gespielt und ich hatte sie jedes Mal fertig gemacht.
Nach zehn Runden und einer geleerten Flasche gab sie schließlich auf und kicherte: „Mensch Kate! Von wegen nur ein bisschen. Du hast mich bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Ich denke, du solltest mit den Männern spielen. Da findest du vielleicht mehr Konkurrenz. Die sollten mal von ihrem hohen Ross runterkommen und von einer Frau gezeigt bekommen, was Frauenpower bedeutet" „Ja das klingt gut. Das täte denen bestimmt ganz gut", erwiderte ich schmunzelnd. Wir unterhielten uns noch über dieses und jenes, bis wir schließlich auf unsere Familien zu sprechen kamen. „Meine Eltern leben in Alabama. Ziemlich konventionelle Familie. Ich war nie so der Typ dafür, weshalb wir immer ziemliche Streitereien hatten. Meine Schwester ist da schon eher die vorzeige Tochter. Kirchliche Heirat, zwei Kinder und Hausfrau mit Leib und Seele. Nichts für mich. Ich wollte schon immer anderen Menschen helfen und mein eigenes unabhängiges Leben führen...", sie starrte verträumt und traurig auf ihr leeres Glas. Schließlich richtete sie ihren Blick wieder auf mich: „Genug von mir. Wie sieht's bei dir aus?". Sie erschien mir freundlich und vertrauenswürdig. Also erzählte ich ihr meine Geschichte. Die Tränen stahlen sich wieder in meine Augen, doch hielt ich sie zurück. Sie hörte aufmerksam zu, zog ab und zu die Augenbrauen hoch. Als ich endete, stand sie auf, trat um den Tisch und zog mich in eine feste und liebevolle Umarmung. „Das tut mir leid. Ich bin für dich da", murmelte sie. Das bedeutete mir viel und ich dachte daran in ihr eine Freundin gefunden zu haben.

Es war weit nach Mitternacht als sie ging und ich blieb zurück mit dem Gefühl, hier jemanden gefunden zu haben, der für mich da ist und mit dem ich meine Sorgen teilen kann. Zufrieden fiel ich ins Bett und sank in einen tiefen und friedlichen Schlaf.

Zwischen Krieg und Skalpell Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt