Woher kamen die? Hatte ich die mir selbst zugefügt? Im Schlaf vielleicht? Möglich wäre es und eigentlich ist es auch die einzig logische Erklärung. Chris hatte das ja wohl kaum getan und ein Tier konnte es auch nicht gewesen sein. „Andreas?", hörte ich jemanden leise fragen. Ich zog mein Shirt wieder nach unten, ging aus dem Bad und sah Eva im Zimmer stehen. Sie drehte sich in meine Richtung und verzog keine Miene als sie mich sah. Mit einem Wink ihrer Hand machte sie mir klar, dass ich ihr folgen sollte. Dann drehte sie sich zur Tür und verließ den Raum. Langsam ging ich ihr hinterher. Ein Blick zum Bett zeigte mir, das Chris noch immer schlief. Eva stand neben der Tür als ich auf den Flur trat und schloss sie hinter mir. „Wie geht's dir", fragte Eva und betrachtete mich besorgt. „Es geht wieder", meinte ich, während ich Eva zur Treppe folgte. „Was ist denn passiert?" „Ich habe mir gestern ausversehen eine Wunde wieder aufgerissen." „Ja das habe ich gesehen. Ich meine wie das passieren konnte." „Ich weiß es nicht. Ich habe mich gestreckt und dann hat es plötzlich gezogen und es hat geblutet. Aber..." Ich stoppte. Wir waren inzwischen die Treppe nach unten gelaufen als Eva stehen blieb und sich zu mir herumdrehte. „Aber was?", fragte sie streng. „Ich habe eben Kratzspuren an der Seite entdeckt. Ich denke ich werde mich wohl im Schlaf irgendwie gekratzt haben und dann ist sie durch die Spannung beim Strecken wohl aufgeplatzt", beichtete ich und senkte den Kopf. „Ok. Ich sehe mir das gleich nochmal an. Und dann isst du was Richtiges. Du hast schon seit Tagen kaum noch gegessen. Kein Wunder das du gestern umgekippt bist." „Das war gestern?", fragte ich ungläubig. „Ja. Du hast den gestrigen Tag komplett verschlafen und den halben heute. Chris war die ganze Nacht wach und hat auf dich aufgepasst. Zumindest war er immer wach, wenn ich nach dir gesehen habe." Ich schwieg. Ich konnte mir gut vorstellen wie mein Kleiner mich mit Argusaugen beobachtet hatte, damit er auch ja alles mitbekam falls noch etwas sein sollte. So hatten wir das schon als Kinder gemacht. Wenn es einem von uns richtig schlecht ging hatte der andere neben ihm gewacht. Ich schmunzelte bei dem Gedanken und gleichzeitig machte er mich traurig. Ich wünschte mich in diese Zeit zurück. In die Zeit in der unsere größten Sorgen waren was wir als nächstes spielen sollten und das wir viel zu früh ins Bett mussten. „Na komm. Jetzt versorge ich erstmal deine Wunde neu", sagte Eva liebevoll, lief weiter in die Küche und ich folgte ihr. Ich war noch nie hier drin gewesen und musste echt sagen das sie schön eingerichtet war. Alles war in Hochglanz und Weiß gehalten und sah sehr modern aus. In der Mitte gab es eine große Kochinsel mit Herd und Arbeitsflächen rechts und links. Ich schaute mich um, während Eva zu einem der Schränke ging und etwas aus ihm herausholte. Als sie wieder bei mir war sagte ich: „Schöne Küche." „Danke. So zieh dein Shirt mal hoch." Ich griff mit beiden Händen an den Bund und zog es so weit es ging hoch. Rechts zog es etwas, doch es war auszuhalten und ich biss einfach die Zähne zusammen. Die Creme, die Eva auf meiner Haut verteilte brannte in der Wunde und ich zischte auf, doch im nächsten Moment betäubte sie die Stelle angenehm. Anschließend nahm Eva noch einen neuen Verband aus dem Kasten, wickelte ihn um mich herum und klebte ihn mit zwei Klebestreifen fest. „So fertig", lächelte sie und trat einen Schritt zurück um ihr Werk zu begutachten. Ich ließ den Bund wieder los, sodass der schwarze, weiche Stoff den weißen Verband verdeckte. „Also was möchtest du essen?" Mein Blick wanderte zu Boden und ich spielte nervös mit meinen Fingern. Ich wollte nichts essen, doch wie sollte ich ihr das nur sagen? „Ich..." „Andreas", ertönte Evas strenge Stimme. „Ich... Toast", gab ich nach. „Gut. Setze dich schonmal ins Wohnzimmer an den Tisch." Ich nickte und verließ die Küche. Als ich in den Flur trat und mich nach rechts zum Wohnzimmer wenden wollte ging plötzlich die Haustür auf und ein eingeschneiter Sven trat herein. Ich beobachtete ihn wie er erst die Jacke auszog und sie an den Haken neben der Tür hängte und sich dann die Schuhe von den Füßen streifte, indem er sich hinten auf die Ferse trat und dann herausschlüpfte. Als er aufschaute und meinen Blick bemerkte grinste er und zwinkerte mir zu. Etwas perplex über diese Geste drehte mich rum, ging mit zügigen Schritten ins Zimmer und setzte mich an den Tisch. Was war das denn bitte? Im Kamin brannte ein Feuer und verteilte wohlige Wärme. Gespannt schaute ich den Flammen bei ihrem Tanz zu und ließ all meine Sorgen und Gedanken einfach nur fliegen bis Eva in mein Blickfeld trat. Ich blinzelte und schaute sie an. „Alles in Ordnung?", fragte sie, stellte den Teller den sie mitgebracht hatte auf den Tisch und ging vor mir in die Hocke. Ihre Hände lagen auf meinen Knien, ihr besorgter Blick auf mir. „Ja alles gut. Ich habe nur meine Gedanken schweifen lassen und das Feuer beobachtet", meinte ich lächelnd. Eva strahlte mich kurz an, sagte: „Gut", und stand dann wieder auf. „Dann iss jetzt." Ohne ein weiteres Wort ließ sie mich allein. Ich drehte mich auf dem Stuhl um, sodass ich gerade zum Tisch saß. Vor mir stand ein Teller mit 2 Scheiben Toast. Eine mit Butter und eine mit Salami. Lautlos seufzend griff ich nach dem Buttertoast und biss eine kleine Ecke ab. Lustlos kaute ich darauf herum bevor ich schluckte. Es fühlte sich an als würde ich Schmirgelpapier essen und mir in der Kehle stecken zu bleiben. Nur widerwillig biss ich das nächste Stück ab. Doch ich musste es tun. Ich wollte Eva nicht enttäuschen. Außerdem schien sie sich wirklich Sorgen um mich zu machen. Also aß ich sehr langsam Stück für Stück die beiden Scheiben auf. Als ich mir gerade den letzten Bissen in den Mund schieben wollte kam Chris rein. „Hey." „Hey", erwiderte ich, steckte das Stück in den Mund und fing an zu kauen. „Ah Chris du bist wach. Möchtest du was essen?", ertönte Evas Stimme hinter mir. „Ja gerne", antwortete Chris lächelnd und ich merkte wie ich mich verkrampfte. „Bist du fertig Andy?" Ich schluckte und bejahte dann. „Gut. Ich bringe dir gleich was Chris", sagte Eva freundlich und kurz darauf hörte man ihre Schritte, die sich entfernten. Ich legte meine Hände unter den Tisch auf meine Beine und ballte sie zu Fäusten. Warum schleimte sich Chris so bei ihr ein? Er sollte sie nicht mögen und sie nicht so anlächeln als würde er es ernst meinen. Als würde er sie wirklich mögen. „Wie geht's dir?", fragte Chris mich und ich blickte ihn an. Ich versuchte einen neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen, doch vermutlich funkelten meine Augen vor Eifersucht und auch irgendwie Hass. „Gut", murrte ich und stand dann auf. „Andy?", rief Chris mir noch hinterher, doch ich achtete nicht auf ihn und ging zielstrebig durch die offene Schiebetür. Beinahe wäre ich mit Eva zusammengestoßen, die gerade mit einem Teller Rührei und 2 Scheiben Brot aus der Küche trat. „Ich gehe wieder nach oben", sagte ich und ging weiter auf die Treppe zu. Als ich die Stufen erklomm sah ich aus dem Augenwinkel wie Eva mich ansah, doch ich ging einfach weiter. Sollten die beiden doch zusammen frühstücken und glücklich werden.
DU LIEST GERADE
Ihr. Entkommt. Nicht!
ФанфикEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...