Als ich in der Bar ankomme, merke ich erst, wie kühl es draussen geworden ist. Zum Glück habe ich es von hier nicht allzu weit ins Wohnheim.
Die Bar wirkt im ersten Moment wie ein wild zusammengewürfeltes Wohnzimmer. Die Möbel passen stilistisch gar nicht zusammen, die Wände sind mit dunklen Holzdielen verbaut und neben dem Tresen befinden sich links und rechts große Tikifackeln und Affenfiguren. Der Laden ist gut besucht für einen Mittwochabend und der Geruch von Bier und Zigarettenrauch hängt schwer in der Luft.
Ich gehe ein paar Schritte und suche den Blondschopf, der mich herbestellt hat.
»Hier, Nou!«, höre ich eine vertraute Stimme aus der hintersten Ecke rufen. Marvin sitzt mit drei Leuten an einem Tisch und winkt mich hastig heran.
»Leute, darf ich euch meine beste Freundin Anouk vorstellen?«
Marvin lächelt mich an und alle Augen sind auf mich gerichtet.
»Anouk, das hier sind Lynn und Ruby. Und Chris kennst du ja schon.«
Ich gebe ein freundliches »Hi« von mir und setze mich auf den Stuhl neben Marvin.
Chris kenne ich tatsächlich, aber nicht sonderlich gut. Er ist Marvins Mitbewohner, mit dem er sich seit einer Woche ein Zimmer teilt. Rote, kurze Haare, stechend blaue Augen und relativ schlacksig. Ich traf ihn ein-, zweimal bei Marvins Umzug und in der Mensa, aber über mehr als den Unialltag und seinen merkwürdigen Musikgeschmack haben wir nicht gesprochen.
Die beiden Mädchen habe ich allerdings noch nie gesehen. Lynns langes, hellbraunes Haar liegt locker auf ihren Schultern. Sie ist kaum geschminkt und trägt ein schlichtes, grauweißes Kleid, wodurch sie recht adrett und für ihr Alter etwas spießig wirkt. Und komplett anders als Ruby, die direkt neben ihr sitzt und den Kontrast somit perfekt betont.
Rubys türkise Kurzhaarfrisur und ihre vielen Tattoos an den Armen springen mir sofort ins Gesicht. Es sind verschiedene Motive und alle sehr bunt. Von Totenköpfen, über Wiesenblumen bis zum Softeis ist alles dabei. Das muss verdammt wehgetan haben, denke ich und werde prompt aus meinen Gedanken gerissen. »Sind kleine Kunstwerke, hmm?«, lacht sie und ich merke, wie ich rot werde. »Ja ich weiß, sind ganz schön viele, aber man lebt nur einmal und ich steh' einfach drauf!«
»Oh, sorry, ich wollte dich nicht anstarren« , entschuldige ich mich und lächle verlegen.
»Ach, keine Sorge! Das machen die Leute ständig. Ich komme aus 'nem Kaff aus Kentucky, da wird man schon schief angesehen, wenn man sich die Nägel lackiert.«
»Hey, willst du was trinken?«, fragt Marvin und winkt bereits den Barkeeper zu uns rüber.
»Eigentlich wollte ich nur kurz Hallo sagen und dann zurück ins Wohnheim. Ich hab noch eine Menge zu tun.«
Rubys Augen blitzen auf. »Komm schon, das Semester hat erst vor ein paar Tagen angefangen! Lass uns Spaß haben! Marvin hat schon so viel von dir erzählt, jetzt wollen wir dich auch persönlich kennenlernen. Ich geb dir auch einen aus!«, zwinkert sie, hebt ihr Bierglas und bedeutet der Runde, miteinzustimmen. »A-NOUK! A-NOUK!«, ruft sie immer lauter und alle machen mit.
»Ist ja gut Leute«, lache ich, »Ein Bier!«
Sie jubeln, als hätten sie ein Spiel gewonnen.
DU LIEST GERADE
If Love Was A Season
Подростковая литератураAnouk Evans ist fürs Studium nach North Carolina gezogen. Sie hat nur ihren besten Freund Marvin an ihrer Seite. Das kühle Verhältnis zwischen ihr und ihrer Mutter, der Verlust des geliebten Vaters und das gebrochene Herz machen der 19-jährigen sehr...