KAPITEL 2 - VERSCHWUNDEN

41 4 0
                                    


Als ich aufwache muss ich kurz blinzeln. Ich sehe mich kurz um, bemerke dann erst, dass mein Wecker immer noch klingelt. Ich stelle ihn ab und ringe mich dazu durch, aufzustehen. Ich bin noch müde, ich werde mich wohl nie an so frühe Aufstehzeiten unter der Woche gewöhnen. Ich ziehe meine Jeans an und streife einen grauen Pullover über meinen Kopf. Zu dieser Jahreszeit ist es meist immer kälter. Ich höre ein Poltern. Ich kämme mir schnell die Haare und binde sie zu einem Zopf zusammen. Früher musste ich weder das eine, noch das andere. Meine Haare lagen immer glatt an meinem Kopf an, ich konnte machen was ich wollte. Jetzt ist das anders. Ich weiß nicht ob ich das gut oder schlecht finden soll. Mit meiner vollgestopften Tasche verlasse ich mein Zimmer und gehe in die Küche. Ich höre wieder ein Poltern und Caddy stürmt die Treppe runter wie eine Verrückte. Ich weiß nicht was sie hat.Sie ist nur ein knappes Jahr jünger als ich, hat aber im Gegensatz zu mir ungefähr brustlange Haare und trägt sie immer offen. „Fehlt dir was?", frage ich als sie ins Wohnzimmer kommt. Sie schnipst geistesabwesend mit den Fingern.„Ich suche..." Ihr Blick fällt auf einen Zettel auf der Fensterbank und sie nimmt ihn sich und mustert ihn kurz. „Mamas Einverständniserklärung" Sie wedelt mit dem Zettel vor meiner Nase rum und verschwindet wieder, ohne dass ich sie fragen kann wofür die Einverständniserklärung gut ist. Ich stecke mein Brot und etwas zu trinken in die Tasche und auch wenn ich weiß, dass es noch zu früh ist verlasse ich schweigend das Haus. 


Ich muss lange warten bis endlich der Bus anrollt. Er ist schon jetzt prall gefüllt, also muss ich wahrscheinlich stehen. Ich steige ein und finde doch noch einen freien Sitzplatz neben einem Jungen, den ich ab und zu schon mal im Bus gesehen habe. Ich überlege kurz und setze mich dann neben ihn. Er würdigt mich keines Blickes. Ich kümmere mich nicht darum und blicke gedankenverloren auf den Hinterkopf des Mädchens, das vor mir sitzt. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, die wir so friedlich die Straße entlang tuckern. Es ist immer noch dunkel, inzwischen ist es aber schon kurz vor acht. Etwas ungewöhnlich, finde ich. Ich schaue über meine Schulter und halte im Bus nach Louise Ausschau. Ich entdecke sie zwei Reihen hinter mir und winke ihr lächelnd zu, sie winkt zurück. Der Junge neben mir runzelt die Stirn, schaut aber weder zu mir, noch zu Louise und ich weiß nicht, ob er überhaupt irgendwo hinschaut. Der Bus bleibt plötzlich stehen und ich realisiere erst gar nicht, dass wir schon da sind, bis mich der Junge neben mir ungeduldig anstupst. Ich räuspere mich schuldbewusst und steige aus, warte dann vor dem Bus auf Louise. Die Türen schließen sich und Louise ist immer noch nicht da. Ich sehe mich um und entdecke Louise neben einem blonden Mädchen, was ich auf ungefähr 16 schätze, während sie sich munter mit meiner Freundin unterhält. "Louise", rufe ich und winke ihr zu. Louise sieht zu mir herüber und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, dann lacht sie übertrieben und schaut abschätzend zu mir herüber. Das blonde Mädchen kichert vergnügt als Louise ihr etwas ins Ohr flüstert und in diesem Moment fühle ich mich richtig überflüssig. Wut steigt in mir auf und ich stapfe verärgert an ihnen vorbei. "Hey, Tschoslin", ruft mir die Blonde hinterher und ich ärgere mich darüber, dass sie mich nicht Jooky nennt und meinen richtigen Namen noch dazu nicht richtig ausspricht. Vielleicht macht sie es extra. Ich drehe mich ruckartig um. "Jooky", grummele ich. "Tschuki, Tschoslin, hört sich doch gleich an." Sie lacht ein piepsiges Lachen. "Lou hat mir gesagt, dass du dich immer so unmodisch anziehst, deswegen dachte ich mir, ich gehe mal mit die shoppen, hast du Lust? Dann kannst du dir..." Sie verstummt als ich meine Faust hebe und aushole. Ich funkele sie an und nehme aus den Augenwinkeln Louises schuldbewusstes Gesicht wahr und lasse meine Faust wieder sinken, denn mir wird bewusst, dass das heißt, dass Louise ihr das wirklich gesagt hat. Ich sehe Louise an und drehe mich dann um, bevor ich vor dieser blonden Zicke anfange zu heulen. Aber meine Augen sind sowieso staubtrocken. Ich bin nur wütend auf Louise. Ich stolziere davon und gehe in Richtung Schulgebäude. Als ich die Schule betrete, fällt mir auf, dass überall große Plakate hängen, mit der Aufschrift "Großer Abend" Gleich darunter pragt das Datum meines Geburtstags. Jedes Schuljahr findet ein sogenannter "Großer Abend" statt, an dem alle Schüler eingeladen sind, teilzunehmen. Und dieses Jahr ist der Abend an meinem Geburtstag. Grummelnd laufe ich den Gang entlang und drängle mich zu meinem Klassenraum die Treppe hoch. Louise ist schon da und ich lasse mich auf meinem Platz neben ihr nieder ohne ein Wort zu sagen. Auch sie schweigt. Unsere Lehrerin betritt den Raum. Ihr Gesichtsausdruck ist nicht wie sonst. Sie wirkt besorgt und betroffen. "Wie ihr alle wisst...", beginnt sie, verstummt dann aber wieder. "Fairy ist neulich erst hinzugekommen. Und nun...", sie atmet tief durch und ihre Stimme zittert. "Ihre Mutter hat angerufen. Gestern ist sie von Zuhause weggelaufen. Sie hat es nicht wieder nach Hause geschafft. Man fand ihre Leiche... zerfetzt..."

  ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ 

Ich bin jetzt noch am überlegen wie genau es weitergeht, aber ich hoffe es hat euch gefallen, ich freue mich über Kritik oder sonstige Kommentare! 

...der nächste Teil folgt

-AleaAquarius

Darkness - Letzte HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt