Demomstrationen

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Gehetzt schaute Noam auf ihr Handy. Sie war schon zehn Minuten zu spät, da der Bus Verspätung hatte. Nun endlich kam ihre Station und sie machte sich rasch auf den Weg zur verabredeten Bank. Floh und ihr Freund waren noch nicht da. Glück gehabt. Sie setzte sich auf die Stufen vor dem Bankgebäude und sah sich um. Weiter hinten in der Strasse sah sie Leute, die auf dem Weg zum Sammelplatz der jeweiligen Demo waren. Vielen sah man an, ob sie an die NOB-Demo oder an die Gegendemo gingen, bei einigen war es schwierig. Auf Noams Handy leuchtete eine Nachricht auf.
“sind schonmal losgeganngen, du finndest uns sicher. Floh
Seufzend stand Noam also auf und machte sich auf den Weg zum Sammelplatz. Als sie ankam, war sie enttäuscht; es waren viel weniger Leute da, als sie erwartet hatte. Nun ja, dachte sie, dafür wird es jetzt einfacher, die beiden zu finden, und sie fing an, die kleine Menge nach Floh zu durchkämmen. Doch vergeben. Sie konnte Floh nirgends ausmachen. Indessen fing der Zug an, sich in Bewegung zu setzen. Noam zückte ihr Handy und schrieb Floh: “ich find euch nicht, wo seid ihr ??“
Schon bald schrieb Floh zurück:
“ganz vorn wir sehen schon die gegendemo wir gehen genau auf sie zu“
Die Gegendemo? Dachte Noam lächelnd während sie sich nach vorne durcharbeitete, wir sind doch die Gegendemo.
Auch zuvorderst konnte Noam die beiden nicht finden. Allerdings hörte sie hier schon gut die NOB- Demonstranten, die frontal immer näher kamen. Sie hörte einen Sprechchor schreien: “Wessen Heimat? Unsre Heimat! Wessen Kultur? Unsre Kultur! Wessen Land? Unser Land!“
Noam lief ein kalter Schauer über den Rücken. Gemeinsam mit einigen Leuten um sie herum stimmte sie einen Sprechchor an: “Solange es euch gibt; Widerstand! Kampf dem Faschismus in jedem Land!“
Sie sah, wie der andere Zug immer näher kam und plötzlich war sie wie gelähmt. Sie blieb stehen, unfähig, weiter zu gehen und wurde von hinten geschubst. Sie klammerte sich an einer fremden jungen Frau fest und starrte entsetzt nach vorne. Die Frau drehte sich um und fragte besorgt: “Bist du in Ordnung? Ist was passiert?“
Noam probierte, etwas zu sagen, aber sie brachte nur ein heiseres Krächzen hinaus und deutete auf den Demonstrantenzug, der kaum noch zwanzig Meter von ihnen entfernt war. Die fremde Frau sagte zu ihrem Begleiter: “Die muss hier weg, es ist viel zu gefährlich hier für sie. Kannst du sie wegbringen?“
Der Mann nahm Noam behutsam am Arm und wollte sie wegführen. Da erwachte Noam aus ihrer Trance. Sie schüttelte entschlossen den Kopf, bedankte sich für die Hilfe und erklärte, dass es wieder gehe. Dann schob sie sich wieder nach ganz vorne, bildete mit ihren Händen einen Trichter und schrie: “Floh!“

Doch Floh, zuvorderst im andern Demonstrantenzug hörte sie nicht. Sie schrie gerade mit hunderten andern: “Wir sind das Volk!“
Noam fühlte sich wie in einem Albtraum, als sie Floh so sah, blind Parolen schreiend und Hand in Hand mit einem Skinhead, den Noam kannte; Alex.
Unterdessen waren die beiden Züge nur ungefähr zehn Meter voneinander entfernt zum Stehen gekommen. Noam war bewusst, dass die Situation jeden Moment eskalieren konnte, aber sie sah nur noch Floh. Ihre Floh. Mit diesen Faschos. Und in dem Moment als Noam zum zweiten Mal ihren Namen rufen wollte, sah Floh auf, genau in ihre Augen. Ihre Blicke trafen sich genau in dem Moment als die erste Flasche flog. Noam schüttelte nur langsam den Kopf, dann wachte sie auf einmal auf und rannte, so schnell sie konnte, davon.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 07, 2017 ⏰

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