Kapitel 1

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Die dunkle Straße machte mir Angst. Große Bäume die in der Dunkelheit gefährlich und furchteinflößend wirkten, zierten die kaum beleuchtete Straße.
Ich zog meine dicke Jacke enger, um die Kälte etwas abzuschirmen. Ich hätte früher aufbrechen oder wenigstens den Vorschlag meiner Freundin, mich zu begleiten annehmen sollen.

Als es hinter mir raschelte und ich dumpfe Schritte wahrnehmen konnte, erstarrte ich, wagte es aber nicht nach hinten zu blicken. Stattdessen beschleunigte ich meine Schritte. Wer um alles in der Welt war zu so einer späten Stunde noch auf der Straße? Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
Noch ein paar Meter musste ich zurück legen, um an die Hauptstraße zu gelangen. Dort war die Straße dann wenigstens ausreichend beleuchtet und mehr Autos fuhren da auch.

Da war wieder das rascheln. Ein knistern, als ob einer extra auf die herabgefallenen Blätter träten würde.
Ein leises „Verdammt", gefolgt von einem Knurren, Liesen mein Herz für einen Moment aussetzen.
Länger hielt ich es nicht mehr aus und blickte nach hinten. Tatsächlich lief da einer hinter mir. Ich konnte zwar nur schwach die Silhouette des Menschen erkennen, doch es deutete auf einen Mann hin. Synchron beschleunigte ich meine Schritte.

Zeitungsartikel mit Überschriften wie, –Vergewaltigung einer Studentin in der Bachgasse–, oder –Spaziergänger findet tote Studentin–, tauchten vor meinem innere Auge auf und trieben mich an den Rand der Verzweiflung.

Ich hatte Angst, dass konnte ich nun nicht mehr leugnen. Mag sein, dass ich mir gerade selber etwas Vormachte, mir selber Angst machte, denn dieser Mann konnte ja auch einfach nur ein harmloser Spaziergänger sein.
Morgen könnte ich sicher darüber lachen, versuchte ich mich selbst aufzumuntern.

Aber im Moment war mir nicht zum Lachen zu Mute, die Situation war heikel.
Nun konnte ich mich nicht mehr beherrschen und rannte. Ich rannte so schnell ich konnte und konzentrierte mich auf die Straße, um nicht zu stolpern.
Schnell blickte ich nach hinten, um zu schauen, ob es wirklich nur ein harmloser Spaziergänger war. Doch das Szenario hinter mir war ein anderer. Der Mann rannte hinter mir her. In einem sehr schnellem Tempo.

Ich versuchte mich noch etwas zu verschnellern, was allerdings nicht mehr möglich war, da ich schon mein bestes gab. Ich rannte um mein Leben. Ich rannte, als würde mich der Tod persönlich Verfolgen.
Endlich war ich an der Hauptstraße angelangt und lief an einem Supermarkt vorbei. Spaziergänger blieben in dieser Nacht wohl aus, denn ich sah weit und breit niemanden auf der Straße, abgesehen von meinem verrückten Verfolger, natürlich.

Vereinzelte Autos fuhren vorbei.
Mein Mund war trocken, meine Kehle brannte,meine Augen tränten von der kalten Luft, die mir entgegenschlug.
Ich erreichte nun die Straße in der ich lebte. Während ich lief, versuchte ich meinen Hausschlüssel aus der Tasche zu fischen.
Plötzlich knallte ich an etwas und wäre gefallen, wenn mein gegenüber mich nicht an meinen Handgelenken gepackt hätte.

„Großer Gott, Aaron! Was machst du hier?", die Angst die ich verspürte, widerspiegelte sich in meiner Stimme. Ich blickte hinter mir, um meinen nächtlichen Verfolger zu erspähen. Doch weit und breit war niemand zusehen. Die Straße war leer, dunkel, bedrohlich. Plötzlich spürte ich eine Träne die über meine Wange lief, schnell wischte ich mir über die Augen. Mein Körper zitterte, meine Hände waren Eiskalt. Panik kam in mir auf und tausend Fragen schwirrten in meinem Kopf. Warum wurde ich verfolgt? Wurde ich tatsächlich verfolgt oder hatte ich mich nur reingesteigert? Was wäre passiert, wenn ich Aaron nicht getroffen hätte?

„Lorel, was ist los", mein großer Bruder runzelte die Stirn. Er spürte wohl die Beklemmung, die mir trotz seiner Sicherheit immer noch tief in den Knochen sah's. „Was hast du, du siehst aus als hättest du ein Geist gesehen".

Looking for the right wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt